Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Mann. Ein alter Mann, der sein Gewehr in den Himmel hebt und zielt. Jesus.
    Ich höre keinen Einschlag, aber. Das Zischen von Schrot, das Geräusch von platzendem Aluminium, und dann noch ein Zischen. Jesus. Ein Ploppen, ein stechender Schmerz, und dann brennt meine linke Gesichtshälfte. Ich habe beide Hände am Steuerknüppel. Ich reiße ihn zurück und steige steil auf, nach rechts, ab zurück über die Kante, wobei ich fast die Spitzen der niedrigen Wacholder berühre, und dann kann ich sie nicht mehr sehen. Kleine Glassplitter rutschen in meinen Kragen. Hey. Hey. Wo ist mein Fenster? Was vom linken Seitenfenster noch übrig ist, hängt als Mosaik aus Sicherheitsglas im Rahmen.
    Auf meinem Hemd breiten sich Blutflecken aus. Im Flugzeug die frische Luft.
    *
    In dem Moment wusste ich, wonach ich gesucht hatte.
    *
    Nicht, was Sie jetzt denken. Sie denken: Frau, aber das war es nicht. Ich konnte mich endlich wieder darüber freuen, am Leben zu sein.
    Der Moment, in dem man begreift, dass man keine lebensgefährlichen Verletzungen davongetragen hat, und die Maschine auch nicht, dass sie weiter aufsteigt, gerade liegt, dass der Motor schnurrt und alle Kontrollleuchten blinken. Dass man sich mit vier zitternden Fingern über die blutige Gesichtshälfte fährt und sie abtastet, ganz vorsichtig, um nicht mehr als vier kleine Glassplitter zu entdecken, mehr nicht. Nur ein paar Glassplitter. Verdammt! Und das Dach des Cockpits ist voller kleiner Löcher, aber nur in der Verkleidung, nicht im Metallrumpf. Das war knapp. Der Penner hätte mich um ein Haar erledigt. Wenn ich nicht nach rechts abgekippt und über die Kante des Canyons verschwunden wäre, würde das ganze Schrot jetzt in meinem Kopf stecken. Verdammt. Und im selben Moment fing ich zu lachen an.
    Mein erster Impuls war, mit meinem AR- 15 da runterzumarschieren und aus nächster Nähe Hackfleisch aus dem alten Bastard zu machen. Der Gedanke fühlte sich gut an. Ich fühlte etwas anderes als die alte Gleichgültigkeit. Hig, dieser Hurensohn hat dir einen Gefallen erwiesen. Hat dich armen Esel aus dem Tiefschlaf geweckt. Er hat nur getan, was du auch getan hättest, um Haus und Hof und Weib zu verteidigen.
    Weib.
    War das sein Weib? Dieser gerissene Fuchs. Wer konnte schon verstehen, was für Händel die Leute heutzutage eingingen. Mein erster Impuls war, da runterzuklettern, das Arschloch zu ermorden und mir seine Frau zu schnappen. Und warum auch nicht?
    Tja, Hig, ob du nun ein guter oder ein schlechter Mensch sein willst, oder ein guter Mensch in einer kranken, kranken Welt – zuerst wirst du das Biest landen müssen. Hier in dieser bergigen, felsigen Landschaft mit nur einer Straße, die keine Straße mehr ist.
    Ich drehte ab und entfernte mich vom Canyon, überflog die Kante und ging über einem Salbeifeld in den Sinkflug, durch das sich die holprige, aufgeplatzte Straße gen Süden zog.
    F – R – A – U. Die erste passable überhaupt, groß, ohne die Blutkrankheit vermutlich, und nicht auf einem Poster in Bangleys Werkstatt erstarrt oder hinter dir auf dem Pfad zerfetzt, zu jung zum Sterben und mit einem Küchenmesser in der Hand. Die erste ganz passable überhaupt, und schon wirfst du alle Vorsichtsmaßnahmen über Bord. Wie zum Beispiel, sich nach einer Landemöglichkeit umzusehen.
    Verdammt, Hig, reiß dich zusammen.
    Ich stieg wieder auf. Ich ging wieder runter und kreiste dicht über dem Boden. Die Straße war vollkommen zerstört. Sah danach aus, als würde sie das Hauptfahrwerk auf einen Schlag erledigen, und die Flügelstreben noch dazu. Super Idee, Hig. Wär ein verdammt langer Fußmarsch von hier zurück nach sonstwo.
    Aber das war es nicht. Nicht nur. Dass mir auf achtzehnhundert Metern der Verstand in die Hose gerutscht war, meine ich. Lachend begriff ich, dass da unten genauso gut zwei Männer oder eine alte Hexe hätten stehen können. Was ich fühlte, bezog sich auf Menschen beiderlei Geschlechts: Ich war nicht mehr verpflichtet, sie zu töten. Oder zu dulden, dass Bangley sie tötete. Immerhin war das da unten deren Haus, nicht meins. Ich war hier der Besucher.
    Erstaunlich, was für neue Möglichkeiten sich für eine Bekanntschaft auftun, sobald man von dem Zwang befreit ist, töten zu müssen. Abgesehen davon, dass Opa eben versucht hatte, mich abzuschießen. Aber gut. Ich war nicht nachtragend. Es stand mir frei, da runterzuklettern und ihn – oder beide – zu erschießen oder auch nicht, was befreiend war. Möglicherweise wartete in