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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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Umständen stand mein Sohn auf und redete, ohne aufgerufen zu sein, oder er zappelte auf seinem Stuhl herum und zog die Schuhe aus. Wenn er wirklich unruhig wurde, stupste oder stieß er sogar einen seiner Klassenkameraden, bis dieser reagierte. Ob er in der Schule ruhiger sein muss, als angebracht wäre, ist schwer zu sagen. Ich weiß nur, dass meine Tochter die Erwartungen viel leichter erfüllen kann.
    Auch jetzt, wo sie älter sind, sind sie immer noch beide gut in der Schule, aber meiner Tochter fällt alles viel leichter als meinem Sohn, und sie braucht weniger Hilfe von mir als er. Am Abend, bevor sie zu Bett geht, macht sie sich eine Liste, was sie am nächsten Tag oder im Lauf der Woche tun muss, und sie erinnert mich per E-Mail daran, was ich ihr für ihre Projekte kaufen muss. Ihre Aufgabenliste für die Woche ist manchmal länger als meine: Klavier üben, die Blockflöte putzen, Aufsatz in Spanisch schreiben, Kuchen für den Backwarenverkauf glasieren usw. Mir ist klar, dass ich sie wie das Klischee vom guten Mädchen aussehen lasse, aber diese Betrachtungsweise ist nicht fair. Warum sollte meine Tochter für ihre Sorgfalt und ihr Verantwortungsbewusstsein nicht Anerkennung erfahren?
    Mein Sohn dagegen ist von der immer komplizierter werdenden Schule zunehmend überfordert. Manchmal denkt er an seine Aufgaben, und manchmal vergisst er sie. Das heißt, ich kann sie nie von meiner Liste streichen und mich darauf verlassen, dass er an sie denkt. Ich weiß noch, wie eine Freundin vor ein paar Jahren im Scherz zu mir sagte, dass eine Mutter heutzutage zur Sekretärin ihres Sohnes wird, weil die Schule so viel früher so viel mehr verlangt als ehedem. Ich habe diesen Satz nie vergessen. Heute tue ich alles, was in meiner Macht steht, um meinem Sohn zu helfen, dass er sein eigener Sekretär wird. Ich schreibe Checklisten, die er jeden Morgen anschauen kann, oder hänge einen Kalender auf, auf dem er Abgabefristen notieren soll, kurz, ich tue alles, damit er einmal nicht der junge Mann wird, bei dem die Frau in der Zulassungsstelle sagt: »Was für einen tollen Essay seine Mama geschrieben hat.«
    Kürzlich stellte ich aus Freunden meiner Kinder eine Fokusgruppe zusammen, die ich über ihre Schulerfahrungen befragte. Der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen wurde sofort deutlich. Die Jungen wirkten viel widerspenstiger, reagierten aber zugleich sehr empfindlich auf Kritik. Sie hatten das Gefühl, dass die Schule nur dazu da war, ihnen das Leben schwerzumachen. »Steh nicht auf diese Art. Steh nicht auf jene Art«, sagte ein Zweitklässler aus der Gruppe. (Oder, wie mein Sohn kürzlich ein Strichmännchen sagen ließ, das einen Lehrer aus der dritten Klasse darstellte: »T-t-tu das nicht! Leg das weg!«) Als wir über die Schule sprachen, schweiften die Jungen schnell ab. Sie kamen auf Actionhelden zu sprechen und begannen, Jäger des verlorenen Schatzes nachzuspielen. Ich konnte selbst sehen, womit die Lehrer es zu tun hatten. Man sagt einem Jungen, was er tun soll, und er beginnt bereits, Fluchtpläne zu schmieden. »Manchmal muss man einfach Schwierigkeiten kriegen«, versicherte einer der Jungen.
    Dies ist vermutlich das »kinetische, desorganisierte, unerträgliche« Verhalten, auf das sich Newsweek bezog. Leider gibt es nur eine beschränkte Anzahl von Bill Gates und Steve Jobs, die dieses Verhalten an den Tag legen und trotzdem Erfolg haben. Seit ein paar Jahren überlegen die Bildungsplaner, wie sich diese rebellische Energie in produktivere Bahnen lenken lässt. Australien und Großbritannien sind den USA in dieser Beziehung heute schon einige Jahre voraus. In Australien zum Beispiel hat die Regierung eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich um die Krise der männlichen Jugend kümmern soll, und es wurden mehrere Versuchsprogramme durchgeführt, die die Probleme männlicher Jugendlicher besonders berücksichtigen. Auch in China hat ein hoher Funktionär kürzlich eine »Differenzierung« des Bildungswesens vorgeschlagen, als festgestellt wurde, dass die Frauen bei den Zulassungsprüfungen für die Hochschulen besser abschneiden als die Männer, dass sie an den besten weiterführenden Schulen und den Universitäten die Mehrheit stellen und dass 80 Prozent der 50 Millionen »schlechten Schüler« männlich sind.
    Bei einigen dieser Programme kommen so einfache Methoden zur Anwendung wie die Einführung von Lesematerial, das Jungen vielleicht interessanter finden: Bücher, in denen es mehr um Abenteuer

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