Das Ende der Geschichten (German Edition)
hat man in der Zweitwelt irgendwann nur noch das gesamte Periodensystem der Geister vereinigt, all die wahren Super-Wesen, die einfach keine Lust darauf haben, sich wie ein blöder Held zu verhalten: Und die könnten sich dann zu einem einzigen grundlegenden Geist zusammenschließen und den Omegapunkt entmachten. Aber es kommt mir eh schon ziemlich unwahrscheinlich vor, dass die elementaren Geister, die ja bei ihrer Wiederentstehung zu Wächtern des Universums werden, die Entwicklung des Omegapunkts überhaupt zulassen würden. Da hast du es also: ein Jenseits, das hoffentlich auch du besser findest als das von Newman.»
«Es ist tatsächlich besser als das von Newman», sagte ich. «Aber was hast du denn nur plötzlich gegen den Helden?»
«Tja, mir ist wohl klar geworden, dass ich nie einer werden kann.» Josh richtete den Blick auf die Wand, dann sah er mich wieder an. «Aber ich glaube, das ist eigentlich ganz gut so. Mir gefällt das, was Vi über Macht und Globalisierung und die Geschichten der westlichen Regierungen schreibt, mit denen sie sich als Helden im Kampf gegen den Terrorismus und weiß Gott was sonst noch stilisieren. Und außerdem hat sie recht damit, dass das Konzept des Helden von Grund auf paradox ist, vor allem in einer christlich geprägten Demokratie. Der Held ist jemand, der auch töten darf, um zu bekommen, was er will. Aber wer gibt ihm das Recht dazu? Das muss ja Gott sein, sonst würde sich schließlich jeder dieses Recht herausnehmen – was ja auch passiert, nur greifen dann andere Leute ein. Ein kulturell fundiertes Recht kann es auch nicht sein, weil Kulturen nicht beständig sind. Aber welcher Gott würde denn beschließen, dass die Menschen unterteilt werden in solche, die töten dürfen, und in solche, die sich töten lassen müssen? Ein Gott muss uns doch alle gleich lieben. Der Held kann also gar nicht existieren. Aber was hältst du nun von meiner Theorie? Hat sie dich überzeugt?»
«Ganz ehrlich?»
«Ja.»
«Ich finde, das hat Romanpotenzial. Schau dich mal ein Weilchen bei Orb Books um und dann schlag Claudia vor, eine Buchserie daraus zu machen. Ich bin sicher, das würde großartig.» Ich sah seine enttäuschte Miene. «Ach, Josh, du weißt doch, ich bin Schriftstellerin. Ich finde, Romane sind ein phantastischer Ort für solche Ideen. Das mit dem Romanpotenzial ist doch nicht abwertend gemeint. Und es ist noch nicht mal abwertend, dass ich finde, sie wären bei Orb Books gut aufgehoben. Nach all der Arbeit, die du da hineingesteckt hast, willst du doch sicher ein großes Publikum. Und zu den Paradoxien des Schreibens gehört auch, dass jeder sofort versucht, dich zu widerlegen, wenn du ein Sachbuch veröffentlichst, während alle Welt versucht, die Wahrheiten in deinem Werk aufzudecken, wenn du einen Roman schreibst.» Ich biss mir auf die Lippe. «Von allen Theorien über das Universum, die mir bisher begegnet sind, ist deine vermutlich die beste. Ganz im Ernst. Aber ich kann Theorien über das Universum nun mal grundsätzlich nicht akzeptieren. Ich finde, das Universum ist viel zu groß für Theorien.»
«Aber geht es im Leben nicht gerade darum, die großen Fragen zu beantworten?»
Ich schüttelte den Kopf. «Für mich geht es eher darum, herauszufinden, wie diese Fragen eigentlich lauten.»
Wir aßen unsere Pizzen auf. Josh wollte noch ein Eis zum Nachtisch, und es war auch noch Wein in der Flasche. «Hey», sagte ich. «Wenn du willst, kannst du deine Theorie mal auf etwas Seltsames anwenden, was mir passiert ist, und sehen, was dabei herauskommt.»
«Aber du glaubst doch nicht daran.»
«Kümmer dich nicht um mich. Ich glaube an gar nichts. Aber meine Geschichte wird dir sicher gefallen.»
«Dann schieß mal los.»
«Also gut. Du weißt doch, dass ich als Kind mit Rosa Cooper befreundet war, der bekannten Schauspielerin, die gerade gestorben ist und mit Drew zusammen war?»
«Nein, wusste ich nicht. Echt? Das ist ja komisch, dass sie dann mit Drew zusammengekommen ist.»
«Stimmt. Also, kurz nach ihrem Tod hatte ich einen sehr lebendigen Traum. Er war ungeheuer realistisch. Sozusagen. Zumindest schien mir der Inhalt während des Träumens sehr realistisch zu sein. Wir waren beide auf einer Art Astralebene, und sie hat mir sinngemäß erklärt, sie sei gar nicht tot, und mir auseinandergesetzt, wie sie ihren Selbstmord vorgetäuscht hat.» Ich erläuterte Josh die übrigen Details, inklusive Rosas Enthüllung ihrer inzestuösen Beziehung mit
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