Das elektronische Glück
daß ich aufstehen muß. Heute bin ich für das Frühstück verantwortlich.
»Verkünde meinem Volke, daß seine Herzen und Mägen schon bald von Dankbarkeit erfüllt sein werden«, antworte ich Swetlana hochtrabend.
Auf ihrem Haar glitzern Wassertröpfchen. Sie hat bereits gebadet.
Vor der Sonne die Augen zusammenkneifend, krieche ich aus dem Zelt, und ein höchst angenehmer Anblick bietet sich meinen Augen dar: In der Kasserolle über dem Feuer fangt es bereits an zu kochen.
Befriedigt bricht Swetlana in lautes Lachen aus.
»Hast du nicht mal versucht, ein Emogramm von deiner Faulheit aufzunehmen?« erkundigt sie sich. »Schöne Vergleichswerte würde das ergeben!«
Gleich nach dem Frühstück nehmen wir die Wasserskier und eilen damit zum Ufer. Zehn Minuten lang rufen wir im Chor Fedossejew, dessen gekrümmte Gestalt im Boot mitten in der Bucht sich dunkel vom Wasser abhebt. Er tut, als höre er nicht, weil ein Fisch bei ihm anbeißt. »Pjotr I-wa-no-witsch!« schreien wir uns die Lunge aus dem Hals. »Schämen Sie sich!« Endlich hat er Mitleid mit uns, holt seine Angeln ein und läßt den Motor an.
Aus unerfindlichen Gründen werden wir immer alle zugleich von neuen Hobbys angesteckt. So war es schon mit dem Motorrad, dem Bergsteigen und der Unterwasserfotografie. Wasserski ist unser neuestes Hobby, dem wir an allen freien Tagen frönen.
Eine schaumgekrönte Welle hinter sich herziehend, bohrt sich das Boot mit dem Bug ins Ufer, und Fedossejew hält uns stolz seinen kleinen Eimer mit dem Fang hin. Wir bemühen uns, so glaubwürdig wie möglich unserer Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Jetzt steht uns nicht nach Fisch der Sinn. Burzew springt ins Boot, befestigt die Schleppleine und wirft das andere Ende Swetlana zu, die bereits mit den Skiern an den Beinen auf dem Startpfahl sitzt. Wir schieben das Boot ins Wasser zurück.
Der Motor heult auf, die Leine schnellt aus dem Wasser, ein Ruck, und auf dem Kamm einer schäumenden Woge saust Swetlana im Zickzack über das Wasser.
Gemächlich nehme ich nun auf dem Startpfahl Platz und blikke der durch die Sonnenreflexe enteilenden schlanken Gestalt im rotblauen Badeanzug nach. Sacht berühren meine Skier das Wasser, und die kosenden Wellen kühlen angenehm die Fußsohlen.
Noch ist kein Wind aufgekommen, das von den Skiern durchschnittene Wasser wird rasch wieder unbeweglich-glasig, die Sonne schickt schräge Strahlen hinter den Wipfeln der blauen Kiefern hervor. Der Morgen ist außergewöhnlich still. Vor uns liegen zwei Tage Erholung – man brauchte über nichts nachzudenken, sondern sich nur über die Sonne, den Rauch des Lagerfeuers und das sanfte Plätschern der Wellen zu freuen.
Doch selbst während dieser zwei Tage läßt mir der Gedanke an das Experiment keine Ruhe.
Das Heiligste, was der Mensch besitzt, ist die Liebe. Die Dichter behaupten, sie sei überhaupt das einzige, was den Menschen vom Tier unterscheide. Das Geheimnisvollste aller Geheimnisse, ein unbekannter Zauber, der der Welt einzigartige Farben und unendliche Freude beschert.
Ich bin kein Dichter, sondern Physiker. »Deine Hände sind wie der Wind…« ist das einzige, was ich verfaßt habe. Ein schwaches Gedicht. Oder sagen wir ganz ehrlich: ein talentloses. Mir fehlt es nicht an Geschmack, um das zu verstehen. Doch als Physiker bin ich überzeugt, daß die Möglichkeiten der exakten Wissenschaften auch auf dem Gebiet des Schönen unbegrenzt sind.
Durch Kombination von Atomen, können wir eine lebendige Zelle erhalten. Durch Kombination von Prozessen in dieser Zelle können wir Emotionen und Gefühle simulieren.
Die kybernetischen Schildkröten Walthers waren mit bedingten Reflexen ausgestattet, und das setzte niemand in Erstaunen. Von der Simulation von Reflexen bis zur Synthese von Liebesempfindungen ist es natürlich noch ein weiter Weg. Ohne die neuesten Methoden der Mikrowellenlokation wäre es nicht gelungen, ihn zu bewältigen.
Kann man den Sieger verurteilen? Handelt es sich im Falle eines Erfolges doch nicht um ein Surrogat, einen Ersatz, sondern um ein echtes Gefühl – jenes allbezwingende, mächtige, das Petrarca, Shakespeare und Puschkin tausendfach besungen haben. Keine Hypnose, keine Suggestion, sondern schlicht und einfach Liebe, Dieselbe, die das Leben erst schön macht, durch die die Kinder auf die Welt kommen, um derentwillen große Taten vollbracht werden.
Aber zu diesem Zweck muß ein heimliches Experiment mit einem
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