Das Elbmonster (German Edition)
sie während der wenigen Minuten ihres drohenden Abschiedes gleichsam einen Tunnel wahrnahmen, durch den ihre Seele rasend schnell entglitt und kurz darauf vom bezaubernd strahlenden Licht empfangen wurde, sich quasi überaus beglückend mit der neuen Wirklichkeit vereinte.
Vielleicht wagte das entfleuchte Wesen noch einen sorgenvollen Blick vom Himmel zum scheinbar sterbenden Körper auf Erden, welcher mit buchstäblich letzter Kraft gegen den Tod kämpfte. Wer erkühnt sich, genau zu wissen, was sich da tatsächlich abspielte? Allzu lange kann jedenfalls in besagten Fällen die vermeintliche Trennung der Psyche von ihrer materiellen Hülle nicht gewährt haben, denn schon kurz darauf vereinten sich beide wieder zum erwachenden und sonach lebenden Menschen. Er wurde sozusagen frisch geboren. Seltsamerweise sprach bisher niemand von seinen persönlichen Erlebnissen im teuflischen Fegefeuer. Offenbar waren es allesamt friedfertige Bürger, die sich niemals etwas sündhaft Böses zuschulden kommen ließen.
Bevor ich nachstehend meine Interpretation des unstreitig merkwürdigen Phänomens auf der Grundlage eigener Erfahrung darlege, sei mir noch gestattet, eine dem Thema gemäße Verständigungsbasis zu schaffen, damit wir nicht unnötig aneinander vorbeizureden, meine überaus zuverlässigen Weggefährten. Einverstanden? Ein herzliches Dankeschön!
Ich empfinde das menschliche Individuum stets als edlen Dreiklang von Körper, Geist und Seele, erblicke darin eine qualitative Einheit. Unter dem Begriff Körper verstehe ich den Organismus, die äußere Gestalt oder materielle Substanz unseres irdischen Aufenthaltes, die jeweils konkrete Leiblichkeit aller Erdenkinder. Mit dem Ausdruck Geist erfasse ich unseren Verstand, das Denkvermögen, also Rationales. Wir sind naturbedingt (oder gottlob?) mit der einzigartigen Eigenschaft ausgestattet, Dinge, Prozesse und Erscheinungen bewusst wahrzunehmen und vernünftig zu beurteilen sowie entsprechend zu handeln. Das zeichnet uns gegenüber der Tierwelt aus. Und die Vokabel Seele beinhaltet schließlich das Gefühlsmäßige, Emotionale, eben unsere Gemütserregungen mannigfacher Art.
Während sich unser Denken im Kopf abspielt und daher eine funktionierende Hirnsubstanz voraussetzt, können die vielfältigen psychischen Reaktionen nicht allein durch die Herztätigkeit bewirkt werden. Daran ist sicherlich das gesamte Nervensystem beteiligt. Anders dürfte die breite Skala unserer Sinnesäußerungen kaum hinreichend zu erklären sein.
So weit in bewusster Kürze die Übermittlung meines Verständnisses der entsprechenden Zusammenhänge. Zweifellos bin ich mir darüber im Klaren, dass es hierzu auch andere und teils sogar gegensätzliche Auffassung gibt, namentlich von objektiven Idealisten unter den Philosophen sowie bei religiösen Leuten sämtlicher Richtungen. Sie alle gehen von der Präexistenz eines universellen Prinzips oder eines Weltenschöpfers aus. Innerhalb der Erdbevölkerung bilden die Gottesfürchtigen nach wie vor die absolute Mehrheit.
Nun zu meinen einschlägigen Erlebnissen!
Im zweiten Kapitel hatte ich darauf verwiesen, dass ich bereits zweimal kurzzeitig das Nirwana aufsuchte (Bezeichnung des Buddhismus für die Erlösung vom irdischen „Jammertal“).
Die erste Nahtoderfahrung durfte ich schon als Kind mit knapp acht Jahren erleiden.
Sie trug sich wie folgt zu:
In unserem einstigen Heimatdorf Kispuszta, dessen Bewohner sich ausnahmslos der römisch-katholischen Kirche verschrieben hatten, waren die Sonntage heilig. Zumindest nachmittags wurde nicht gearbeitet, denn es wäre Sünde gewesen. Stattdessen besuchten sich die verschiedensten Familien oder Teile davon ziemlich oft gegenseitig. So putzte unsere liebe Mutter meinen vier Jahre älteren Bruder und mich schön zurecht, machte sich sowie uns beide gebührend schick, und wir zogen mit ihr bei strahlendem Sonnenschein gemeinsam los, um das etwa anderthalb Kilometer entfernte Domizil von weitläufig Verwandten gezielt anzusteuern. Unser fürsorglicher Vater blieb freiwillig daheim und kümmerte sich achtsam um den Rest der Sippe.
Die Adressaten gehörten zu den etwas begüterten Leuten innerhalb der Siedlung, weil sie nicht nur Schweine, Schafe und Ziegen, sondern auch eine stattliche Anzahl an Rindern sowie größere Äcker und Wiesen besaßen. Sie beschäftigten sogar eine Magd und zwei Knechte, obwohl die Eltern des Mannes auch im Hause wohnten, noch sehr rüstig waren
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