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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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Arbeitsgruppe gehört jene fragwürdige Meinung von einigen Wissenschaftlern und deren kritiklosen Nachbetern, die formelhaft behaupten, unsere Nervenzellen im Gehirn seien fast grenzenlos belastbar, längst ins Reich der Legenden. Es ist wohl auch eher ein seltsam genährter Mythos, diesbezüglich von schier unendlichen Reserven zu sprechen. So verschwenderisch hat uns die liebe Natur offenbar doch nicht ausgestattet, auch wenn sie im durchschnittlich 1375 Gramm wiegenden Denkorgan des Mannes mit annähernd hundert Milliarden davon aufwartet (Frauen haben zwar etwas weniger, sind uns aber dennoch in mancher Hinsicht überlegen, so beim Fühlen, Hören, Riechen und Schmecken, ferner mit ihrer Kommunikationsfähigkeit und nicht zuletzt in punkto sozialer Intelligenz).
    Hiervon ist übrigens auch unser großzügiger Freund und Helfer fest überzeugt, und zwar trotz oder vielleicht eigens infolge seiner geradezu phänomenalen Gedächtnisleistung, über die er urwüchsig verfügt. Und ich gestehe rundheraus, dass er mir verstandesmäßig haushoch überlegen ist, vor allem, was die Effektivität seiner intellektuellen Schaffenskraft betrifft.
    Vermutlich würde sich kaum jemand ernsthaft darüber wundern, wenn ich zudem unverblümt einräumte, dass ich gegenüber meinem brüderlichen Gefährten mitunter gewisse Minderwertigkeitskomplexe oder gar verhohlenen Neid empfinde. Doch ich versichere, dem ist nicht so. Warum auch? Derartige Anwandlungen beschleichen mich glücklicherweise recht selten. Hinzu kommt, dass sich Abel niemals als hochnäsig erweist. Dünkelhaftes Verhalten ist ihm wesensfremd. Ein solcher Charakterzug wäre ja auch nicht anziehend, sondern abstoßend. Obendrein bin ich grundsätzlich gerne mit Menschen zusammen, von denen ich etwas lernen kann, und davon gibt es unzählige. Der Genesis sei Dank!
     
    Manchmal wird unser rätselhafter Weggefährte allerdings von recht seltsamen Anwandlungen heimgesucht, teils sogar regelrecht davon befallen. So äußerte er im vertrauten Bekanntenkreis schon mehrfach und obendrein von einer geradezu leidenschaftlichen Überzeugung getrieben, ihn verfolge bereits seit Jahrzehnten ein ziemlich merkwürdiges Bedürfnis. Und es stimmt, denn ich kenne das Phänomen: Das kapriziöse Ansinnen hat sich bei ihm längst fest verinnerlicht. Es handelt sich bei Weitem nicht nur um eine fixe Idee oder wunderliche Angewohnheit, ist also kein episodenhafter Spleen eines womöglich überspannten Zeitgenossen, was man allenfalls schmunzelnd zur Kenntnis nimmt und schnell wieder vergisst. Nein, wir begegnen gleich der fraglos ungewöhnlichen und daher für uns sicherlich erstaunlichen Sehnsucht eines ansonsten offenbar durchaus normal veranlagten Mannes.
    Die Eingebung an sich ist vollkommen irrational. Dennoch will ich sie nachstehend vortragen, weil sie die Individualität unseres dubiosen Helden ergänzend kennzeichnet, auch wenn er selbst keine Sekunde an der Realisierbarkeit seiner skurrilen Vorstellung glaubt. Dessen ungeachtet wird sie uns dazu verhelfen, weiter in Abel Kagers Wesen einzudringen. Der exzellente Fabulierkünstler Günter Grass würde es vielleicht mit dem „Häuten einer Zwiebel“ veranschaulichen.
     
    Worum geht es?
    Mein brüderlicher Freund möchte, falls er nochmals zur Welt käme, unbedingt als Affe geboren werden. Das ist sein sehnlichster Wunsch. Es dürstet ihn ab und an regelrecht danach. Er würde sich, sofern er dazu fähig wäre, freiwillig bereit erklären, in einem deutschen zoologischen Garten zu leben. Natürlich müsste es ein sehr gepflegter Tierpark sein.
    Aber weswegen?
    Die Affen in den entsprechenden Anlagen hätten es doch rundherum gut, lautet seine wie aus der Pistole geschossene Antwort. Sie brauchten nicht zu arbeiten, sich auch nicht um Nahrung, Kleidung, Wohnung oder sonstig lebensnotwendige Dinge zu kümmern und könnten sich dennoch uneingeschränkt ihres Daseins erfreuen. Sogar ihre sexuellen Begierden praktizierten sie in aller Öffentlichkeit, ohne sich dessen zu schämen. Das sei doch ausgesprochen ideal für einen sowieso flüchtigen Aufenthalt auf Erden.
    Wir Menschen plagen uns stattdessen fortwährend mit irgendwelchen Pflichten ab, die wir uns entweder selbst auferlegten oder von anderen aufbürden ließen. Überdies bilden wir uns sogar noch ein, dadurch glücklicher zu sein als die Herdentiere unter den Primaten. Dahingegen bewundern wir sie nicht etwa klammheimlich, sondern sehr offenherzig. Oder sind Sie, meine

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