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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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Qualmwolke und versteckte mich darin. So läuft das also.
    Nach dem stummen Frühstück, nach stummem Kauen trug ich das Geschirr an den Fluss, wie immer: drei Teller, drei Becher, drei Klappmesser, drei Gabeln, die lange Gabel. Die Flammen reinigten den Grillrost. Mit den Fingern verstreute ich feinen Sand auf den Emailletellern, wischte über die fettigen Stellen. Konzentrier dich auf deine Aufgabe, Hig. Das Wasser kam mir warm vor. Wärmer als sonst. Das war verdammt traurig. Traurig. Ich stach die Gabelzinken in den Kies, wischte sie mit den Fingern ab. Scheiße. Ich atmete. Als ich fertig war, legte ich alles zum Trocknen auf den Tisch. Pops ging an mir vorbei. Er trug das Gewehr auf dem Rücken und hielt den Spaten in der Hand.
    Ich werde mir mal den Highway ansehen, sagte er. Will ja nicht an unserem großen Tag da draußen an einem nutzlosen, kaputten Stück Straße stehen.
    Er hatte Recht. Wir hatten nicht genug Benzin, um endlos zu kreisen, während er da unten Schlaglöcher ausbesserte.
    Er ging noch einen Schritt weiter, dann warf er mir über die Schulter einen Blick zu.
    Wir haben alle viel durchgemacht, sagte er.
    Ich liebte ihn dafür.
    Zum ersten Mal betrachtete ich ihn als eine Art Familienmitglied. Soweit man sich aus Treibgut und Bauschutt eine Familie zusammenzimmern konnte.
    Ja.
    Er nickte, lief stromabwärts auf den Weidenzaun zu.
    Sie fegte den Boden rund um die Feuerstelle mit einem Reisigbesen. Sie tat das jeden Morgen, fegte die Krümel in die Flammen, um Mäuse und Ameisen fernzuhalten.
    Ich näherte mich, sie fegte. Ohne Unterbrechung. Konzentrierte sich auf die Erde vor ihrem Besen.
    Soll ich Gemüse fürs Mittagessen holen?, fragte ich.
    Meine Kehle war wie zugeschnürt. Sie fegte immer weiter.
    Wenn du willst, murmelte sie. Und fegte.
    Cima?
    Sie fegte. Die spröden Zweige kratzten über den Boden.
    Ich packte ihren Arm. Sie machte sich steif.
    Aua!
    Ich ließ sie los wie eine heiße Kartoffel. Sie starrte mich an.
    Jetzt bekomme ich einen blauen Fleck, sagte sie tonlos.
    Cima. Herrje. Es tut mir leid.
    Ich stand da wie angewurzelt. Brach in Panik aus. Konnte nicht mehr klar denken. Gegen meinen Willen fing ich zu schluchzen an, und dann liefen mir die Tränen übers Gesicht. Ich war wie gelähmt. Sie starrte mich an. Eine Maske. Wie eine Totenmaske, nur dass die Augen lebendig waren oder es wurden. Ihre dunklen Augen reglos wie zwei Münzen, und dann spiegelte sich auf einmal das Licht darin, und sie wurden weich. Sie stand zitternd vor mir und musterte mein Gesicht, und dann sah ich die Tränen in ihren Augen, und es waren wieder ihre Augen, zwei dunkle Wasserlöcher. Wir standen wie zwei Bäume nebeneinander und schwankten im Wind. Der letzte Rauch des Feuers stieg in die Höhe, löste sich auf.
    Letzte Nacht, sagte sie. Als wir eingeschlafen sind. Habe ich von Tomas geträumt. Die ganze Nacht.
    Ihre Lippen zitterten, die Maske zerfiel.
    Er rief nach mir. Er lag in seinem Bett und rief nach mir, er schrie wie ein Tier, das von seiner Schlachtung weiß. So wie ein Tier, Hig! Und ich stand an der Wand und wollte ihm nicht helfen. Meinem Mann. Meinem besten Freund.
    Sie schluchzte heftig.
    Meine Liebe war eingefroren. Wie ein Teich im Winter. Ich habe das stundenlang geträumt. Am Ende habe ich es nicht mehr ausgehalten, ich habe mein Abhäutemesser genommen und ihm die Kehle durchgeschnitten. Oh Gott!
    Sie brach zusammen. Ich machte einen Schritt vor und fing sie auf. Ich dachte an zwei entwurzelte Bäume, die einander stützen.
    Ich weiß nicht, ob ich das kann, sagte sie. Ich dachte, ich könnte es.
    *
    Pops berichtete, dass der Highway auf mindestens dreihundert Metern Länge in einem guten Zustand war. Gut genug, ohne Schlaglöcher. Er hatte sein Kopftuch als Windsocke an einen Pfosten gebunden. Cima war freundlicher, aber immer noch zurückgezogen. Sie kam immer noch zu mir in die Hängematte, aber nicht mehr jede Nacht, auch nicht jede zweite. Wir liebten uns nicht mehr. Fünf Tage lang. Ich muss zugeben, ich habe mitgezählt. Und als es dann so weit war, als wir kurz davor waren – ich meine, als wir nackt auf der Decke lagen und einander im Arm hielten, ohne uns zu küssen und ohne zu reden, nur unsere Nasen an Ohren und Hals des anderen rieben und unsere Hände das durch den Verlust erneuerte Territorium erkundeten –, als es an der Zeit schien, den Akt zu vollziehen oder wenigstens unsere Annäherung zu feiern, zog ich sie auf mich, aber sie war so trocken, dass ich kaum

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