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Das Ende Der Ausreden

Titel: Das Ende Der Ausreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Roser
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Sachen auch regelmäßig, aber gut, wer tut das nicht? Ihre kleinen Macken sollte man Ihnen schon zugestehen. Sie sind, wie sie sind. Ihre Überzeugungen sind erprobt, ein bisschen besser Bescheid als andere wissen Sie halt schon … Ihre Inszenierung entspricht Ihnen: Sie fallen auf oder fallen nicht auf, fahren das richtige Auto, also das sportlich angesagte oder ökologisch unbedenkliche oder das vor allem praktische (»Es muss nur fahren«).
    Sie haben sich für das Berufsleben eine Fassade zugelegt, mit der Sie zeigen, was Sie zeigen wollen, und verbergen, was Sie verbergen wollen. Sie können im Small- oder alternativ im Betroffenheits-Talk mitreden. Auch im Privaten geben Sie manche Ihrer Seiten gerne preis, und andere behalten Sie für sich. So kommt man durchs Leben.
    Was soll daran falsch sein? Solange sich für Sie das Ego gut anfühlt, wo ist das Problem? Wenn die Fassade funktioniert, warum sie beschädigen? Und dann diese Rückbesinnung: Wozu dieses Lecken an alten Kamellen, die Kindheit kann doch nicht ewig herhalten müssen, Sie sind doch längst viel weiter. Und ob das wirklich so kommen muss mit der Eskalation im Alter? Das kann man sicherlich bezweifeln, es sind doch nicht alle Alten verschroben, einsam und verzweifelt in ihrer Apokalypse gelandet. Im Grunde sind Veränderungen doch nur sinnvoll, wenn man mit dem eigenen Leben unzufrieden ist. Das sind Sie aber gar nicht! Selbstbestimmung, mehr Flexibilität, mehr innere Freiheit, die Chance eines umfassenderen Verständnisses – das klingt gut, aber ist es notwendig?
    Okay, alles klar. Wenn Sie jetzt an diesem Punkt sein sollten, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder Sie klappen das Buch zu und lesen es in einer anderen Phase Ihres Lebens noch einmal neu und weiter. Im Moment kann ich schreiben, was ich will, Sie werden es nicht auf sich beziehen. Die Vorteile Ihres bisherigen In-der-Welt-Seins sind ganz offenkundig stärker als die Verlockung eines anderen Lebens. Und das ist ganz in Ordnung.
    Oder aber: Sie schauen sich einmal tief in die Augen und prüfen, wie viel Ausredenenergie Sie gerade ins Spiel bringen. Ob Sie diese Fragen nur stellen, um am Gewohnten festhalten zu können – entgegen einer leisen inneren Gewissheit, dass es Zeit wäre, einige Themen anzugehen. Lächeln Sie sich freundlich an, loben Sie sich für Ihre Fähigkeit, so schöne Ausreden zu erfinden und sie dann doch entzaubern zu können – und lesen Sie weiter.

Warum sollten wir schon heute mit unserer Zukunft beginnen?
    Es ist zweifellos eine legitime und sinnvolle Frage, warum man an etwas rühren sollte, das erfolgreich ist. Die Antwort lässt sich im Moment nur aus Prognosen, also Vermutungen über die Zukunft, ableiten. Was heute funktioniert, wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht immer funktionieren. Die Welt verändert sich, auch meine kleine Welt verändert sich. Wenn ich mein ganzes Leben lang immer dasselbe Programm abspiele, mein Repertoire keine Erneuerung erfährt, dann könnte sein, dass ich irgendwann nicht mehr passe. Und wenn sich der Erfolg mit den alten Methoden nicht mehr so einstellt wie früher, schleicht sich ungewohnte Unsicherheit in den Nacken, und damit lernt es sich schlecht. Unter Stress greifen wir stets zu dem, was wir am besten können. Und das wäre ja genau das, was wir variieren und aufgeben müssten. Eine denkbar heikle Kombination.
    Eine wesentliche Klippe wartet auf uns alle: der Zeitpunkt, an dem man uns die vertraute Bühne wegnimmt. Egal, wie die Bühne heißt.
    Es mag die berufliche sein, auf der ich als Experte, Führungskraft, Überzeugungstäter unterwegs bin. Und dann kommen irgendwann die, die gestern noch die jungen Hüpfer waren, nach und werden befördert. Vielleicht bekomme ich einen von ihnen sogar als Chef vor die Nase gesetzt. Und leide daran, dass jemand meint, mir sagen zu müssen, was ich schon längst besser weiß. Ich gehe in den Ruhestand und werde verrückt, weil nicht mehr jeden Tag zehn Termine zu koordinieren, Gespräche zu führen und Aufgaben zu lösen sind.
    Oder die familiäre Bühne, auf der ich meine Rolle ausfülle und spiele, die liebevolle, facettenreiche, machtvolle Mutter etwa, die Hüterin und Lenkerin der kleinen Familie oder der großen Sippe. Oder der Respekt gebietende Vater, den man um alles fragt. Und dann ziehen die Kinder aus. Und wollen nicht im oberen Stockwerk wohnen, das wir extra für sie ausgebaut haben. Und studieren komisches Zeug. Und dann? Wie finde ich jetzt meine neue

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