Das Elixier der Unsterblichkeit
Bernhard das Wort, »es schien, als hättest du den Namen des schrecklichen Feindes vergessen. Aber erinnerst du dich an den Rest der Geschichte? Was sollen wir tun, um ihn zu besiegen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Chiara, »ich weiß es nicht. Ich habe nie versucht, in Gottes Geheimnisse vorzudringen.«
Chiaras Seele war kaum in ihren Himmel aufgestiegen, da folgte Clementina ihr nach. Sie starb mitten im Schlaf. Die Dienstmädchen im Schloss flüsterten, dass ihr Herz stehen geblieben sei, als die Sehnsucht nach ihrer Freundin zu groß wurde.
Rudolf war bestürzt, als er erfuhr, dass seine Mutter gestorben war. Einige Minuten später mündete seine Trauer in einen heftigen Wutausbruch gegen einen Diener. Der Mann hatte nicht verstanden, dass Rudolf eine Flasche Rotwein haben wollte, um die Nachricht hinunterzuspülen.
CHIARAS LETZTER WUNSCH
Salomon Rothschilds Herzattacke machte es Jakob möglich, zumindest einen von Chiaras letzten Wünschen zu erfüllen. Das Oberhaupt der Bankiersfamilie war in den letzten Jahren seines Lebens nicht mehr der tatkräftige und energische Mann, der Jakob einst aus der Bank vertrieben hatte. Seine schwache Gesundheit hinderte ihn daran, eine große Kredittransaktion mit dem Kaiser von Österreich höchstselbst durchzuführen. Da keiner der Brüder helfen konnte, beschloss der Familienrat, Jakob herbeizurufen. Der stellte allerdings eine Bedingung und betonte, ihre Erfüllung sei unerlässlich: Chiara sollte in dem Grab bestattet werden, in dem schon Amschel und Angela ruhten.
Dem stimmte der Familienrat zu.
Chiaras zweiter Wunsch hingegen ließ sich nicht erfüllen, vor allem aufgrund praktischer Schwierigkeiten. Sie hatte sich vorgestellt, dass ihr Herz in den Sarg von Nicolas auf dem Cimetière du Père-Lachaise in Paris gelegt würde.
DIE PRINZESSIN
Kurze Zeit nach Chiaras und Clementinas Tod geschah etwas Unerwartetes und Merkwürdiges auf Biederhof. Eines Vormittags im Frühjahr fuhr ein Wagen mit einem schäbig gekleideten Mann und einem etwa zwölfjährigen Mädchen mit langem schwarzem Haar vor. Der Mann wollte unbedingt mit Prinz Biederstern sprechen. Rudolf saß in einer Besprechung mit Jakob, als ein Lakai erschien und ihm mitteilte, dass ein Fremder – in Begleitung eines Mädchens – ihn sprechen wolle. Rudolf ließ ausrichten, der Besuch solle im Salon warten, und bat den Lakaien, ihn im Auge zu behalten, damit nichts gestohlen würde. Dann hörte er dem ausführlichen Bericht des Verwalters über die wirtschaftliche Situation des Gutes weiter zu. Als die Besprechung beendet war, hatte er die Besucher längst vergessen. Er nahm ein ausgiebiges Mittagessen zu sich und legte sich dann, dösig nach ein paar Glas Wein, schlafen. Als er am Nachmittag erwachte, berichtete der Lakai, der Mann sei nach fünf Stunden Wartens etwas ungeduldig geworden und habe erneut darum gebeten, den Prinzen zu sprechen. Rudolf beeilte sich allerdings nicht, denn er ahnte nicht, dass diese Begegnung eine der wichtigsten seines Lebens werden sollte. Es vergingen weitere zwei Stunden, bevor er sich fertig machte, um den Mann zu empfangen.
»Hoheit«, sagte der Mann, »es ist mir eine große Ehre, Euch endlich zu treffen. Ich habe so vieles von Euch gehört, und seit Jahren habe ich versucht, mir vorzustellen, wie es wohl sein mag, Euch hier auf dem Schloss zu begegnen.«
»Kommt zur Sache, bitte«, unterbrach ihn Rudolf ungeduldig. Er stand aufrecht und hochmütig, überzeugt davon, dass der heruntergekommene Mann und das Kind Bettler waren, was ihn veranlasste, beide herablassend zu behandeln.
»Wir sind keine Bettler, Hoheit. Im Gegenteil. Ich bin gekommen, um Euch etwas zu schenken.« Er zeigte auf das Mädchen. »Ariadne ist nicht meine Tochter. Sie ist von Eurer Hoheit eigenem Fleisch und Blut. Ich bin hier, um sie Euch zu überlassen. Mein Name ist Alois Braun. Als Ariadne geboren wurde, hat meine Schwester Arabella mich und meine Frau gebeten, dem Mädchen ein Zuhause zu geben. Ich werde niemals Arabellas Verzweiflung vergessen, als die Umstände sie zwangen, ihr Kind wegzugeben. Doch sie hatte keine Wahl. Sie konnte sich nicht um das Mädchen kümmern. Wir versprachen, es zu tun. Seit damals haben wir Ariadne aufgezogen. Doch nun ist meine Frau tot und ich habe viele Kinder, jedoch nicht genug Brot für alle. Ich kann Ariadne weder Hoffnung noch Chancen geben. Doch es gibt einen Gott, der seine schützende Hand über sie halten wird. Ariadne ist ein ganz und gar
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