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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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solches bezeichnen konnte – bestand darin, dass er Hitler stark und vital gehalten hatte mit nahrhaftem und wohlschmeckendem Essen.
    Am Ende des Gerichtsverfahrens traten zwei Zeugen auf und schworen unter Eid, der Koch habe ihnen das Leben gerettet. Auf geheimnisvolle Weise habe er bewirkt, dass sie aus dem Konzentrationslager freigelassen wurden und Deutschland verlassen durften. Insgesamt hatten ihm über vierhundert Menschen ihr Leben zu verdanken.
    Frombichler wurde freigesprochen. Der amerikanische Richter Francis Biddle bat ihn, das Geheimnis hinter den unfassbaren Rettungsaktionen zu verraten. Der Koch ließ sich nicht zweimal bitten. Was er erzählte, führte dazu, dass alle im Saal Anwesenden sich vor Lachen wanden. Er erklärte, dass er und sein Freund Adi nach dem fünfzigsten Geburtstag des Führers eine Übereinkunft getroffen hätten. Jedes Mal, wenn es ihm gelungen war, ein Dessert zuzubereiten, das Eva Brauns sexuelles Interesse und ihre Lust anfachte, sodass Hitler sein Glied gebrauchen und sich wie ein ordentlicher Mann fühlen konnte, bekam er die Erlaubnis, im Archiv der Gestapo mit den umfassenden Listen der Gefangenen in den verschiedenen Konzentrationslagern zu blättern und zwei Namen auszuwählen. Diese Personen sollten umgehend freigelassen werden. Auf die Frage des Richters, ob es ein bestimmtes Rezept gegeben habe, dem so viele Menschen ihr Leben verdankten, antwortete er lächelnd: »Fünf Sechstel dunkle Schokolade, der Rest Lakritz, gewürzt mit einer Prise Anis. Das funktionierte immer.«
    Viele Jahre später verkaufte Frombichler sein Schokoladenrezept an die in Zürich beheimatete Firma Lindt & Sprüngli und wurde zu einem wohlhabenden Mann. Er zog sich ins Burgenland zurück, wo er sein Elternhaus kaufte, nicht weit von Schloss Biederhof entfernt. Doch seine Schokolade, die die Firma Eva B nannte, kam niemals auf den Markt. Sie wurde von den Schweizer Gesundheitsbehörden verboten.
KOLYMA
    Es gibt noch etwas, das dieser Geschichte hinzuzufügen ist. Es betrifft Hauptmann Lew Kopelew. Als der Krieg ausbrach, meldete er sich freiwillig bei der Roten Armee. Seine Vorgesetzten hatten schon früh die Gelegenheit, seine Intelligenz, seine Entschlossenheit und seinen Mut schätzen zu lernen. Dass er fließend Deutsch sprach und einen Sinn für Diplomatie hatte, wurde zu einem großen Plus, als Hitlers Kriegsglück sich wendete und Stalins Truppen auf Berlin stürmten. Kopelew bekam die Aufgabe, die gefangen genommenen Offiziere zu verhören. Wenige andere Verhörleiter beherrschten die deutsche Sprache gut. Diesen Mangel kompensierten viele von ihnen mit den Fäusten. Einige verwendeten Gewehrkolben. Manche versuchten, ihren Vorgesetzten zu imponieren, indem sie Menschen, die sie verhören sollten, totschlugen, besonders wenn diese einen geringeren Rang hatten. Nicht so Kopelew. Er war immer freundlich und behandelte die Deutschen mit Respekt. Er wendete nie Gewalt an, weder physische noch psychische, und ließ sich mit den Kriegsgefangenen nicht auf politische Diskussionen ein. Hingegen sprach er bei den Verhören gern über die Musik Wagners. Er liebte Wagner, auch wenn er einige Partien als schwülstig und emotional manipulierend empfand. Leise und ohne sich aufzuplustern demonstrierte er eine tiefe Einsicht in die Opern, in denen die Tonsprache und Dramenästhetik des Meisters ihre Vollendung gefunden hatten:
Tristan und Isolde, Parsifal
und die
Meistersinger
. Die Verhöre entwickelten sich zu kultivierten Gesprächen. Indem er sich anders verhielt, als es in solchen Zusammenhängen gemeinhin üblich war, gelang es ihm, das Vertrauen sogar der widerwilligsten Feinde zu gewinnen. Vor allem höhere Dienstgrade von aristokratischer Herkunft konnten sich nicht zurückhalten und offenbarten ihm sogar Geheimnisse der Wehrmacht. Kopelew wurde von den Vorgesetzten gelobt und bekam mehrere Tapferkeitsmedaillen verliehen. Sein Erfolg weckte allerdings den Neid seiner Kollegen. Es begannen merkwürdige Gerüchte über ihn zu kursieren. Zunächst war es ein Flüstern, doch mit der Zeit wurden die Angriffe offener, direkter. Die Anklagen waren schwerwiegend. Seine Verhörmethoden wurden kritisiert. Seine Vaterlandsliebe wurde in Zweifel gezogen. Einige meinten, er stünde auf allzu freundschaftlichem Fuße mit führenden deutschen Militärs. Andere behaupteten, sie hätten Kopelew, der aus Kiew stammte, über Holodomor sprechen hören, die Hungerkatastrophe in der Ukraine, die 1932 bis 1933

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