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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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jünger als ich. Sie ist neunzehn. Ich verstehe diese Generation nicht. Was ist dem Mädchen bloß in den Kopf gefahren? Soll sie sich in Gottes Namen in einen anderen verlieben. Ich bin da völlig schuldlos, ich habe ihr keinen Grund dazu gegeben. Mehr noch, durch mein Verhalten habe ich wohl entschieden der Möglichkeit entgegengewirkt, sich in mich zu verlieben. Warum muß ich eigentlich darüber nachdenken? Ich habe genug eigene Sorgen.
     Mit solchen Gedanken stimmte ich mich kämpferisch, bezeichnet die sogenannte Liebe noch einmal mit einem abfälligen Wort, sprang aus dem Bett, wusch mich, putzte mir die Zähne und begab mich ins Labor.
     Gott sei Dank, Katja war nicht da. Sie rief an und sagte Schurotschka, sie hätte Fieber. Diese Mitteilung erregte Arsik; er veränderte sogar seinen Gesichtsausdruck, raufte sich die Haare und ging im Zimmer auf und ab. Ignati Semjonowitsch beklagte sich, Arsik störe ihn beim Denken. Arsik knirschte mit den Zähnen wie ein Nußknacker und zischte: »Denken!«
     Dann blieb er bei den Okularen stehen und hantierte mit dem Schalter. Ungefähr zwei Stunden lang betrachtete er seine Bilder. Als er sich von ihnen löste, sah sein Gesteht müde, traurig und krank aus. Arsik hatte geweint, aber die Tränen waren schon getrocknet.
     »Man muß etwas tun, man muß etwas tun…«, flüsterte er.
     Schurotschka lief zu ihm, umarmte ihn und streichelte ihm den Kopf. Arsik saß da und ließ die Arme hängen. Der Alte hielt diese Szene nicht aus, er sprang auf und lief hinaus. Ich spürte auch den dringenden Wunsch zu gehen.
     »Arsik, mein Lieber, mein Bester…«, flüsterte Schurotschka. »Das ist nicht nötig, du darfst nicht mehr hineinsehen. Laß mich das für dich tun. Gut? Ja?«
     Mit der Faust auf den Tisch hauen, brüllen, explodieren – das alles hätte ich tun müssen. Nur das konnte helfen. Aber ich saß wie angeschmiedet auf meinem Stuhl. Ich betrachtete die beiden, und mein Kopf drehte sich, die Gedanken sprangen darin umher wie die Bälle in der Trommel bei der Lottoziehung.
     Arsik verband Schurotschkas Handgelenk mit der Anlage und setzte das Mädchen vor die Okulare. Er selbst ging auf den Korridor rauchen, nachdem er mir ein unfrohes Lächeln zugeworfen hatte.
     Kurz darauf erhielt ich einen Anruf von der Gewerkschaftsleitung.
     »Kommen Sie sofort zu mir«, befahl mir unser Vorsitzender.
     Ich schleppte mich zu ihm, wohl ahnend, daß mir ein unerquickliches Gespräch bevorstand. Auf dem Schreibtisch lag eine Beschwerde, von Ignati Semjonowitschs Hand geschrieben. Der Alte selber war nicht mehr dort.
     »Was geht bei Ihnen vor?« fragte der Vorsitzende und las: »Der niedrige moralische Charakter und das aufreizende Benehmen des Kollegen A. N. Tomaszewicz hat einen negativen Einfluß auf die jungen Mitarbeiterinnen. Anstatt mit zweifelhaften Experimenten, die an Spiritismus und schwarze Magie grenzen…«
     »Er versteht keine Bohne von Spiritismus«, sagte ich. Ich meinte Ignati Semjonowitsch. Der Vorsitzende dachte, ich spreche von Arsik.
     »Das heißt, solche Fakten gab es nicht?« fragte er.
     »Es gab keine schwarze Magie«, erwiderte ich mit Bestimmtheit.
     »Und was war dann? Gab es unmoralisches Verhalten?«
     »Was ist das, unmoralisches Verhalten?« fragte ich leise.
     »Na, hören Sie mal!« rief der Vorsitzende. »Bei Ihnen küßt man sich während der Arbeitszeit im Labor! – Was für Zeug flößt er ihnen ein?«
     »Wer? Wem?« fragte ich, um Zeit zu gewinnen.
     »Na, Ihr berühmter Arsik!«
     Ich gab matte Erwiderungen. Sagte, daß Arsik ein einmaliges Experiment durchführe und Assistenten brauche. Meine Rechtfertigungen erbosten mich, weil ich bis dahin selber nicht das Wesen von Arsiks Experimenten kannte.
     »Gehen Sie und bringen Sie das in Ordnung«, sagte der Vorsitzende. »Und daß mir keine weiteren Beschwerden kommen.«
     Ich kam gerade rechtzeitig zurück. In dem Moment, wo man »break« rufen muß wie ein Ringrichter im Boxring, um die Kämpfenden zu trennen. Schurotschka und Ignati Semjono witsch standen in höchster Erregung einander gegenüber und schrien.
     »Ihre Moral! Scheinheiligkeiten! Sie können nur hinterrücks Gemeinheiten aushecken!« schrie Schurotschka.
     »Das lasse ich mir nicht gefallen! Ich habe vierzig Jahre… Leben Sie wie ich – dann werden wir sehen!« schrie Ignati Semjonowitsch.
     Arsik stand am Fenster, die Arme um den Kopf geschlungen, und schaukelte hin und her. Er stöhnte leise,

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