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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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werde ihnen allen Gift ins Essen tun und zusehen, wie sie sterben.«
    Schuster jedoch passt überhaupt nicht zu dieser Theorie der Machtlosigkeit. Zum Zeitpunkt des Mordes betrieb sie die Central California Research Laboratories, ein erfolgreiches Biochemielabor (» BAD CHEMISTRY « war eine der bevorzugten Schlagzeilen bei der Berichterstattung über den Mordfall). Nachbarn sagten aus, sie habe an den meisten Tagen von 6.30 Uhr bis 19.30 Uhr gearbeitet. Ihr Mann Timothy war Krankenpfleger und fuhr die Kinder zum Arzt, zur Musikstunde und ins Fußballstadion. (»Mr Mom« wurde er in den Medien genannt.) Im Prozess wurde Larissa von Zeugen als »intelligent«, »herrschsüchtig«, »aufregend« und »ehrgeizig« beschrieben und Timothy als »sanft«, »ängstlich«, »ruhig« und »zuvorkommend«. Aus den finanziellen Unterlagen ging hervor, dass sie etwa doppelt so viel verdiente wie er und den größten Teil der Hypothek auf dem neuen Haus des Paars abzahlte. Laut ihrem Anwalt Roger Nuttall war sie »eindeutig das Familienoberhaupt« und »bestimmte, wo es langging«. Tatsächlich hatte Timothy am Tag des Mordes seinen Job im Saint Agnes Medical Center verloren; Freunde meldeten ihn bei der Polizei als vermisst, als er zu seinem Entlassungsgespräch nicht erschien.
    Wie Bob Solis im Gespräch mit mir sagte, verschlechterte sich die Beziehung zwischen Larissa und Timothy, als sie in Kalifornien herumreiste, sich mit leitenden Angestellten anderer Chemiefirmen traf und dann zu Hause ihren Mann mit ihnen verglich. »Sie kam zu dem Schluss, er sei, wie heißt noch mal das Wort, zu häuslich?« Timothy arbeitete gern im Garten und war gern mit den Kindern zusammen. Er war ein ausgebuffter Schnäppchenjäger und ein begeisterter Koch. In der Nacht seines Todes machte er für Solis und dessen Frau seine berühmte Vanilleeiscreme in der Rührtrommel nach einem Rezept seiner Mutter. Larissa jedoch verkehrte laut Solis inzwischen »mit einer anderen Klasse von Leuten und fand, dass er ihrem Format nicht mehr ganz entsprach«.
    Wenn Larissa von ihren Dienstreisen nach Hause kam, erzählte sie ihren Freunden, was für ein »Schisser« ihr Mann sei und dass er »endlich erwachsen werden« solle. Mit der Zeit wurde sie extrem beleidigend. Während des Verfahrens spielte die Anklage Mailboxnachrichten vor, auf denen sie ihn beschimpfte, weil er so wenig Geld verdiene und impotent sei. »Du könntest nicht mal einen Hund ficken, du impotente Schwuchtel«, brüllt sie auf seiner Mailbox. Timothy hatte nach Aussage von Freunden eine Pistole unter dem Kissen seines Sofas, weil er Angst vor seiner Frau hatte.
    An einem Punkt des Verfahrens versuchte die Verteidigung, Larissa in die bekannte Schublade von der weiblichen Giftmörderin zu pressen. Der Psychiater Stephen Estner wurde aufgerufen und sagte aus, Larissa weise das Syndrom einer geschlagenen Frau auf. »Meinem Eindruck nach war Mrs Schuster eine sehr direkte und durchsetzungsfähige Person, und Mr Schuster war ein eher passiver und fürsorglicher Charakter. Und ich glaube, sie sind deshalb aneinandergeraten.« Nach Estners verquerer Logik erkrankte Larissa wegen der Passivität von Timothy und seinem Versagen als Mann körperlich und seelisch an Symptomen, die unter anderem Depressionen, Herzrhythmusstörungen und Haarausfall umfassten. In Umkehrung des üblichen Szenarios war sie laut Estner eine geschlagene Ehefrau, weil Tim nicht Manns genug war – die erste bekannte Verwendung eines Arguments, das vielleicht als die »Ende-der-Männer-Verteidigung« in die Geschichte eingehen wird. Doch die Geschworenen ließen sich nicht überzeugen. Sie hielten ein direkteres Motiv für wahrscheinlicher, das bei einem Mord am Ehepartner nur deshalb neu war, weil es bei der Frau und nicht beim Mann vorlag. Ihrer Ansicht nach tötete Larissa ihren Mann, weil sie Angst hatte, dass er bei einer Scheidung die Hälfte des lukrativen Unternehmens bekommen würde, das sie aufgebaut hatte.
    Larissa Schuster gehört einer neuen Liga von Frauen an, in der sich der Archetyp der Giftmörderin so verändert hat, dass er zu der Umwälzung unserer häuslichen Verhältnisse passt. Sie spielt in derselben Liga wie Ann Miller Kontz, eine bei GlaxoSmithKline beschäftigte Chemikerin aus North Carolina, die 2005 verurteilt wurde, weil sie ihrem Mann Arsen in die Infusion getan hatte, mit Tianle Li, einer Chemikerin aus New Jersey, die bei der pharmazeutischen Firma Bristol-Myers Squibb arbeitete und

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