Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
einen Mann, der früher Werksleiter bei Russell gewesen war und jetzt Hemden bei J. C. Penney verkaufte. Der Mann versuchte, ihm auszuweichen, aber Hallmark tat alles, um ihm sein Unbehagen zu nehmen, ging zu ihm und fragte ihn, wie es ihm mit dem neuen Job gehe. Seit damals hat Hallmark bei der Glaubenslehre, die er seit fast 30 Jahren predigt, leichte Anpassungen vorgenommen. Anstatt die Männer daran zu erinnern, dass in der Bibel steht, der Mann sei das Oberhaupt der Familie, sagt er ihnen nun: »Männlichkeit zeigt sich darin, wie ein Mann auf schlechte Zeiten reagiert.«
Auch die Frauen passen sich den neuen Zeiten an. Sarah Beth Gettys unterrichtet in der Sonntagsschule eine Gruppe ehrgeiziger Mädchen, die einmal an der Auburn University studieren wollen. Ein Mädchen sagt, ihre größte irdische Versuchung sei wahrscheinlich die, »zu viele akademische Abschlüsse anzustreben«, ein anderes Mädchen wird von ihren Freundinnen in der Sonntagsschule »die zukünftige Präsidentin« genannt. Gettys ist nach wie vor der Ansicht, dass selbst dynamische Frauen nichts auf der Kanzel zu suchen haben, und lehrt ihre Schülerinnen weiterhin, dass der Mann das Oberhaupt der Familie sei, doch mittlerweile verzichtet sie auf das Wort »Unterwerfung« und streut in ihre Lektionen immer wieder Tipps ein, wie eine Frau bei Verhandlungen um eine Gehaltserhöhung auftreten sollte oder wie sie Karriere machen kann.
Connie Pridgen, die Frau, die ich in der Kirche kennenlernte, hatte ihre persönliche Offenbarung während eines Treffens ihres Bibelkreises. Sie sprachen über eine Stelle in der Bibel aus den Sprüchen Salomos, die bei vielen Trauungen der Evangelikalen zitiert wird. »Vom Lob der tüchtigen Hausfrau« heißt der Abschnitt über die Frau, die mit Wolle und Flachs umgeht und den ganzen Haushalt mit Essen versorgt, die »noch vor Tage aufsteht«, einen Acker kauft und einen Weinberg pflanzt vom Ertrag ihrer Hände. Diese Frau ist fleißig; »ihr Licht verlischt des Nachts nicht«. Ihr Mann dagegen »ist bekannt in den Toren, wenn er sitzt bei den Ältesten des Landes«.
Connie liest mir, Rob und Abby die Stelle laut vor, während wir in dem kleinen Haus, das sie am See gemietet haben, im Wohnzimmer auf der Couch sitzen. Was ihr in den vergangenen Monaten aufgegangen ist, leuchtet uns allen sofort ein, als wir die entsprechenden Sätze hören. Die Frau macht absolut alles. Und der Ehemann?
»Klingt, als ob er mit seinen Kumpels herumsitzt und gemütlich plaudert, über Baseball diskutiert und Chips isst«, meint Rob, der wie immer kein Blatt vor den Mund nimmt.
Abby sagt, der Ehemann klinge »dubios«. Und erklärt, er klinge wie die »dubiosen« Typen, die in der Ruby Tuesday Bar herumsitzen, wo sie am Wochenende arbeitet und wo offenbar die Hälfte der Kellnerinnen schwanger ist von eben diesen dubiosen Typen, »die am nächsten Tag wiederkommen oder vielleicht auch nicht«.
Connie und Rob haben beide eine Scheidung hinter sich, und Connie ist diejenige mit einem festen Job. Aber ihr kommen diese Umwälzungen immer noch wie Schlaglöcher auf einer sonst geraden Straße vor. Sie wuchs in der alten Ordnung auf und kennt den Wert von Liebe und Ehe. Doch Abbys Generation, die mit dem wirtschaftlichen Umbruch und dem Auseinanderbrechen ihrer Familie groß wurde, sieht diese Straße gar nicht mehr.
Connies Schüler der elften Klasse an der Benjamin Russell High School trudeln nach der Mittagspause zum Englischunterricht ein, stellen halbleere Sprite- und Dr.-Pepper-Dosen an den Rand ihrer Tische, streifen sich das Salz der Kartoffelchips von den Fingern und schlagen dann den Text auf, an dem sie gerade arbeiten. Die Klasse schließt heute die Lektüre von Romeo und Julia ab, und die meisten Schüler sind froh – viel zu froh nach Connies Geschmack – , dass sie damit durch sind. Früher waren die Schüler begeistert von dem Stück, fasziniert von der romantischen Liebe zwischen zwei Teenagern. »Sie fanden das sooo herrlich kitschig«, erinnert sie sich. »Oooh, er liebt sie so sehr, er würde sogar für sie sterben!« Das ging sogar so weit, dass sie vor jugendlichem Selbstmord aus Liebe warnen musste. Connie kann die damalige Faszination belegen, sie hat romantische Bilder und Zeichnungen ehemaliger Schüler über der Tafel im Klassenzimmer hängen. Auf einem Bild sieht man Romeo, wie er Julia unter dem Balkon ein Ständchen bringt, auf einem anderen, wie er sich verzweifelt über ihr Sterbebett geworfen hat,
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