Das Ende Der Ausreden
Pläne gelingen werden. So gewinnen sie Menschen und führen Projekte zum Erfolg. Als Angestellte sind sie langfristig selten kompatibel mit Organisationen, früher oder später steigen sie aus und machen ihre eigene Show. Sie sind geborene Unternehmer. Alle sind disziplinierte, oft harte Arbeiter, manche arbeiten immer, rund um die Uhr, und das ist völlig in Ordnung für sie. Sie kämen nicht auf die Idee, sich hängen zu lassen, da muss das Bein schon gebrochen oder die Bandscheibe verrutscht sein.
Ihr Wunsch nach Selbstbestimmung ist enorm und nimmt manchmal übertriebene Formen an – schon ein Verkehrsschild kommt ihnen wie eine Einschränkung ihrer Persönlichkeitsrechte vor. Sie fliegen jedes Flugzeug, egal, ob sie am Steuer, in der Mitte oder in der letzten Reihe sitzen. Sie müssen nahezu alles kontrollieren. Das entspricht oft nicht ihrer Selbsteinschätzung, stehen doch Freiheit und Selbstbestimmung ganz weit oben in ihrer Werteskala. Aber die Menschen in ihrer Umgebung erleben es täglich, wie die Bosse sanft, nachdrücklich oder ungehalten versuchen, jeden in ihrer Nähe zu steuern. Sie argumentieren, dass einem schwindlig werden kann. Sie setzen sich ein und sie setzen sich durch. Anders kennen sie es kaum.
Ordnung spielt oft eine große Rolle. Viele Bosse sind für ihre innere auf eine äußere Ordnung angewiesen, sie sind bis zur Pedanterie auf Symmetrie, Übersicht, Funktionalität und Struktur ausgerichtet.
Ihre Welt zerfällt in Clan und Nicht-Clan. Wer zu ihrem Clan gehört, findet uneingeschränkte Unterstützung, lebenslange Treue und jede Fürsorge, die man sich wünschen kann. Wer nicht zum Clan gehört, kann auf Höflichkeit setzen, nicht aber auf Rücksichtnahme oder gar Hilfe – außerhalb des Clans gilt Bedürftigkeit als Schwäche.
Sie reagieren aus dem Bauch und haben wenig Distanz zu ihren Impulsen. Sie stellen sie nicht infrage, sie fühlen sich im Recht. Die meisten geben viel auf ihre Intuition, nicht immer liegen sie richtig. Dann eben eine Kehrtwendung. Auch gut.
Einen Boss zu kritisieren, wagt kaum jemand. Da sie Kritik wie Verrat empfinden, fällt die Reaktion entsprechend heftig aus. Und dann lässt man es eben lieber, zumal ihre Bereitschaft, einen Fehler einzugestehen, gegen null tendiert. Nicht, weil sie es nicht zugeben wollen, sondern weil sie es nicht sehen. Sie selbst wissen, dass sie in guter Absicht gehandelt haben, das ist das Wichtigste. Wenn das Ergebnis nicht plangemäß war? Das kann passieren, ist aber kein Grund, ihr Motiv in Zweifel zu ziehen. So würde es sich aber für sie anfühlen, wenn sie sich entschuldigen. Also argumentieren oder wischen sie einen Einwand vehement weg. Die Formulierung »um Verzeihung bitten« ist sowieso außerhalb der Welt. Auf die Dauer kann sich das idealisierte Bild von sich selbst und die Einschätzung der anderen riskant verhärten.
Ich habe lange gebraucht, um diesen Widerspruch zu verstehen: Bosse können austeilen, dass es nur so scheppert (dazu müssen sie gar nicht schreien), sind aber unverhältnismäßig empfindlich bei Kritik. Für sie ist es schwer, sich verletzlich zu fühlen; sich verletzlich zeigen : ausgeschlossen. Sie haben die Erfahrung gespeichert, dass es wirklich gefährlich war, sich schwach zu zeigen und zu öffnen. Ihr Körpergedächtnis sagt ihnen, dass das ausgenutzt wird und sie echten Schaden nehmen könnten.
Zwischentöne sind nicht ihr Metier, ein Superlativ muss es schon sein. Sie sind total begeistert, oder es war völlig unmöglich. Fast alle sind blendende Erzähler.
Ein wichtiges, wenn nicht das Thema, ist ihre Aggressivität. Sie in den Griff zu bekommen, ist eine zentrale Aufgabe für die Menschen dieses Musters. Ihre Wucht zunächst erst einmal angemessen wahrzunehmen, der Beginn. Sie unterschätzen sie in der Regel massiv, merken gar nicht, wie verurteilend, dogmatisch und verletzend sie oft sind. Sie bemerken es nicht, weil sie sich von ihrer eigenen Empfindsamkeit so stark abgeschnitten haben, dass ihre Einfühlung in andere mit auf der Strecke geblieben ist. Das fällt ihnen oft schwer anzuerkennen, sie verwechseln ihre enorme Großzügigkeit und Fürsorge mit Empathie.
Tatsächlich haben sie als Kinder oft massive Beeinträchtigungen ihrer Selbstbestimmung erlebt, autoritäre Strenge, Übergriffe, Ungerechtigkeit. Und sich davon innerlich so distanziert und in Folge abgepanzert, dass sie nur noch das Ergebnis – ihre nahezu unverwundbare Rüstung – sehen und sie für Stärke
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