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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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Jakobinerklub zu festigen.
    Hier erwähnt Nicolas auch, dass er eine Ausbildung zum Juristen absolviert habe. Viele in Paris erinnerten sich noch an Hector Spinoza und wandten sich gern an seinen Sohn, der in die Fußspuren des Vaters getreten war. Das verschaffte ihm nicht wenige Aufträge und Gelegenheit zu langen Reisen.
    Nach Italien war er in Gesellschaft des Grafen Remy-Bertillière gereist, um Verhandlungen über den Import von blauem Marmor zu führen. Die wogende grüne Landschaft der Toskana wird im Notizbuch mit solcher Anschaulichkeit beschrieben, dass man den Duft blühenden Weißdorns einzuatmen meint.
    Eines Tages besuchten sie die Basilika St. Peter. Es begann zu regnen. Nicolas und der Graf suchten Schutz in einer Seitenkapelle. Sie waren nicht allein. In einer Ecke saß eine dunkelhaarige Schönheit mit einem Buch in der Hand. Nicolas erkannte es sofort an seinem besonderen grauen Umschlag. Es handelte sich um das
Système de la nature, ou des lois du monde physique et du monde moral
. Er besaß selbst ein Exemplar des Buchs von Baron d’Holbach. Die Gerüchte, zu denen das Werk Anlass gegeben hatte, verbreiteten sich mit einer Geschwindigkeit, wie sie sonst nur Epidemien auszeichnete. Man nannte es die Bibel des Materialismus, und an verschiedenen Orten in Europa fand der Pöbel großes Vergnügen daran, es auf Scheiterhaufen zu verbrennen.
    Nicolas wurde neugierig auf diese junge Frau, die im Herzen des Christentums saß und ein Buch las, in dem bewiesen wird, dass Gott nicht existiert.
    Er trat zu ihr, streckte die Hand aus und sagte mit einer tiefen Verbeugung: »Mademoiselle, von welchem schönen Stern sind Sie herabgefallen, damit mir das Glück zuteilwird, Sie hier zu treffen?«
    »Ich komme aus dem jüdischen Ghetto hier in Rom«, erwiderte sie und stellte sich als Chiara Luzzatto vor.
    »Es de buena famiya?«, fragte Nicolas und lächelte. »Sind Sie verwandt mit Moshe Chaim Luzzatto, dem Kabbalisten und Philosophen?«
    »Er war mein Großvater. Aber ich kannte ihn nicht. Er starb zwanzig Jahre vor meiner Geburt. Er verließ Amsterdam und zog mit seiner Familie ins Heilige Land, wo er in Acre eine Synagoge gründete. Aber einige Jahre später wurde fast die gesamte Familie von einer Pestepidemie dahingerafft. Alle starben, bis auf meinen Vater. Er ist Rabbiner hier in Rom und vollendet Großvaters Arbeit«, berichtete sie stolz.
    Es war ganz offensichtlich, dass Chiara Nicolas beeindruckte, und noch am selben Tag hielt er um ihre Hand an. Dass Nicolas, der Frauen gegenüber immer schüchtern war, auf diese Weise reagierte, erklärte er selbst gern damit, dass alle Handlungen, die mit Liebe zu tun haben, von Gesetzen gesteuert werden, die eher magisch als rational sind. Es sei das Klügste, gar nicht zu versuchen, sie zu verstehen.
    Aber in der letzten Nacht in der Conciergerie, während sein ganzes Wesen von der Gewissheit erfüllt war, dass sein Kopf zwar in Kürze in einem Korb unter der Guillotine liegen würde, seine Familie aber weiterleben würde, schrieb er ins Notizbuch: »Es ging ein Leuchten von Chiara aus, und ich wusste, dass es mein ganzes Dasein erhellen würde.«

8.
DER PRINZ

DER SCHLOSSHERR
    Auf dem prachtvollen Schloss Biederhof, vierzig Kilometer südöstlich von Wien, im fruchtbaren Burgenland mit seinem milden Klima, zwischen den Ländereien der Familien Esterházy und Batthyány, lebte das Geschlecht derer zu Biederstern.
    Schon im Mittelalter war die teils offene, teils bewaldete Landschaft, so erklärte mein Großonkel es Sasha und mir, als Österreichs bevorzugte Region für Treibjagden bekannt, vor allem auf Wildschwein, Hirsch, Reh und Fuchs. Als Jagdhund habe man den Sabueso Español gehalten, einen mittelgroßen Stöberhund von harmonischem Körperbau, eine treue und ruhige Rasse, die besonders bei der Jagd auf Großwild über Moore und durch Dickicht Mut und Tapferkeit bewies.
    Die schöne Gegend ist von vielen Dichtern besungen worden, unter ihnen Franz Grillparzer und Adalbert Stifter, die häufig auf Schloss Biederhof zu Gast waren.
    Das mächtige Schloss mit seinen Mauern und Türmen und den Gespenstern der Vorfahren, die zwischen den Spinnengeweben spukten, hatte eine lange Geschichte, die mein Großonkel bis ins letzte Detail kannte. Er erzählte uns, dass der älteste Teil, eine Burg mit einem vierzig Meter hohen Turm, kurz nach 1330 vom vierten Grafen zu Biederstern erbaut worden war.
    Als Heindrich das Oberhaupt der Familie geworden war, wurde das

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