Das Ende Der Ausreden
Zeit. Sie weigern sich, anzuerkennen, dass ihre Friedfertigkeit und Problemrelativierung auch Schwierigkeiten erzeugen können, für sie selbst und die anderen.
Das erste Gebot der Vermittler lautet: »Ich darf mich nicht trennen!« Sie sind damit aufgewachsen, dass man sich nicht streiten, nicht abgrenzen und exponieren soll. Dass man zusammengehört und zusammenbleibt. Und so vermeiden sie Streit, wo immer es geht. Sich auf andere einstellen, zurücknehmen, kooperieren, ausgleichen – das ist ihr Metier. Solange es eben geht. Probleme bleiben unbearbeitet, die relativierten eigenen Wünsche unerfüllt. Manchmal wird auf genau diese Weise langfristig die Trennung unvermeidbar. Und dann überraschen sie ihre Umwelt damit, dass sie eine – für die anderen völlig unerwartete – Entscheidung treffen oder Kehrtwendung machen. Ohne vorherige Abstimmung oder Vorwarnung. Trennungen verlaufen nicht selten dramatisch und langwierig, die verlassenen Partner können es nicht glauben, sie fühlen sich durch die Jahre ungestörter Harmonie, die abrupt endet, massiv getäuscht.
Vermittler sind meist keine Menschen für den ersten Blick. Sie kommen zurückhaltend und oft unscheinbar in den Raum, machen keinen Paukenschlag, kaum dass sie eine Triangel dabei hätten. Sie legen keinen Wert auf Image, sie würden sagen: auf Äußerlichkeiten. Ihre Büros sind oft reine Zweckräume, kein Bild, kein Statussymbol, aber der PC auf dem neuesten Stand. Dass es den Inhalt nicht schlechter macht, wenn man ihn gut präsentiert, können sie zwar einsehen, vergessen es aber schnell wieder.
Vermittler wollen sich üblicherweise nicht gerne mit sich selbst beschäftigen. Eine Analyse ihres Inneren erscheint ihnen wenig sinnvoll – so wichtig nehmen sie sich nicht, und sie glauben auch nicht, dass das viel bringt.
Es ist erstaunlich, wie viele Argumente ihnen einfallen, um zu begründen, dass sie sich jetzt nicht aufregen, etwas ändern, etwas fürchten oder infrage stellen müssen. Damit haben sie oft recht. Und oft machen sie sich etwas vor.
Was im Einzelfall wirkliches In-sich-Ruhen ist und was Passivität, ist eine wichtige Unterscheidung für Vermittler: ob es eigentlich darum geht, dass sie sich nicht aufregen wollen , oder ob es wirklich nichts zum Aufregen gibt. Sich früh genug auch in den Fragen kleinerer oder mittlerer Reichweite auseinandersetzen zu lernen, würde sie als Partner greifbarer machen und kann eine bessere Investition in die Stabilität der Beziehung bedeuten, als sie es glauben mögen.
Während die Perfektionisten lernen müssen, das zu sehen, was schon gut ist, benötigen die Vermittler für ihre nächsten Schritte die Bereitschaft, ein Problem als Problem anzuerkennen. Wenn sie ihre Gelassenheit in Anerkenntnis – statt Leugnung – dieses Problems nutzen können, dann bekommt ihre Ruhe noch viel mehr Kraft.
16 Die Apokalypse: Wohin uns Ausreden führen, wenn wir einfach so weitermachen
Sie haben das Kapitel über die neun Typen gelesen. Nehmen wir an, Sie haben sich selbst gefunden, haben hier geschmunzelt, da gezuckt und dort protestiert. Haben es vielleicht erstaunlich gefunden, dass man Sie so gut kennt? Jedenfalls haben Sie einiges bestätigt gefunden, was Sie schon wissen oder öfter gehört haben. Und mancher Aspekt war vielleicht auch neu, neutral, erhellend, unangenehm oder fremd. Mag sein, dass Sie erst in ein paar Tagen genauer wissen, was Sie wirklich davon halten sollen. Es könnte sein, dass Sie die Versuchung verspüren, jetzt eine neue Form von Ausreden anzuführen: »Ich kann gar nicht geduldiger sein, ich bin nämlich ein Dynamiker.« Oder: »Ich kann nicht Nein sagen, das widerspricht der Natur des Helfers.« »Wir Genießer sind eben so, lass mal gut sein!« Oder oder. Das wäre zwar nicht Sinn der Sache, aber verführerisch ist es schon.
Ehe wir uns der Frage widmen, wie Sie sich von Ihrem Muster emanzipieren und damit als Mensch und Persönlichkeit weiterentwickeln können, lassen Sie uns noch einmal die Alternative prüfen, die wir im Leben immer haben – nämlich weitermachen wie bisher. Wie das ja wohl die meisten Leute tun.
Verschiedene Gedanken könnten Ihnen kommen:
Eigentlich ist ja alles gar nicht so schlecht. Ihr Muster funktioniert: Was Sie tun, fühlt sich richtig und plausibel an. Sie sind erfolgreich. Vielleicht gelingt nicht alles zu hundert Prozent, aber im Großen und Ganzen ist die Welt in Ordnung. Nichts beunruhigt Sie. Gelegentlich streiten Sie, über manche
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