Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
herausstellte, hatte die Frau gar keinen Ehemann. Sie hatte nicht einmal einen Freund. Sie verhielt sich ganz einfach typisch für eine junge Frau, sie zögerte, bevor sie überhaupt aktiv wurde. »Ich erlebe das jeden Tag«, erzählte mir Sandberg. »Die Frauen stecken beruflich schon für ihre Kinder zurück, obwohl sie noch gar keine Kinder haben; Jahre bevor sie überhaupt versuchen, schwanger zu werden. Und wenn sie dann schwanger werden und in der Babypause sind, müssen sie irgendwann in einen Beruf zurück, den sie gar nicht mehr machen wollen.« Die Männer dagegen »haben richtig Biss und sind hochkonzentriert. Sie kommen jeden Tag zu mir ins Büro und fragen: ›Kann ich das übernehmen? Kann ich das leiten?‹ Sie müssen nicht überredet werden.«
Frauen sehen Kinder und Arbeit meist fatalistisch, daher suchen sie oft nicht nach Lösungen für das Problem, selbst wenn es welche gäbe. Bei Facebook zwingt Sandberg ihre Mitarbeiterinnen zum Optimismus und rät ihnen oft das Gegenteil von dem, was sie erwarten. Vor kurzem bot sie einer Frau eine Stelle im Bereich Geschäftsfeldentwicklung an. Die Frau äußerte Bedenken, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sei. Sheryl wollte wissen, warum. Die Frau gestand, dass sie schwanger sei. »Herzlichen Glückwunsch«, erwiderte Sandberg. »Noch ein Grund mehr, die Stelle zu übernehmen. Dann haben Sie eine interessante Tätigkeit, auf die Sie sich nach der Babypause freuen können.« Natürlich fällt es schwer, morgens zur Arbeit zu gehen, wenn sich ein niedliches Kleinkind an einen klammert, doch deshalb, so Sandbergs Logik, sollte die Aufgabe, die einen im Büro erwartet, möglichst interessant sein, sonst gibt man die Arbeit schnell auf. Sandberg selbst macht jeden Tag um 17.30 Uhr Feierabend. Wenn sie die Kinder ins Bett gebracht hat, arbeitet sie wie die meisten ihrer Kolleginnen von zu Hause aus weiter.
Vorbei sind glücklicherweise die Zeiten, in denen eine ehrgeizige Frau ihre Schwangerschaft vor ihrem Chef geheim halten musste. In den 1960er Jahren kam die Fernsehmoderatorin Barbara Walters einen Tag nach einer Fehlgeburt wieder zur Arbeit. Als sie schließlich ein kleines Mädchen adoptierte, erwähnte sie das nicht bei der Arbeit und arbeitete auch nicht weniger. »Man konnte damals nicht alles haben«, beschrieb Walters ihre damalige Situation. Wenn Walters heute noch Nachrichtensprecherin wäre, würde sie eine Reihe über Adoptionen moderieren und sofort per Twitter die Nachricht verbreiten, dass sie gerade ihr Baby aus dem Waisenhaus abgeholt hätte. Sie würde Babyfotos in der Sendung zeigen, wie es Megyn Kelly von Fox machte, und erbittert mit Zuschauern streiten, die sich darüber beschweren. Kelly führte außerdem eine hitzige Debatte mit ihrem konservativen Komoderator, der sich beschwerte, ihre Babypause sei eine »Masche«. Zuvor hatte sie ihren milchprallen Busen in ein enges schwarzes Kleid gezwängt und sexy Fotos für das Magazin GQ machen lassen.
Frauen – wir sprechen hier hauptsächlich von berufstätigen Frauen (und Männern) – haben heute die Möglichkeit, Arbeit und Familie kreativ zu kombinieren. Angesehene Unternehmen akzeptieren mittlerweile auch radikale Programme zu flexiblen Arbeitszeiten. Vor kurzem führte der Elektronikhändler Best Buy für Manager und Führungskräfte ein Programm ein, das sich Results Only Work Environment nennt und sich an den Regeln des Silicon Valley orientiert. Man muss einfach nur seine Arbeit erledigen, persönliche Anwesenheit wird nicht verlangt, an Besprechungen kann man auch per Handy von seinem Segelboot aus teilnehmen, wenn man will. Die wichtigsten Wirtschaftsprüfungsunternehmen – KPMG , Deloitte, Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers – liefern sich mittlerweile ein publicityträchtiges Rennen darum, wer die kreativsten Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten einführt, inzwischen schließen sich dem auch Finanzdienstleistungsfirmen an. Der Trick besteht darin, nicht einzelne Frauen unter Druck zu setzen, bis sie um Ausnahmeregelungen bitten, sondern Flexibilität als Standard für alle bereitzustellen.
Wenn ein Unternehmen flexible Arbeitszeiten nicht pauschal anbietet, dann funktioniert dieselbe Strategie wie bei den Verhandlungen um eine Gehaltserhöhung: Die Frau sollte ihre Lösung als Vorteil für sich und das Unternehmen präsentieren. Sukhinder Singh Cassidy arbeitete für Google, als sie ihr erstes Kind hatte. »Ich ging in Erics Büro [gemeint ist der damalige
Weitere Kostenlose Bücher