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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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worden. Es könne sich um einen Vorboten zukünftiger Katastrophen handeln, die von dem tückischen Juden ausgelöst würden. Daher sprach er sich für den Plan des Großmeisters aus. Der Kollege neben ihm erhob sich und berichtete, in seiner Heimatstadt Köln habe eine ältere Frau eine Missgeburt zur Welt gebracht, die sowohl ein männliches Glied als auch eine weibliche Scham aufweise; das Glied sehe aus wie das eines Pferdes und die Scham wie eine große Schnecke. Außerdem sei der Körper des Neugeborenen mit Schuppen bedeckt. Ein dritter Bischof wusste zu erzählen, dass in seiner Gemeinde eine Nonne von Zwillingen entbunden worden sei. Dies sei der Höhepunkt des sittlichen Verfalls und müsse bekämpft werden, fügte er mit Nachdruck hinzu.
    Einer der Bischöfe trat zu Balthasar von Uhrs, küsste ihm die Hand zum Zeichen seiner ergebenen Wertschätzung und verkündete, der Großmeister würde nicht nur diesen Kampf gewinnen, sondern auch alle anderen, die gegen die Feinde des katholischen Glaubens geführt werden müssten.
    Spinozas Name sollte geächtet werden, darin waren die Versammelten sich einig. Nach dem Treffen forderten die Bischöfe die katholischen Priester im gesamten deutschsprachigen Raum auf, in ihrer nächsten Sonntagspredigt zu verkünden, der Philosophieprofessor in Freiburg stehe mit dem Teufel im Bunde und befehlige Dämonen, die ihm gehorchten.
    Als Jude war Benjamin Freiwild und die ideale Zielscheibe für eine Kirche, die Andersdenkende verfolgte. Doch auch diese neue Unterstellung konnte seine Stellung an der Universität nicht erschüttern. Weder wurde er gezwungen, Abbitte zu leisten, noch von der Universität verwiesen.
    Balthasar von Uhrs stand in glänzender Mitra im Freiburger Dom und zündete eine Kerze an. Sein Atem ließ die schwach brennende Flamme flackern, als er sich selbst versprach, nicht aufzugeben, bis Benjamin Spinoza in seinem eigenen Kot ruhte und seine Beschützer eines entsetzlichen Todes gestorben waren.
    »Möge Gottes Gerechtigkeit ihre Leichen zu einem Festmahl für die Raubtiere und einem Schmaus für die Würmer werden lassen«, flüsterte er und küsste das Holzkreuz, das er um den Hals trug.
    Danach setzte er sein konspiratives Werk fort, damit den hochwürdigen Vätern im Vatikan die Augen aufgingen für die Gefahr, die von dem aufmüpfigen jüdischen Philosophen ausging. In einem an die Kurie in Rom adressierten Brief führte der Großmeister eine Reihe von Beispielen für die ketzerischen Äußerungen Benjamins an – von denen er die Mehrzahl selbst erfunden hatte.
    Der damalige Papst Clemens X. war ein Anhänger einfacher Lösungen: Forderten hohe Geistliche, dass ein Exempel statuiert werden müsse, sandte er einen Meuchelmörder aus. Nachdem er von Uhrs’ Dokumentation überflogen hatte, beschloss er, den gefährlichen Juden zum Schweigen zu bringen.
    In den von Clemens X. hinterlassenen Aufzeichnungen, die in der Bibliothek des Vatikans verwahrt werden, kann man die Mordpläne an Benjamin, der als Teufel in Menschengestalt bezeichnet wird, nachlesen.
    Ein italienischer Meuchelmörder im Dienst des Heiligen Stuhls wurde hinzugezogen. Er plädierte für Vergiftung, denn Benjamins Schwäche für Süßigkeiten war allgemein bekannt. In seinen Mantel hatte der Meuchelmörder ein Tütchen Arsen eingenäht, ohne das er nie auf Reisen ging. Er erklärte dem Großmeister, der Inhalt reiche aus, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Sorgfältig präparierte er einige mit Schokolade überzogene Stücke Gebäck, die von einem eigens angeheuerten Boten geliefert wurden. Doch der zerstreute Bote lieferte das Gebäck ins falsche Haus.
    Am selben Abend verstarb der Dekan der Universität unter furchtbaren Schmerzen. Der plötzliche Todesfall sorgte in Freiburg für wilde Spekulationen.
GERECHTIGKEIT IN FREIBURG
    In einer mondhellen Nacht wurde der italienische Meuchelmörder hinter dem Wirtshaus von drei mit Messern bewaffneten Männern überfallen, die es auf seinen Geldbeutel abgesehen hatten. Sein erster Impuls war zu fliehen, doch dann drehte er sich um und schlug einen der Männer bewusstlos. Dem zweiten versetzte er einen tiefen Messerstich in den Hals, und der Mann verblutete auf der Stelle. Der dritte lief zurück ins Wirtshaus und holte Hilfe. Der Meuchelmörder wurde überwältigt.
    Niemand wusste, wer er war. Es war nur bekannt, dass er aus Italien kam, also musste man kein übertriebenes Verständnis oder Erbarmen an den Tag legen. An seiner Schuld

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