Das Elbmonster (German Edition)
gegangen, wobei häufig der eine des an- deren Last trug und somit auch sein Leid teilte oder sich über dessen Erfolge freuen konnte, als wären es die eigenen. War es nicht so?
Und jetzt: Was ist nur aus uns geworden und vor allem warum? Wie, in drei Teufels Namen, kann sich ein Mensch charakterlich so grundlegend verändern?
Wer kennt die Antwort, weiß guten Rat und gewährt mir echte Hilfe?
Was nun, mein brüderlicher Kamerad und langjähriger Kampfgefährte? Werden wir unseren letzten Tanz doch schon bald gemeinsam auf einem glühend brodelnden Vulkan austragen, wo schließlich beide dem sicheren Untergang geweiht sind? Diese brennende Frage lässt mich einfach nicht mehr los. Sie stellt sich immer wieder, eskaliert und gefährdet arg meinen Seelenfrieden. Kennst du vielleicht einen rettenden Ausweg?
Verdammt und zugenäht, jetzt übermannt mich offenbar eine ziemlich heftige Ehekrise! Das fehlte mir gerade noch! Gewiss, wer behauptet, in seiner Partnerschaft liefe fortwährend alles bestens, scheine unaufhörlich die Sonne und erfreue somit ständig die Gemüter, dem ist sowieso nicht zu trauen, denn er lügt oder versucht, einen zwar verständlichen, jedoch unerfüllbaren Wunsch als Realität zu preisen. Ein Tagträumer!
Gleichwohl zeigte sich Fortuna in dieser Hinsicht mir gegenüber bis vor Kurzem durchaus entgegenkommend. Nur in verhältnismäßig wenigen Ausnahmefällen entzog sie mir ihre wundersame Gunst. Das war meist recht schmerzhaft, aber mit beiderseits guten Willens zu bewältigen. Und danach erstrahlte der Himmel oftmals heller als je zuvor.
Gottlob war uns stets bewusst, dass es die partnerschaftliche Harmonie vergiftet, wenn einer meint, der andere müsste nur für ihn da sein und fortwährend entsprechende Forderungen stellt. Solch böseartige Anwandlungen befielen uns erfreulicherweise zu keiner Zeit.
Sicherlich gab es auch bei uns Momente, wo wir dachten, es wäre vielleicht schöner, allein zu leben, anstatt sich mit einem Ehebündnis herumzuärgern. Aber das blieben zu unserem Glück stets flüchtige Ausnahmen.
Indessen wird die Beziehung zwischen meiner Angetrauten und mir, welche sich bislang trotz einiger Konflikte echt bewährte, spürbar problematischer. Schließlich konnten wir bereits, wie schon erwähnt, unsere goldene Hochzeit feiern, und das war schlichtweg erhebend.
Doch sie nervt mich in letzter Zeit mitunter so stark, dass ich vereinzelt wirklich Mühe habe, mich zu beherrschen, denn Rage könnte noch weiteres Unheil bewirken. Neulich meinte sie vorwurfsvoll, falls ich mit meiner dubiosen Schreiberei nicht endlich fertig werde, müsse sie sich bald intensiv nach einem anderen Mann umsehen, der mehr Zeit für sie habe. Ihre (berechtigte) Schelte glich eher dem bekannten Klagelied: „Dann heirate doch dein Büro! Du liebst es ja sowieso!“, als etwa einem verständnisvollen Entgegenkommen, dessen ich mich auch künftig ruhigen Gewissens rühmen könnte.
Darauf entgegnete ich mit sichtlich bitterem Lächeln und wohl auch vernehmbarem Sarkasmus, ob sie sich denn allen Ernstes so etwas antun wolle, ich wäre doch ihr Musterknabe in Person. „Ja, das war einmal, zumindest hin und wieder“, antwortete sie fast empört und fügte besorgt hinzu, dass von jener Harmonie überhaupt nichts mehr zu vernehmen sei. Anstatt mich wie früher auch ihren legitimen Wünschen angemessen zu widmen, verkröche ich mich in meinem schäbigen Gelass und lebte nur noch für mein neues Hobby, resümierte sie vorwurfsvoll klagend.
„Na schön, ich gebe ja zu, dass ich momentan öfter und auch länger am Computer sitze als ehedem, aber nur, weil mich der Termindruck unerbittlich treibt. Mein ansonsten überaus tolerantes Weibchen, da müssen wir jetzt gemeinsam durch, selbst wenn es uns noch so schwerfällt. Bitte hab’ weiterhin Vertrauen zu mir und gedulde dich noch ein wenig! Bald sind wir am Ziel. Das verspreche ich!“, müsste ich aus tiefstem Herzen erwidern. Vielleicht wäre das für sie etwas tröstlich. Aber es darf nicht sein! Sonach behalte ich die klare Antwort trotz innerlich arg quälenden Kummers für mich (sie weiß nicht und darf es vorläufig auch nicht erfahren, mit welchem mörderischen Auftrag ich mich tatsächlich abplage; sonst wäre es um mich geschehen und folglich auch ihr weiteres Schicksal besiegelt).
Es gibt Zeiten, da ist einem beinahe alles egal. Von diesem gefühlsmäßigen Handicap bin ich augenblicklich befallen. Das gestehe ich hier
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