Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
kulturellen Mittel verfügen, daran festzuhalten«. Und Kefalas meint dazu: »Eine stabile Ehe ist in den USA zu einem Klassenprivileg geworden, ähnlich wie der Besuch einer guten Schule oder der Zugang zur Gesundheitsversorgung und gesundem Essen.«
Bei meinem Besuch in Alexander City waren die Schüler der Highschool alle gerade total begeistert von einem Song von Jason Michael Carroll mit dem Titel »Where I’m From«. Der Countrysänger beschreibt darin eine Begegnung bei einem Flug erster Klasse mit einem Geschäftsmann. Der Geschäftsmann im Armani-Anzug fragt den Sänger in Jeans und Cowboystiefel, woher er sei, was er als seine Heimat bezeichne (»Son, where do you call home?«). In der Pop-Countrymusik ist das ein Stichwort, um den amerikanischen Traum zu beschreiben, die erste Reihe in der Kirche, die Uhr am Gerichtsgebäude, einen Ort …
Where a man’s word means everything
Where moms and dads were high school flames
(Wo das Wort eines Mannes alles bedeutet
Wo Mütter und Väter schon auf der Highschool ineinander verliebt waren.)
Aber diesen Ort, wo das Wort eines Mannes noch alles gilt, gibt es nicht mehr. Im Jahr 2000 begann Maria Kefalas in einer ländlichen Kleinstadt in Iowa mit ihrer Feldforschung. Damals hörte sie noch von Paaren, die heiraten mussten, und Pfarrern, die sich weigerten, ein Paar zu trauen, das schon vor der Hochzeit zusammengelebt hatte. In der kleinen Stadt hielt man die Ehe noch für einen »Naturzustand«; ohne groß darüber nachzudenken, ging man davon aus, dass es im Leben eine konkrete Reihenfolge gab: Man heiratete, bekam Kinder, und zwischendurch arbeitete man bis zur Rente. Wenn eine Frau durch ein »Missgeschick« vor der Hochzeit schwanger wurde, tat man so, als ob nichts gewesen wäre, und versuchte, den Schein zu wahren.
2007 , als die Rezession in vollem Gang war, kehrte Kefalas in die Kleinstadt zurück und musste feststellen, dass sich enorm viel verändert hatte. Sie lernte junge Mütter im Teenageralter kennen, die keine Ehe in Aussicht hatten, was sie aber auch gar nicht zu stören schien. »Sie ähnelten den Teenagern in Nordphiladelphia«, erinnert sich Kefalas. In nicht einmal einem Jahrzehnt hatten diese Teenager im Grunde die Vorstellungen erfolgreicher berufstätiger Frauen übernommen und sich in »Eheplanerinnen« verwandelt, die nicht mehr davon ausgehen, dass eine Ehe einfach passieren wird, sondern sie als fernes Ziel in der Zukunft betrachten, das man sich durch langes Warten und erheblichen Planungseinsatz verdienen muss. Der einzige Unterschied besteht darin, dass diese Zukunft in ihrem Fall nie eintreffen wird. »Ich gelangte zunehmend zu der Überzeugung, dass die Ehe angesichts des Zusammenbruchs der Industriewirtschaft, wie wir sie aus dem 20. Jahrhundert kennen, nicht mehr als natürlicher Zustand betrachtet wird. Diese kulturelle Vorstellung – man sucht sich Arbeit, heiratet seine große Liebe, kauft sich ein Haus, zieht Kinder groß, geht in die Kirche – liegt in Scherben. Ohne die entsprechende wirtschaftliche Grundlage kann sie sich nicht halten. Und das in Iowa – dem idyllischen Herzen des weißen Amerika!« Zwischen der traditionellen Mittelschicht und dem obersten Viertel oder Drittel der Gesellschaft hat sich eine kulturelle Kluft aufgetan, die vor 40 Jahren noch nicht existierte und vor 20 Jahren noch relativ klein war.
Die First Baptist Church in Alexander City ist eine blühende Gemeinde, die Kirchenbänke sind jeden Mittwoch und Sonntag dicht besetzt, und an fast jedem Wochentag gibt es weitere Veranstaltungen. Doch wie bei den meisten evangelikalen Kirchen haben die Veränderungen der Geschlechterbeziehungen auch hier ein Umdenken bei den grundlegenden Glaubensansichten erzwungen. So fragte Albert Mohler, Vorsitzender des theologischen Seminars der Southern Baptist Convention: »Was bedeutet es, wenn große Teile unserer Gesellschaft praktisch zum Matriarchat werden? Wie bereiten wir die Kirche auf den Umgang mit dieser Welt vor, ohne unsere biblischen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit abzulegen?« Die Christen, so warnte er, müssten sich vergegenwärtigen, »dass viel mehr auf dem Spiel steht als die Wirtschaft. Diese Trends verkörpern nichts Geringeres als den Kollaps der männlichen Verantwortung, Führungsrolle und Erwartungen. Das eigentliche Problem ist nicht das Ende der Männer, sondern das Verschwinden der Männlichkeit.«
Eines Tages sah Pastor Hallmark von der First Baptist Church
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