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Das Ende der Geduld

Das Ende der Geduld

Titel: Das Ende der Geduld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Heisig
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Viele Forderungen wurden erhoben: bessere Schulen, psychologisch geschulte Lehrer, Sozialarbeiter mit passendem Migrationshintergrund. Ein Vater, der nach eigenem Bekunden elf Kinder hat, schwang seine Gebetskette und äußerte, seine Töchter seien seine Ehre. Bildung für die Mädchen kam in seinen Plänen nicht vor. Eine sächselnde Konvertitin erwiderte ihm daraufhin, man sei als Muslima nicht in der Pflicht, arabische Männer zu bedienen, und selbstverständlich schicke sie ihre Tochter in die Schule.
    Insgesamt habe ich aus den beiden Veranstaltungen den Eindruck mitgenommen, dass die türkischen Mitbürger deutlich problembewusster und ansprechbarer sind als die arabischen Eltern. Sie scheinen hinsichtlich des Integrationsprozesses bei allen Unzulänglichkeiten „eine Generation weiter" zu sein. Auf ihnen ruht meine Hoffnung, bei der Reduzierung der Schulprobleme in absehbarer Zeit erfolgreich zu sein.
    Ich habe darüber hinaus beschlossen, die Elternarbeit fortzusetzen, jedoch kleinteiliger vorzugehen. Um speziell an die libanesischen Familien heranzutreten, ist es erforderlich, in die Verbände und Vereine zu gehen, um so mit einigen wenigen in einen intensiveren Austausch zu kommen. Das tue ich. Es ist jedoch von vornherein offenkundig, dass der Staat nicht in der Lage ist, den Bedürfnissen der arabischen Community im gewünschten Umfang nachzukommen. Es ist auch nicht seine Aufgabe. Er kann nur durchdachte und vernünftige Rahmenbedingungen schaffen. Deshalb dienen meine Zusammenkünfte mit diesem Teil der Bevölkerung ebenso dazu, diese Tatsache zu vermitteln. Hier müssen sich die Menschen, die teilweise schon viele Jahre unter uns leben, bewegen und von ihrer Anspruchshaltung Abstand nehmen.
    Inzwischen habe ich viele weitere Schulen besucht. Stets wird nicht von der Schule, sondern von Kazim Erdogan eingeladen. Er ist Mitarbeiter der psychosozialen Dienste beim Bezirksamt Neukölln, aber eigentlich ist er viel mehr. Er betreut zahlreiche Projekte zur Förderung der Integration. Besonders fasziniert mich seine „Männergruppe". Dort treffen sich türkische Männer, um über ihre Probleme mit der eigenen Gewalttätigkeit gegenüber ihren Frauen und Kindern zu sprechen. Kazim Erdogan ist ein regelrechter Workaholic, der gut zu meinem Arbeitsstil des Hingehens und Anpackens passt. Ohne ihn wäre ich zu der präventiven Elternarbeit schlicht nicht imstande. Er kennt die Menschen im Kiez durch seine Arbeit im Amt und seine zahllosen Aktivitäten. Dementsprechend erscheinen zu den Elternveranstaltungen mehr Mütter und Väter, als ich es sonst erlebe. Leider nehmen die arabischen Familien auch hier wieder nicht teil. Die türkischen Eltern erzählen mir, die „Araber" hielten sich inzwischen für etwas Besseres. Sie sähen sich in der „Hackordnung" an den Schulen ganz oben. Darunter kämen die „Türken", dann die „Zigeuner" (gemeint sind die seit dem EU-Beitritt Rumäniens in Berlin stark vertretenen Sinti und Roma), und ganz unten befänden sich die Afrikaner. Ich bin erstaunt, das zu hören, erhalte diese Informationen aber immer wieder.
    Insgesamt ist mir natürlich bewusst, dass man mit solchen Zusammenkünften keinen großen Durchbruch erzielt, aber ich hoffe auf einen SchneeballefFekt. Die Mütter sind untereinander bekannt und sprechen viel über die Kinder, wie es sicher alle Frauen auf der Welt tun, die Mütter sind. Kazim Erdogan sagt am Ende der Gespräche jedenfalls immer, er verlange, dass jede Frau, die heute anwesend war, beim nächsten Mal eine Nachbarin mitbringt. Er darf das so formulieren.
    Zurück zu den Vorschlägen konzeptioneller Art: In den Lehrplan der Schulen sollte meines Erachtens das Erlernen von Sekundärtugenden aufgenommen werden. Gemeint sind hiermit: Pünktlichkeit, Ordnung, Fleiß, Pflichtbewusstsein und gegenseitige Rücksichtnahme - Verhaltensweisen, die von großer Bedeutung sind, um sich zum Beispiel erfolgreich für einen Praktikumsplatz oder später eine Ausbildung bewerben zu können. Mir ist klar, dass hier mehr der Bereich der Erziehung betroffen ist. Diese sollte im Elternhaus stattfinden, jedoch denke ich, dass die Schule die Kinder auch auf die unmittelbar anschließenden Bewerbungssituationen vorbereiten könnte.
    In diesem Zusammenhang wäre es auch wünschenswert, die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und der Wirtschaft zu verstärken. Hier sind sämtliche Unternehmen gefragt. Die Jugendlichen müssen bereits während der Schulzeit den Eindruck

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