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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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ausschließlich eine Arbeit für Gärtner«, sagte der Gärtner. Mit rotierenden Messerwalzen und eine mächtige Sense teleskopartig ausfahrend, griff er die Schildkröte an.
    Die groben Waffen vermochten nichts gegen die Panzerung der Schildkröte auszurichten. Immerhin begriff diese, daß ihre Untersuchung einen toten Punkt erreicht hatte.
    »Wir werden Charles Gunpat fragen, was wir tun sollen«, sagte sie. »Kommt mit.«
    »Charles Gunpat ist in einer Konferenz«, sagte der Wachroboter. »Charles Gunpat will in der Konferenz nicht gestört werden. Darum dürfen wir Charles Gunpat nicht stören.«
    »Darum müssen wir auf Charles Gunpat warten«, sagte die Metallschildkröte unerschütterlich. Sie führte die anderen Maschinen nicht weit an Smithiao vorbei; sie alle erkletterten die Treppe und verschwanden im Haus.
    Smithiao mußte die Kaltblütigkeit des wilden Mannes bewundern. Es war ein Wunder, daß er noch lebte. Hätte er einen Fluchtversuch gemacht, wäre er sofort getötet worden. Das war eine Situation, mit der fertigzuwerden die Roboter gelernt hatten. Auch sein Reden hätte ihn nicht gerettet, wäre er nur einem einzigen Roboter begegnet, denn diese Maschinen waren geradlinig und zielbewußt denkende Wesen.
    Logik. Das war das Problem. Die Roboter verfügten nur über Logik. Der Mensch besaß Logik und Intelligenz; damit kam er besser zurecht als seine Roboter. Nichtsdestoweniger verlor er seinen Kampf gegen die Natur. Und die Natur – wie die Roboter – arbeitete nur mit Logik. Es war ein Paradoxon.
    Sobald die Maschinen im Haus verschwunden waren, rannte der wilde Mann über die Rasenfläche und sprang die Treppe hinauf zu dem Mädchen. Smithiao versteckte sich hinter einer Buche, um ihnen näher zu sein. Er fühlte sich wie ein Übeltäter, weil er sie ohne zwischengeschalteten Bildschirm beobachtete, aber er vermochte sich nicht loszureißen. Der wilde Mann hatte jetzt die Terrasse erreicht und näherte sich langsam Ployploy.
    Sie sprach zuerst.
    »Du warst sehr findig«, sagte sie zu ihm. Ihre weißen Wangen waren jetzt rosa überhaucht.
    »Ich war ein Jahr lang findig, um zu dir zu kommen«, sagte er. Nun, da er am Ziel seiner Wünsche war, stand er hilflos und verlegen da. Er war ein dünner junger Mann in abgetragenen Kleidern und mit einem ungepflegten Bart. Seine Augen schweiften keinen Augenblick von Ployploy ab.
    »Wie hast du mich gefunden?« fragte Ployploy. Smithiao hatte Mühe, ihre Stimme zu hören.
    »Es war wie ein Instinkt – als hörte ich dich rufen«, sagte der wilde Mann. »Um die Welt ist es schlimm bestellt. Vielleicht bist du die einzige Frau auf Erden, die liebt; vielleicht bin ich der einzige Mann, der darauf antworten kann. So bin ich gekommen. Es war natürlich. Ich konnte mir nicht helfen.«
    »Ich habe immer geträumt, daß jemand kommen würde«, sagte sie. »Und seit Wochen habe ich gefühlt – gewußt, du würdest kommen. Ach, mein Lieber …«
    »Wir müssen uns beeilen, meine Geliebte«, sagte er. »Ich habe einmal mit Robotern gearbeitet – vielleicht konntest du sehen, daß ich sie kenne. Wenn wir hier herauskommen, habe ich eine Flugmaschine, die uns wegbringen wird – irgendwohin, vielleicht auf eine Insel, wo es nicht so trostlos ist. Aber wir müssen gehen, bevor deines Vaters Maschinen zurückkommen.« Er tat einen Schritt auf Ployploy zu.
    Sie hob ihre Hand. »Warte«, bat sie ihn. »Es ist nicht so einfach. Du mußt etwas wissen … Das – das Paarungszentrum hat mir die Zuchterlaubnis verweigert. Du solltest mich nicht anrühren.«
    »Das Paarungszentrum ist mir egal«, sagte der wilde Mann. »Ich hasse alles, was mit dem herrschenden Regime zu tun hat. Seine Gesetze können uns nicht hindern, glücklich zu sein.«
    Ployploy verkrampfte die Hände hinter ihrem Rücken. Die Farbe war aus ihren Wangen gewichen. Ein Windstoß überschüttete sie mit trockenem Herbstlaub.
    »Es ist so hoffnungslos«, sagte sie. »Du verstehst nicht…«
    Seine Hilflosigkeit war mitleiderregend. »Ich habe alles aufgegeben, um zu dir zu kommen«, sagte er. »Mein einziger Wunsch ist, dich in meine Arme zu nehmen.«
    »Ist das alles, wirklich alles, was du auf dieser Erde erhoffst?« fragte sie leise.
    »Ich schwöre es.«
    »Dann komm und berühre mich«, sagte Ployploy.
    Smithiao sah Tränen in ihren Augen glitzern, hell wie Regentropfen. Der wilde Mann hob zögernd seine Hand, um ihre Wange zu streicheln. Sie stand still und mit erhobenem Kopf auf der grauen Terrasse.

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