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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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dem Steinhaus oder in irgendeinem Versteck eine ganze Einheit auf mich. Ich überflog das Gelände noch zweimal und prägte mir die Straßenschäden genau ein, wo der Graben anfing und aufhörte, ich orientierte mich an den Büschen und Findlingen am Wegesrand. Ob man mich im Canyon hören konnte, einen, zwei Kilometer entfernt? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich legten sie genau in diesem Moment zwölf Schrotpatronen auf ihrem steinernen Fenstersims aus, wahrscheinlich schüttelte sie gerade ihr offenes Haar und knöpfte sich das Hemd auf, um mich wie eine Sirene in Schussweite zu locken.
    Hig!
    Konzentrier dich, Hig. Atme. Alles Roger.
    Alles Roger.
    Konzentrier dich auf das Wesentliche. Am Leben bleiben.
    Alles verdammt Roger.
    Ich hätte die aufgeplatzte Straße links liegen gelassen und wäre direkt auf der Salbeiwiese gelandet, aber ich hatte keine entsprechende Bereifung, außerdem hätte ein versteckter Stein im Gestrüpp ausgereicht, um ein Rad abzureißen. Von zwei Übeln lieber das bekannte usw. Ich überzeugte mich davon, dass ich den Boden rechts und links der Fahrspuren sehen konnte, denn ich würde mit einem Reifen auf dem grasbewachsenen Mittelstreifen und mit dem anderen knapp neben der linken Fahrspur aufsetzen und ein bisschen was vom Gestrüpp mitnehmen. Dann beschloss ich, nichts zu überstürzen. Ich würde auf den Zentimeter genau landen müssen. Am besten überprüfte ich vorher die Windverhältnisse.
    Ich ging hoch bis auf hundert Meter, tupfte mir die blutende Gesichtshälfte mit Jaspers Decke ab. Ich beugte mich zwischen die Sitze und griff in die Holzkiste, die dort stand, holte eine Rauchbombe raus, zog den Splint mit den Zähnen ab und ließ sie aus dem Fenster fallen. Dichter, oranger Qualm quoll heraus, wurde vom Wind davongetragen.
    Die Bombe landete ein paar Meter neben dem Feldweg und qualmte in ost-nordöstlicher Richtung stetig vor sich hin.
    Verdammt, das war mal ein guter Einfall gewesen. Die steife Vormittagsbrise hätte mir fast einen Strich durch die Rechnung gemacht. Was sonst hatte ich übersehen?
    Bangley war nur deswegen noch am Leben, weil er niemals etwas übersah. Vielleicht erinnerte er sich an etwas zu viel, wiederholte sich zu oft, aber das war ihm egal. Was sonst hätte er den ganzen Tag lang tun sollen? Auf einmal fiel mir ein, dass ich vielleicht nur deswegen noch am Leben war, weil Bangley niemals etwas übersah. Bangley. Ehemann und Vater. Farmer. Verdammt.
    Oh, ich weiß. Hig, du hast vergessen, dass du beim Versuch, auf einem überwucherten Feldweg, im Grunde genommen Trampelpfad auf einer steinigen Prärie, deren Grund an den wenigsten Stellen zu erkennen ist – du hast vergessen, dass es dir das Genick brechen könnte. Oder dem Biest, was aufs Gleiche hinausläuft.
    Okay, atme. Ich zog eine letzte Schleife, ging in den Landeanflug, zog den Hebel für die Landeklappen zur Hälfte raus und drückte den Bug nach unten, riss das Ruder herum und schwebte seitwärts ins Feld ein.
    *
    Eine Buschlandung weckt einen auf ganz eigene Art. Falls man nicht sowieso schon hellwach war. Ich ging runter mit gedrosseltem Motor, der im Leerlauf leise knurrte, und fing das Biest erst kurz vor dem Aufsetzen ab, die linke Tragfläche tief im Wind, während das linke Fahrwerk unter lautem Knistern ins Gestrüpp fuhr. Ich kämpfte mit den Böen. Und damit, die Flugzeugnase genau über dem linken Fahrbahnrand zu halten. Und dann berührte das rechte Hauptfahrwerk, das Rad rechts hinten, den Erdhügel zwischen den Fahrspuren, und wir wurden in die Höhe geschleudert. Ich bemühte mich, den Reifen aus der Rille zu ziehen. Es musste geklappt haben, denn ich hörte nichts brechen, hörte nur das laute Reißen und Knacken und Knirschen, als das Gestrüpp von unten gegen das Flugzeug schlug, und ich hielt die Nase gerade, so lange es ging, und im letzten Moment tat sich eine wunderbare kahle Stelle aus flachen Felsen und abgegraster Wiese auf, den Dickhornschafen oder wem auch immer sei Dank, und das Biest holperte und ruckelte und schüttelte mich durch, bis ich es kurz vor den Pinien zum Stehen brachte.
    Wow. Atme. Erster Gedanke: der Lack! Das wunderschöne Biest, von Astkratzern verschandelt. Der zweite: Das war viel zu knapp. Das war idiotisch. Von vorn bis hinten. Hätte ich die Rauchbombe nicht geworfen, wäre ich am Boden zerschellt. Bevor ich den Motor ausschaltete, warf ich einen Blick auf die digitale Tankanzeige. Etwas mehr als zwei Gallonen übrig. Weniger als eine Stunde. Und

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