Das Ende der Geschichten (German Edition)
ich noch ein paar Regale und ein, zwei Teppiche. Es fühlte sich an, als gehörte es mir bereits. Schon wollte ich gar nicht mehr nach Hause zurück.
«Ich finde es wunderschön», sagte ich. «Kann ich mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen?»
«Klar, allerdings kommen heute Nachmittag um vier noch ein paar Leute vorbei, um es sich anzusehen. Ich kann ihnen natürlich sagen, dass ich dir ein Vorrecht eingeräumt habe, aber dann müsstest du mir morgen früh Bescheid geben. Tut mir leid, wenn ich dich damit unter Druck setze, aber solche Dinge gehen anscheinend immer ziemlich schnell.»
«Eigentlich muss ich gar nicht groß darüber nachdenken», sagte ich. «Würdest du es mir denn vermieten wollen?»
«Nur zu gerne.» Er strahlte.
«Brauchst du irgendwelche Bürgschaften oder so etwas?»
«Nein. Ich kenne dich doch. Kannst du die Miete für diesen Monat im Voraus zahlen?»
«Ja, klar. Und das Feuerholz nehme ich auch dazu. Soll ich dir gleich einen Scheck ausstellen?»
Wir kehrten ins Pub zurück. Ich schrieb einen Scheck aus, und Andrew gab mir die Schlüssel.
«Auf dem Zettel steht zwar ‹Nebensaison›, aber eigentlich weiß ich überhaupt noch nicht, was ich mit dem Haus anfangen will», erzählte er. «Bis Juni kannst du es auf jeden Fall haben, vermutlich aber auch noch länger, wenn du willst. In zwei Jahren verkaufe ich es vielleicht oder baue es zu einem Ferienhaus um. Aber einstweilen können wir uns einfach von Monat zu Monat einigen.»
«Das ist toll. Ganz, ganz toll. Vielen Dank.»
Ich steckte die Schlüssel in die Tasche meines Anoraks. Mein Bier stand immer noch auf dem Tresen, wo ich es zurückgelassen hatte. Ich trank einen Schluck davon. Es schmeckte erdig und nach Moschus.
«Ach, Andrew», sagte ich. «Wo ich schon hier bin, würde ich dich gern was fragen, wenn du noch einen Moment Zeit hast.»
«Was denn?»
«Es geht um den Placebo-Effekt. Ich kann mich entsinnen, dass du auch irgendwann mal was darüber erzählt hast …»
Er nickte. «Ja. Was willst du denn wissen?»
«Also, ich habe gerade ein Buch gelesen, das im Wesentlichen besagt, jedes Medikament wirke besser, wenn man nur daran glaubt. Da hatte ich mich gefragt, wie ernst das zu nehmen ist?»
«Die Prozac-Geschichte hast du ja sicher gehört, oder?», fragte Andrew. «Die große Sensation.»
«Ja. Das fand ich wirklich verstörend. Mein Bruder nimmt es auch und sagt, es hat sein Leben völlig verändert. Wie kann es sein, dass er sich das eigentlich nur einbildet?»
Andrew zuckte die Achseln. «Ich glaube, viele Krankheiten finden hauptsächlich im Kopf statt. Vor allem Depressionen. Im letzten New Scientist stand ein Artikel darüber, dass Valium angeblich nur wirkt, wenn die Patienten auch wissen, dass sie es nehmen. Es gibt immer mehr Belege für den Placebo-Effekt. Bei der Marine habe ich das auch oft erlebt. Einmal hatte ein Sergeant eine Bronchitis, und mein Kommandeur erzählte mir, wir hätten ein neues Antibiotikum zum Ausprobieren bekommen. Angeblich sollte es stärker und wirksamer sein – solche komischen neuen Sachen hatten wir tatsächlich öfter. Ich gab dem Sergeant die Tabletten, und im Handumdrehen war seine Bronchitis weg. Erst sehr viel später hat mir mein Kommandeur eröffnet, dass irgendwer verbummelt hatte, die Kiste mit den Antibiotika an Bord zu bringen, und ich dem Mann deswegen abgelaufene Vitamintabletten gegeben hätte. Weiß der Himmel, wo die herkamen. Jedenfalls hatten wir Unmengen davon. Da habe ich den Placebo-Effekt zum ersten Mal selbst erlebt, und das hat mich sehr beeindruckt. Natürlich kann man den meisten Leuten nichts davon erzählen, weil sie einen sonst für verrückt halten. Und dann gibt es ja auch noch den Nocebo-Effekt. Hast du davon schon mal gehört?»
«Nein. Was ist das? Eine Art Umkehrung des Placebo-Effekts?»
«Ja, so ungefähr. Davon spricht man, wenn jemand denkt, er würde von etwas krank, obwohl das gar nicht stimmt. Man nimmt an, dass Voodoo-Zauber auf diese Weise funktioniert. Wenn jemand glaubt, er wäre verflucht und müsste sterben, dann passiert das auch. Es gibt unzählige Studien darüber.»
«Wie schafft man es nur, sich das alles zu erklären?» Ich trank von meinem Bier.
«Tja», meinte Andrew. «Vielleicht ist ja gerade das der springende Punkt.»
«Wie, dass man es sich eben nicht erklären kann?»
«Könnte doch sein, oder? Dann steht man natürlich vor dem Problem, wie man überhaupt noch medizinisch arbeiten soll. Wenn es
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