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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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kann vieles ertragen«, antwortete er seinem Freund, »aber nicht den Verlust von Selbstachtung und Ehre.«
    Er war der Meinung, die Bischöfe verhielten sich eher wie kläffende Hunde als wie geistliche Führer. Doch das verlogene und hasserfüllte Pamphlet des Balthasar von Uhrs konnte nicht unwidersprochen bleiben, und so verfasste er eine Schrift, in der er seine dialektischen Fähigkeiten entfaltete, seine Ansichten elegant verteidigte und jeden Punkt in der Anklageschrift des Großmeisters zurückwies, ohne pathetisch oder unsachlich zu werden.
    Der Herzog ließ sich Zeit bei der Lektüre von Benjamins Verteidigungsschrift. Mehr noch als die Intelligenz und der Scharfsinn des Philosophen beeindruckten ihn die Ehrlichkeit und der Mut, mit dem er sich gegen die religiöse Obrigkeit zu stellen wagte und gleichzeitig eine neue Perspektive einführte, indem er auch die Schwächen seiner eigenen Argumentation erwähnte.
    Als der Herzog den Text gelesen hatte, ließ er verkünden, Benjamin Spinoza sei über jeden Verdacht des gottlosen Wandels erhaben und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen von Blasphemie hätten sich als grundlos erwiesen.
    Es war Frühling, warm und hell. Aber von Uhrs war finsterer Stimmung, hatte er doch einen großen Prestigeverlust erlitten. Sein fetter Körper sackte zusammen, Speichel rann aus seinem Mund und er ließ seinen kahlen Kopf hängen. Er fürchtete, die schmähliche Niederlage könne dazu führen, dass er bei der nächsten Versammlung der Loge als Großmeister abgesetzt würde.
    Mit jeder Minute, die verging, wurde sein Hass auf Benjamin erbitterter und erfüllte ihn mit neuer Energie. Sogleich machte er sich daran, hinter den Kulissen an diversen Strippen zu ziehen. Er schrieb einschmeichelnde Briefe an eine Reihe von Bischöfen, anderen ließ er dunkle und hochtrabende Worte über die Verhöhnung, den Spott und die Verdammnis zukommen, denen die Kirche durch den unwissenden Kurfürsten ausgesetzt worden sei.
    Die nächste Zusammenkunft leitete von Uhrs mit einem theatralischen Manöver ein, um sein Scheitern zu überspielen und erneut Vertrauen zu gewinnen. Er behauptete, er habe Beweise dafür, dass der Jude Spinoza in Kontakt zu Dämonen stehe, die dem Herzog die Sinne verwirrt hätten.
    Die Bischöfe waren sprachlos, einige blickten sich fragend an, als der Großmeister erklärte, der Beschluss des Herzogs sei von diesen Dämonen diktiert. Ein vorübergehender Rückschlag sei jedoch kein Grund zur Sorge. Was machen ein paar Monate mehr oder weniger aus, sagte er sich, wenn die Perspektive der Kirche die Ewigkeit ist?
    Ein junger Bischof aus Regensburg war der Geistesgegenwärtigste in der Versammlung und schlug vor, den frechen Juden Spinoza als größten Feind der reinen Lehre in den deutschsprachigen Ländern zu bezeichnen. Darauf erklang Beifall. Mittels Abstimmung wurde einhellig beschlossen, dem Großmeister freie Hand zu lassen, auch wenn zwei ältere Bischöfe baten, behutsam und vorsichtig zu Werke zu gehen.
    Zum Abschluss des Treffens sangen die Bischöfe mit Donnerstimme einen Lobgesang auf den Herrn.
EINBRECHER UND MEUCHELMÖRDER
    Balthasar von Uhrs verlor keine Zeit und beauftragte umgehend zwei Einbrecher, die an einem Tag, als die Familie Spinoza abwesend war, in Benjamins Haus eindrangen. Sie wussten genau, wonach sie zu suchen hatten, und durchwühlten alle Zimmer, öffneten Schränke, zogen Schubladen heraus, kippten den Inhalt auf den Boden, fanden aber keine versteckten Schriften und kompromittierenden Aufzeichnungen. Mit leeren Händen mussten sie zu ihrem Auftraggeber zurückkehren.
    Beim nächsten Treffen der Societas Jesu schärfte der Großmeister den verschworenen Bischöfen ein, dass fundamentale geistliche Werte auf dem Spiel stünden. Durch die Irrlehren des Juden Spinoza habe sich ein furchtbarer Abgrund aufgetan, und es sei die Pflicht der Frommen und Rechtgläubigen, diesem ungeheuerlichen Angriff auf Gottes wahre Lehre aufs schärfste entgegenzutreten. Er bedauerte zutiefst, dass der Jude nicht als warnendes Beispiel zum Scheiterhaufen geschleppt werden könne, und betonte die Notwendigkeit, die Daumenschrauben weiter anzuziehen. Daraufhin präsentierte er einen neuen Plan.
    Die Prälaten lauschten aufmerksam. Manche nickten zustimmend ob der Weisheit des Führers.
    Ein bayerischer Priester von beachtlichem Körperumfang stand auf und berichtete, in seiner Gemeinde sei ein Schwein mit sieben Beinen und nach hinten gedrehten Füßen geboren

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