Das Elixier der Unsterblichkeit
kurzsichtigen Raimundo.
Sein Tod war ein schwerer Schlag für Baruch. Am meisten schmerzte ihn, sich nicht von seinem Freund verabschiedet zu haben.
DES KÖNIGS LOB
Als der König wieder zu Kräften kam, berichtete ihm sein Chronist und ständiger Begleiter Osbernus von dem selbstlosen Einsatz des kleinen Juden. Als gläubiger Katholik hatte der König keine besonders hohe Meinung von Juden. Sie sind feige und hinterhältig, diese Mörder Christi – diese Gewissheit hatte er mit der Muttermilch eingesogen. Sein Leben lang hatte Alfonso Henriques Juden verspottet und verfolgt. »Wer einen Juden tritt, der tritt den Teufel«, pflegte er zu sagen. Doch dieser junge Jude machte ihn nachdenklich. Er war kein Soldat, er war nicht einmal ein richtiger Mann, hatte keine Stellung, keinen Besitz, kein Ansehen, er war nichts. Dennoch hatte er sein Leben riskiert, um ihn zu retten. Und er hatte übermenschliche Kräfte gezeigt, als er das magische Schwert gehoben und den Feind in die Flucht geschlagen hatte. Auch hatten Pfeile ihm nichts anhaben können. Dann hatte der Jude an seiner Seite gesessen, Tag und Nacht, hatte bei ihm gewacht und seine Wunde geheilt.
Alfonso Henriques’ Erfahrung aus einem langen Leben auf den Schlachtfeldern hatte ihn gelehrt, dass nur wenige Menschen angesichts des Todes wahre Stärke und Würde zeigen. Einen Moment lang überlegte er, ob der kleine Jude ein Dämon sein könnte. Er sprach darüber mit Osbernus, aber der englische Priester, der Gefallen an Baruch gefunden hatte und ihm nahe sein wollte, zerstreute des Königs Verdacht. Da Alfonso Henriques tapfere Männer achtete und Handlungskraft zu schätzen wusste, ließ er Baruch, auch wenn er ein Jude war, kommen und lobte ihn vor seinen engsten Vertrauten für seinen Mut und seine Entschlossenheit. Auch versprach er dem kleinen Juden eine üppige Belohnung.
ES WIRD RECHT GESPROCHEN
Bei der siegreichen Heimkehr des Königs nach Lissabon strömten die Menschen in Scharen zum Schloss, um ihre Glückwünsche darzubringen. Alfonso Henriques genoss die Süße der Macht und der Herrlichkeit. Doch schon bald drangen widrige Neuigkeiten an sein Ohr. Ein vertrauter Lakai wusste zu berichten, der Arzt Antunes habe während der Abwesenheit des Herrschers sehnsuchtsvolle Blicke auf die jüngste der königlichen Mätressen geworfen. Das wunderschöne maurische Mädchen habe seine Avancen ohne Scham erwidert. Der König sah den Lakaien ungläubig an und wollte der Sache nicht ohne weiteres Glauben schenken. Der Arzt musste doch mehr als jeder andere wissen, wie viel ihm das maurische Mädchen, die Lieblingstochter des vertriebenen Kalifen, bedeutete. Er rief einen anderen loyalen Diener hinzu. Dieser sprach von heißen Blicken der Begierde, die die hellen Sommerabende erfüllt hätten. Auch ein dritter Lakai bestätigte, dass Antunes und das maurische Mädchen unziemlich aufgetreten seien. Der König zweifelte nicht länger. Seine Nasenlöcher weiteten sich, er witterte einen Verrat, von dem er längst eine Ahnung hätte haben müssen.
Alfonso Henriques war wutentbrannt über das arglistige Verhalten des Arztes und der Mätresse. Doch er hatte noch andere Gründe, außer sich zu geraten, und diese waren ernster als eine Liebesaffäre am Hof. Was sein Blut in Wallung brachte, war die Sache mit Costa und Benvindo.
Die Brüder waren hervorragende Männer und tapfere Krieger, deren Einsatz der König Erfolge auf vielen Kriegszügen zu verdanken hatte. Aufgrund ihrer Verdienste hatte Alfonso Henriques sie in seinen Rat gewählt und ihnen weitläufige Ländereien in der Nähe von Mafra zugeteilt, die dem maurischen Feind abgenommen worden waren. Durch stattliche Geldgeschenke hatte er die einstmals armen Männer zu reichen Grundbesitzern gemacht. Von Hochmut befallen, vor allem aber aus hemmungsloser Gier, veruntreuten Costa und Benvindo den Sold der Ritter. Verbittert über die gewissenlosen Brüder, wandten sich mehrere Generäle an den König und beklagten sich über sie. Alle erwarteten, dass Alfonso Henriques einschreiten und den Brüdern eine Lektion erteilen würde. Aber er sah den Zeitpunkt für eine Bestrafung nicht gekommen, solange der Feldzug in Galicien andauerte.
Der König war grundsätzlich der Auffassung, dass er als Herrscher von Zeit zu Zeit seine Macht schonungslos demonstrieren müsse, um seinen Untertanen Furcht einzuflößen. Niemand sollte auf die Idee kommen, man könne ungestraft gegen ihn konspirieren, während er in fernen
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