Das Ende der Geduld
zur Bekämpfung der »Schuldistanz«
Das Jugendamt und die Schule müssen strukturell und konzipiert zusammenarbeiten. Es sollte meiner Meinung nach jeder Schule ein Jugendamtsmitarbeiter zugeordnet werden, der dort auch ein Büro hat und in regelmäßigen Abständen in der Schule erscheint, um mit den Lehrkräften die Problemfalle zu erörtern. Daran anschließend hat ein Abgleich mit den beim Jugendamt vorliegenden Erkenntnissen zu erfolgen. Kommen zur Schuldistanz noch weitere Risikofaktoren hinzu, ist umgehend eine Familienhilfe zu installieren. Kooperieren die Eltern nicht, darf auf § 1666 BGB hingewiesen werden. Die Vorschrift bestimmt bei Gefahrdung des körperlichen, seelischen oder geistigen Wohls des Kindes und gleichzeitig nicht vorhandenem Elternwillen, die Gefahr abzuwenden, dass das Familiengericht, das dann umgehend mit dem Fall befasst werden sollte, die notwendigen Maßnahmen zu treffen hat, um der Gefahrdung des Kindeswohls entgegenzuwirken. Hierzu gehört die Verpflichtung der Eltern, Hilfen anzunehmen, und das Gebot, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen. Den Eltern kann vom Gericht aufgegeben werden, sozialpädagogische Einzelbetreuung in Anspruch zu nehmen oder das Kind in eine Tagespflege zu geben, wenn die Betreuung nicht angenommen wird, und schließlich kann das Personensorgerecht für das Kind teilweise auf das Jugendamt oder einen Pfleger übertragen werden. Sozusagen als letzte Eskalationsstufe kann es auch zu einer Entziehung des Aufenthaltsbestimmungs- oder des gesamten Sorgerechts kommen. Von letzterem Mittel ist sicherlich nur im äußersten Fall Gebrauch zu machen. Dennoch sind alle Maßnahmen angemessene Mittel, den Eltern zu verdeutlichen, dass sie sich am Fortkommen des Kindes zu beteiligen haben und es neben dem grundgesetzlich durch Art. 6 GG geschützten Elternrecht auch Elternpflichten gibt. Ebenfalls aus Art. 6 GG folgt schließlich das staatliche „Wächteramt". Der Staat hat die Kinder notfalls vor ihren Lebensbedingungen zu schützen.
Ich spreche mich immer wieder und auch hier für die Einführung geschlossener Unterbringungsmöglichkeiten für absolute Härtefalle aus, bei denen nichts mehr hilft - man denke an die Kinder der „arabischen" Großfamilien. Ansonsten wachsen die Kinder weiterhin in einem katastrophalen Umfeld auf, dem sie niemals entrinnen können. Natürlich meine ich nicht die Heimerziehung im Stile der fünfziger und sechziger Jahre, bei der es überwiegend um Verwahrung ging. Die Überlegungen sollten sich darauf richten, internatsähnliche Betriebe aufzubauen, die eine gesunde Mischung aus Lernen mit praktischem Bezug und Freizeitgestaltung bieten. Nahezu jedes Kind hat Talente. Wenn man sich die Mühe macht, diese zu finden und zu fördern, wird man Erfolge erzielen. Ohne Grenzsetzung und geregelten Tagesablauf überlassen wir Kinder aus schlimmsten Verhältnissen dagegen ihrem zwangsläufigen Schicksal. Berlin hat seit Herbst 2009 das erste sogenannte Schulschwänzerinternat „Leben und Lernen". Es bietet gegenwärtig 16 Schülerinnen und Schülern, bei denen noch nicht Hopfen und Malz verloren sind, die Möglichkeit, die gesamte Woche über in der Einrichtung zu bleiben und das Wochenende zu Hause zu verbringen. Das Angebot kann auf 48 Plätze gesteigert werden. Das Internat ist keine geschlossene Einrichtung und deshalb für Härtefälle nicht geeignet. Es richtet sich an gefährdete Familien, bei denen aber kein „Drehtüreffekt" zu erwarten ist. Damit ist gemeint, dass die Kinder die Einrichtung durch die Vordertür betreten und durch die Hintertür gleich wieder verschwinden. Man vermeidet mit dieser Vorgehensweise sicher in vielen Fällen das unsägliche Herumreichen gefährdeter Schüler von einer Einrichtung in die nächste.
Die Zurückhaltung einiger Schulen und Jugendämter gegenüber einer Zusammenarbeit mit der Polizei ist unzeitgemäß. Hier sind, zumindest in zugespitzten Lagen, gegenseitige Informationsflüsse unabdinglich. Ein Kind, das mehrfach bei der Polizei aufgefallen ist, hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch schulische Probleme, die oft auch in strafbaren Handlungen innerhalb der Schule zum Ausdruck kommen. Diese müssen meiner Meinung nach alle angezeigt werden. Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Berliner Schulen teilen mir zunehmend mit, dass sie bislang häufig versucht haben, selbst Gewaltvorfälle mit den eigenen pädagogischen Mitteln zu lösen, hier aber inzwischen an ihre Grenzen stoßen. Die
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