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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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alter Freund letztlich doch nicht derjenige ist, als der zu sein er nach außen vorgibt. Womöglich ein Schizoider, eine Person, die innerlich zerrissen, seelisch gespalten ist? Ein Verdacht lässt sich schwerer ertragen als die Wahrheit. Aber ich wurde ihn nicht mehr los, denn es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass ich von den Teilnehmern an der Festveranstaltung neben dem Dankesredner der Einzige war, der wusste, welch wundersames Ritual sich bereits seit Langem gerade auf dem genannten Brachland wöchentlich abspielte. Dabei ist der Hauptakteur kein anderer als unser neuer Würdenträger.
     
    Apropos „Ehrenbürger“: Die Verleihung dieses relativ seltenen Titels stützt sich bei uns auf die „Allgemeine Städteordnung für das Königreich Sachsen“ vom zweiten Februar 1832. Ihre Grundzüge sind in der jetzigen Gemeindesatzung ähnlich fest verankert. Darin heißt es unter anderem, dass die Auszeichnung „als Beweis besonderer Achtung beziehungsweise Dankbarkeit gegenüber Persönlichkeiten gilt, die sich um das Wohl der Stadt verdient gemacht haben“. So weit gut und schön. Wenn man jedoch das entsprechende Buch genauer durchforstet, wird sich schnell finden, dass auch Namen enthalten sind, bei deren Trägern man sich ernsthaft fragt, worin denn ihre Großtat für Meißen bestand, etwa mit kritischem Blick auf den einstigen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg (1847 bis 1934). Der Mann empfand ja selbst den Ersten Weltkrieg noch „wie eine Badekur“ (seine Worte; welch ein abscheulicher Zynismus!). Und er berief sogar höchstpersönlich am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dieser war übrigens auch eingeschrieben, was nun gewiss keine Meißner Besonderheit darstellt. Inzwischen hat sich unser Stadtrat von dem wohl größten und vermutlich auch bekanntesten Verbrecher aller Zeiten ebenso distanziert wie von Martin Mutschmann, dem berüchtigten NS-Gauleiter Sachsens, indem deren „Ehrenbürgerschaft“ einhellig getilgt wurde.
    Andererseits ist man arg verwundert darüber, dass solch überragende Persönlichkeiten unserer Stadt wie beispielsweise Louise Otto-Peters (1819 bis 1895), die überaus beherzte und gleichermaßen faszinierende Vorkämpferin der deutschen und teils auch internationalen Frauenbewegung, bisher keine Aufnahme im „Ehrenbuch“ fand. Sie wäre von den derzeit neunzehn gültig Eingeschriebenen ohnehin die erste Würdenträgerin vom zarten Geschlecht edler Weiblichkeit. Warum nicht posthum die zweifelsfrei verdiente Huldigung? Verneigen wir uns doch endlich vor wirklich bedeutsamen Größen!
    Wie auch immer, von den bislang Erkorenen steht jedenfalls der aktuellste Held, unser nach wie vor äußerst rätselhafter Abel, momentan an zwanzigster Position der ausdrücklich rühmenswerten (?) Bürger von heimatlichen Gefilden. Es ist die jüngste Eintragung im Album der Erlauchten. Damit findet er vorerst den ihm gebührenden Platz im hiesigen Pantheon der Geschichte und wir abermals den Leitfaden dieser Kriminalerzählung, auch wenn sie vielleicht so manchem immer noch als sehr eigentümlich begegnen mag.
     
    Ach, ihr Lieben, ich bin durchaus zuversichtlich, dass wir uns spätestens am Ende des Buches recht fügsam und achtbar aneinander gewöhnt haben! Eine gedeihliche Partnerschaft braucht eben sowohl Beharrlichkeit wie Toleranz und Kompromissbereitschaft, obendrein natürlich eine gehörige Portion Zuneigung. Ganz ohne Sympathie geht es wohl nicht. Und auch bei dieser Lektüre ist doch nur eines wichtig, nämlich am Schluss mit verinnerlichtem Empfinden und aufrichtigen Gewissens sagen zu können, es war nicht vertane Zeit, welche damit verbracht wurde. Nur das wünsche ich mir und noch mehr meinen verehrten Lesern!
     
    Demzufolge wäre die gedankliche Verbindung zu den obigen Ausführungen erneut hergestellt. Also verweilen wir fortan wieder gemeinsam im Stadttheater! Dort kam mir bezeichnenderweise nach seinem Versprecher (erinnern wir uns noch?) geradezu schlagartig überraschend der Einfall, dass mein alter Weggefährte seit seiner frühen Jugend in der Zwölf so eine Art magische Größe sieht und sie deshalb auch fast anormal verehrt. Es müssten schon äußerst widrige Umstände eintreten, wenn er im Alltagsgeschehen „seine Kardinalzahl“ unberücksichtigt ließe. Er würde sie niemals freiwillig überschreiten. Wir werden das in einem anderen Zusammenhang noch ausführlich kennenlernen.
    Das war der eine Auslöser meiner vagen Vermutung, und der

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