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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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wäre die Tatsache zu erklären, dass ein früher so hochstehendes Studium wie das der Rechtswissenschaft gegenwärtig nach der Betriebswirtschaftslehre die zweithäufigste Ausbildungsform verkörpert?
     
    Um dies bildhaft zu verdeutlichen, stelle man sich einmal das folgende Szenario vor: Die gesamte Bevölkerung Meißens, noch knapp 28.000 Einwohner zählend, befände sich auf einem großen freien Platz ihrer Stadt. Das wäre für den aufmerksamen Beobachter schon eine beachtenswerte lebende Kulisse. Nun kämen von außerhalb noch viermal so viele Menschen hinzu, und wir hätten bereits annähernd 140.000 Seelen versammelt. Danach bliebe das heimische Terrain allenfalls bis zur Hälfte gefüllt. Jetzt aber stellen sich zum sichtbaren Vergleich sämtliche jungen Leute eilends daneben, die momentan an den Universitäten und Hochschulen unserer Republik als Studenten der Jurisprudenz registriert sind. Und was müssten wir vermutlich staunend feststellen? Die zusammengeströmte Schar der Meißner und ihrer Mitstreiter wäre kaum nennenswert kleiner als das Heer jener Fachrichtung mit rund 150.000 Kommilitonen. Das ist doch ziemlich frappant! Oder etwa nicht?
    Wie soll man es deuten?
    Entweder sind die heutigen beziehungsweise demnächst zu erwartenden Delikte (im Sinne von Verbrechen und Vergehen sowie unerlaubter Handlungen, die Schadenersatzforderungen auslösen) tatsächlich derart umfangreich, dass ein riesiges Berufsheer von Rechtsvertretern benötigt wird, oder ein übermäßiges Anspruchsverlangen treibt nicht wenige Abiturienten zu solchen Entscheidungen. Ersteres müsste uns mit berechtigter Sorge erfüllen, dies hingegen nicht gerade zur ehrfürchtigen Verneigung nötigen.
    Gewiss findet sich noch eine Reihe anderer Argumente für den gegebenen Sachverhalt. Abgesehen von einigen Faulpelzen, die sich auf Kosten ihrer Eltern oder gar des Staates häufiger in den Kneipen tummeln als in den Hörsälen, Bibliotheken oder Seminarräumen aufhalten und somit in Gestalt von Karteileichen die Statistik um ein Quäntchen hochtreiben, wird sich wohl eine stattliche Anzahl von Studenten vergebens abplagen, und mögen sie noch so fleißig sein.
    Das ersehnte Ziel bleibt ihnen verwehrt, indem sie den begehrten Abschluss aus irgendwelchen Gründen nicht schaffen oder danach, falls sie die gewaltige Hürde doch erfolgreich nehmen, keine geeignete Anstellung finden. Sie sind die eigentlich Betrogenen, weil um ihre jugendlichen Hoffnungen gebracht, auf die sie wegen Unerfahrenheit oder mangelhafter Beratung leichtfertig setzten.
    Das wiederum ist ein allgemeines Problem unserer gegenwärtigen Jugend und bezieht sich keineswegs nur auf die Studentenschaft. Doch nichts davon darf ihr angelastet werden. Vielmehr ist es erneut ein kennzeichnendes Beispiel dafür, wie leichtfertig manche Politiker mit dem kostbarsten Gut der Gesellschaft umgehen. Kinder und Jugendliche sind das wichtigste Fundament der Nation. Daher handelt jeder verantwortungslos, der sie mit Schwierigkeiten konfrontiert, mit denen sie allein nicht fertig werden.
     
    Wer sein Ziel nur beiläufig kennt oder auf dem Wege dorthin mehrfach bittere Enttäuschungen erfährt, bleibt leicht manipulierbar. Das ist ein brennend aktuelles Phänomen, denn schon haben radikale Kräfte wieder ein gefundenes Fressen, während Repräsentanten der deutschen Sozialdemokratie noch von „Zähmung des Kapitalismus“ schwafeln. Wann und wo soll endlich damit begonnen werden? Die SPD ist doch seit Jahren zumindest partiell an der Macht! Aber ist sie das wirklich? Oder verdingt sie sich abermals geschichtsbewährt, was ihr ja nicht abgesprochen werden soll, lediglich als halbwegs befähigter Arzt am Krankenbett heutiger Zustände, um deren Gebrechen wenigstens einigermaßen zu lindern? Nach den Ursachen wird ohnehin nicht tiefgründig geforscht, geschweige denn, zielbewusst auf ihre Behebung hingearbeitet.
     
    Obwohl ich bereits weiter vorn schrieb, dass man Scharpings Forderung vorbehaltlos zustimmen müsse, wenn er meint, schädigende Auswüchse des zügellosen Profitstrebens seien konsequenter einzudämmen, damit die Gesellschaft eine gesicherte Zukunft habe, so befallen mich doch verstärkt Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Womöglich sind es bloß dünkelhafte Sonntagsreden zur absichtlichen Vernebelung unserer oftmals leichtgläubigen Hirnzellen? Zudem konnte leider nicht übersehen werden, dass er sich in seiner einstigen Funktion des obersten „Kriegsherrn“ gemeinhin als

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