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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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meiner Pizza war früher zumindest teilweise Gras, könnte man sagen. Und ich behaupte jetzt also, dass es mit dem Geist auch so ist und dass daraus die Seelen der Menschen entstanden sind. Am Anfang gab es einen großen Geist, der in verschiedene ‹Geister› aufgespalten wurde – aber alle immer noch grundlegend. Das sind die Archetypen. Es ist richtig interessant, wie viele Disziplinen Archetypen und Elementargeister anerkennen. In der Homöopathie stehen die Archetypen häufig mit den Elementen in Verbindung. Die Mutter beispielsweise gehört zum Natrium Muriaticum, dem Kochsalz, und ihre Essenz ist das Meer. Sie ist der weite Ozean, aus dem wir alle hervorgehen. Der weise Alte gehört zum Schwefel, der Schelm oder Trickster zum Quecksilber und immer so weiter. Allerdings ist es nicht gerade leicht, Menschen zu finden, die reine Archetypen sind. Die meisten haben etwas hiervon und etwas davon in sich. Die Philosophie des Hinduismus betrachtet das Universum als kosmischen Tanz, in dessen Verlauf alles immer schlimmer und schlimmer wird, bis Shiva es zugleich zerstört und wieder neu erschafft, damit der Tanz von vorn beginnen kann. Und dazu gehört die Vorstellung, dass es auch mit den Menschen immer schlimmer und schlimmer wird. Wie kann das sein? Denk einfach nochmal an unser Beispiel, dass der menschliche Geist in seinem Ursprung reines Element war. Was passiert, wenn diese Elemente sich miteinander zu Molekülen verbinden, die sich dann wieder zu größeren Molekülverbindungen zusammenschließen und so weiter? Obwohl der grundlegende Geist in seiner Essenz noch vorhanden ist, als Erinnerung oder als Baustein alles Seins, wird er doch immer geringer, und irgendwann ist es gar nicht mehr so leicht, diesen ursprünglichen Geist noch herauszufiltern. Er hat sich einfach überallhin verteilt. Die Pizzamampfer, von denen Newman redet, sind solche unendlich verdünnten Geister: Leute, denen nur noch eine längst verlorene Erinnerung an die reine Form geblieben ist, die sie einmal waren. Bei den Leuten, die am meisten im Eimer sind, ist der Geist auch am meisten verwässert.»
    «Wir mampfen auch Pizza», warf ich ein.
    «Du vielleicht. Ich für meinen Teil mampfe nicht. Auf jeden Fall ist das der Grund, weshalb die Menge an Geist gleich bleibt, die Bevölkerung aber trotzdem weiter wächst. Der grundlegende Archetypus oder Geist der Mutter verteilt sich jetzt über, sagen wir mal, eine Million Menschen. Wie kriegt man sie also wieder zusammen? Meine Theorie wäre, dass der Sinn des Lebens darin besteht, den eigenen grundlegenden Geist wiederzufinden, und das lässt sich auf verschiedene Weisen erreichen, wobei es aber kaum jemand tatsächlich bewusst macht. Das ist sozusagen die geistige Variante der Evolution oder der Genetik – obwohl es das auch nicht ganz trifft.» Josh zog ein weiteres Dokument aus der Tasche. «Wenn es dir nichts ausmacht, lese ich jetzt mal ein Stück ab, damit ich auch nichts vergesse. Es ist relativ kompliziert, glaube ich. Jeder ‹Höhere Geist› beziehungsweise jede Elementarseele ist in ihrer reinen Form Teil einer Art kosmischen Periodensystems. Natürlich teilt man Eigenschaften mit den Elementen, die einem am nächsten stehen, so wie Arsen mit Phosphor oder Palladium mit Platin. Es ist sogar so, dass man den ultimativen kosmischen Seelenverwandten in diesem ‹System› immer direkt neben sich hat. Doch im Tanz des Universums geht es vor allem darum, dass all diese Geister sich teilen und trennen und sterblich werden und sich dann so lange weiter teilen, bis sie am Ende wieder zusammenkommen. Sobald das System wieder komplett ist, besteht der letzte Schritt darin, all diese Geister in einem einzigen gewaltigen geistigen Orgasmus miteinander zu verschmelzen und sie anschließend wieder ins Nichts zurücksinken zu lassen. Das Periodensystem der Elementargeister unterscheidet sich stark vom echten Periodensystem der physikalischen Elemente, und trotzdem kann Letzteres als brauchbare Analogie für Ersteres herhalten. Wir brauchen Unmengen von Analogien; schließlich geht es hier darum, etwas zu beschreiben, das man nicht beschreiben kann.»
    «Das mit dem ‹gewaltigen geistigen Orgasmus› gefällt mir besonders», sagte ich.
    «Mir auch. Deshalb lese ich den Teil ja auch ab. Es klingt einfach besser.» Er schaute wieder auf das Blatt, das er vor sich hatte. Aus der Ferne ertönte ein Heulen, wie vom Wind. Dann hörte man einen Knall wie von einem Schuss oder einem

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