Das Ende der Geschichten (German Edition)
Abfolge von Substantiven auf einer Zeitschiene? Ein bisschen mehr als das musste es schon sein; die Vorstellung von Eichhörnchen begeisterte sie sichtlich, obwohl sie, wie ich Libby erzählt hatte, keine mehr jagte. Allerdings schien es sie ein wenig zu verwundern, dass die Eichhörnchen zwischen Dartmouth und dem Abendessen kamen, also änderte ich die Reihenfolge leicht ab: Josh, Eichhörnchen, Dartmouth, Abendessen . Diesmal winselte sie bei jedem Wort leise. Wahrscheinlich konnte ich nach all den Jahren der Beobachtung bald selbst ein Buch über Hundepsychologie schreiben.
Josh war der einzige Kunde im Papierladen, einem kleinen, etwas altmodischen Geschäft, das Papier, Füller, Druckbleistifte, Künstlerbedarf und Notizbücher verkaufte. Er stand mit dem Rücken zur Tür und schien ganz in die Betrachtung der Taschenkalender für 2008 vertieft zu sein, die im Sonderangebot waren. Ich sah, dass er zitterte, und hätte ihm gern die Hand auf den Rücken gelegt, fürchtete aber, ihn damit zu erschrecken. Er wirkte verletzlich, wie er so dastand in seiner sorgfältig gebügelten Jeans und seiner roten Uni-Kapuzenjacke.
«Hallo», sagte ich sanft.
«Ich kann mich nicht umdrehen», teilte er mir mit. «Aber ansonsten verhalte ich mich, glaube ich, ganz normal. Zumindest hat bisher noch keiner versucht, mich rauszuwerfen. Wie geht’s dir?»
«Ganz gut. Was ist denn passiert?»
«Schau mal zur Tür.»
Ich drehte mich um. Neben der Tür stand ein Drehständer mit Geburtstagskarten für Kinder, und ich sah sofort, wo das Problem lag. Man hätte meinen können, derjenige, der die Karten darin angeordnet hatte, habe das einzig und allein mit dem Hintergedanken getan, Josh größtmögliches Unbehagen zu bereiten. In der vertikalen Reihe, an der man auf dem Weg zur Tür vorbeimusste, steckten Karten mit großen bunten Geburtstagszahlen darauf: 6, 6, 6, 1, 3 und 7 von oben nach unten gelesen. Die 666 war für Josh die schlimmste denkbare Zahl, dicht gefolgt von der 13.
«Immerhin ist auch eine 7 dabei», sagte ich zu ihm.
«Das nützt auch nichts mehr. Großer Gott. Warum muss mir so was passieren? Ich wollte doch nur eine Geburtstagskarte für Dad kaufen. Normalerweise haben sie hier keine Geburtstagskarten für Kinder, deswegen bin ich ja hergekommen, aber jetzt kann ich nicht mehr raus. Womöglich muss ich für immer hierbleiben. Ich dachte, ich könnte den Ständer vielleicht einfach drehen, aber dann weiß ich ja trotzdem noch, dass sie da sind. Und außerdem kann ich dafür nicht nahe genug herantreten. Warum habe ich das bloß nicht schon beim Reinkommen gesehen? Ich bin so ein Zapfen.»
«Schon gut», beruhigte ich ihn. «Ich werde sie irgendwie forträumen.»
«Du willst sie anfassen?»
«Ja, das macht mir nichts aus.»
«Aber dann kommt ihr Fluch über dich.»
«Ach was.» Ich musste an den Nocebo-Effekt denken. «Wenn man nicht daran glaubt, können sie einem auch nichts anhaben.»
«Ich kann einfach nicht aufhören, daran zu glauben.»
«Ich weiß. Aber irgendwann schaffst du es.»
Josh seufzte. «Vielen Dank, dass du mir hilfst. Das bedeutet mir sehr viel.»
«Kein Problem.»
«Ich habe auch Milly eine Nachricht hinterlassen, aber ich weiß nicht, ob sie kommt. Sonst hat sie mir immer geholfen.»
Jetzt seufzte ich. «Tja. Wahrscheinlich ist das alles etwas komplizierter, jetzt, wo sie nicht mehr bei euch wohnt.»
«Stimmt.»
«Kommt so etwas denn häufig vor?», fragte ich.
Er zuckte die Achseln. «In letzter Zeit ist es etwas besser, aber meistens so einmal in der Woche.»
«Und dann rufst du immer Milly an?»
«Ja. Sie ist sehr einfühlsam. Sie versteht mich. Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll, wenn sie weggeht.»
«Wenn sie weggeht? Ich dachte, sie ist schon …»
«Ich meine, wenn sie nach London geht.»
«Sie geht nach London? Das wusste ich ja gar nicht.»
«Ja. Sie geht zurück zu ihren Eltern. Christopher wird sich freuen.»
«Ach Gott.»
Einen Moment lang betrachteten wir beide die Taschenkalender. Einer verzeichnete sämtliche heidnischen Feiertage sowie die Mondphasen, ein anderer zeigte Fotos von Pilzen und erklärte detailliert, wann man die verschiedenen Sorten wo finden konnte, und ein weiterer enthielt die Gezeitentafeln für die Küste von Devon. Ich nahm den Pilzkalender und schlug ihn wahllos auf. Ein Eintrag im Oktober informierte mich über den Grünen Knollenblätterpilz, der eine fatale Ähnlichkeit mit dem Wiesenchampignon aufweist, bis auf die
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