Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
Vom Netzwerk:
nach längerer Zeit, konkret am Tage zu Christi Himmelfahrt 2011, viel grausamer bewahrheiten, als ich es je geahnt hätte. Aber schön der Reihe nach!
     
    Beim neuen Projekt unseres noblen Gönners handelt es sich zunächst um ein Stück Brachland am Rande des Meißner Fürstenberges. Diese Einöde umfasst eine beträchtliche Fläche, denn auf ihr könnten zum Beispiel wenigstens fünfzig Einfamilienhäuser mit dazugehörigen Außenanlagen errichtet werden. Doch als Baugrund wurde sie von der zuständigen Behörde bisher strikt abgelehnt, und zwar trotz mehrmaligem Ersuchen der Eigentümer.
    Auf dem Hanggelände weideten zu DDR-Zeiten oftmals Schafe und manchmal auch Jungrinder. Nach der Wende sah man keine Nutztiere mehr darauf grasen, und es glich zunehmend einer verwahrlosten Steppe. Laut Hörensagen hätten es die Privatbesitzer absichtlich nicht mehr bewirtschaftet, um dafür von der Europäischen Union über mehrere Jahre hinweg entsprechende Prämien zu kassieren. Will man der Gerüchteküche weiter Glauben schenken, so zerstritt sich die Erbengemeinschaft wegen der ungewissen Zukunft ihrer Brache, nachdem die von der Obrigkeit festgelegte Frist der Sonderzahlungen für Nichtstun ablief. Zu guter Letzt wäre man froh gewesen, als sich ein geeigneter Käufer dafür fand.
    Dieser wiederum betonte im Stadttheater vor seinen aufmerksamen Hörern, dass er das gesamte Land äußerst preisgünstig erworben habe und nun dabei sei, eine sinnvolle Nutzung anzustreben. Leider hätten sich unterdessen seine finanziellen Reserven erschöpft, und deshalb müsse er sich wieder fleißig sputen, um das dafür erforderliche Geld heranzuschaffen. Außerdem sei ihm auch noch nicht annähernd klar, welche Lösung die beste wäre. Deshalb werde er die Meißner Bevölkerung schnellstens auffordern, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Möglichkeiten einer zweckmäßigen Gestaltung gebe es ja viele. Beispielsweise könne man darauf ein attraktives Gehege für auserwählte Tierarten errichten oder einen besonders anschaulichen Lehrpfad, vielleicht ergänzt durch einen bezaubernden Irrgarten mit natürlichen Pflanzungen, um den Besuchern zusätzlich Freude zu bereiten. Das seien vorerst jedoch nur Denkimpulse, mehr nicht. Auch völlig andersartige Richtungen könnten dienlich sein, nur müssten die vorhandenen Gegebenheiten ausreichend berücksichtigt werden. Hierbei verwies er auf die schon bestehende, wenngleich noch dünne Besiedlung im näheren Umfeld des Terrains sowie auf den nicht weit davon befindlichen Neuen Johannesfriedhof.
    Lärmbelästigungen dürften selbstverständlich nicht aufkommen, weder für die Lebenden noch für die Toten. Da sich aber das betreffende Gebiet über eine Länge von mehreren Hundert Metern erstrecke, sei er überaus zuversichtlich, dass dementsprechend günstige Gestaltungsvarianten gefunden und auch bald praktisch umgesetzt würden. In jedem Falle entspräche es seiner festen Absicht, das Vorhaben nach dessen Fertigstellung entweder der Stadt oder einem gemeinnützigen Verein als Schenkung zu übertragen.
    Er beendete seine Ausführungen mit einem freundlichen Hinweis auf die vertraute Besonderheit des Fürstenberges, der dem Erscheinungsbild nach wohl eher einem unauffälligen Hügel gleicht. Doch auf seinem Südhang gedeiht seit Jahrhunderten ein edler Wein. Von dieser Köstlichkeit war selbst Willy Brandt während seines Erfurter Treffens mit dem damaligen DDR-Regierungschef Willi Stoph am 19. März 1970 so begeistert, dass er sich höchst lobend darüber äußerte. Warum sollte nicht auch die beabsichtigte Unternehmung dereinst weit über unsere Region hinaus gefälligen Zuspruch finden?
    So weit seine Darlegungen, für die er abschließend tosenden Beifall erhielt, wobei sich die Anwesenden abermals ehrfürchtig von ihren Sitzen erhoben.
     
    Jetzt kommt es mir darauf an, dem geschätzten Leser gegenüber anzudeuten, warum ich schon beim ersten Vernehmen des Wortes „Fürstenberg“ äußerst hellhörig wurde und sofort eine Gedankenverbindung zu den mysteriösen Todesfällen herstellte. Sie drängte sich mir unversehens auf, obgleich vorerst nur purzelbaumartig, also fast chaotisch und daher bei Weitem noch kein deutliches Bild erzeugend. Dennoch blieb sie fortan in meinem Bewusstsein unlösbar verwurzelt. Und ich fragte mich außerdem bangen Herzens, warum ich eigentlich nicht schon früher darauf gekommen bin.
    Noch heftiger traf mich die bohrende Ungewissheit, ob vielleicht mein

Weitere Kostenlose Bücher