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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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scharf. Der blaue Fleck an ihrem Hals.
    Mittagessen? Die Leute essen noch zu Mittag?
    Wir schon.
    Ich warf einen Blick zurück zum Haus. Der alte Mistkerl schob sich den Revolver zurück in den Hosenbund, rückte sich die Mütze zurecht, ließ uns nicht aus den Augen.
    Ist er wirklich dein Vater?
    Ja. Väterlicherseits.
    Kein Versuch, ihn zu entschuldigen. Nicht der kleinste Verrat. Das gefiel mir. Väterlicherseits. Das war wirklich lustig. Sie lächelte.
    Vielleicht hat er keine Lust, mit mir Mittag zu essen.
    Ihn habe ich nicht eingeladen.
    Sie hakte ihre Daumen in die Schlaufen ihrer Jeans und drückte beide Arme durch. Mir entging nichts. Wie es ihre Brüste anhob, ihre Taille über dem Hosenbund entblößte.
    Aber ich würde es tun, wenn ihr beiden versprecht, euch beim Essen nicht zu schlagen und nicht zu erschießen.
    Ihr beiden. Sie klang wie ein Mädchen vom Land. Von früher. Ich starrte sie an. Ich konnte ehrlich gesagt nicht sagen, ob ich mit ihnen zu Mittag essen wollte. Ich hatte mich irgendwie schon an den Gedanken gewöhnt, von Luft zu leben und mich wegblasen zu lassen. Der Gedanke war irgendwie tröstlich.
    Hig? Ja? Wieder Bangley, körperlos. Ich konnte mir sein raues Gelächter vorstellen. Wenn er wüsste, dass er mein Über-Ich war. Dass ich ihn nicht mehr loswurde, so wie einen schlechten Ohrwurm. Das Mädchen lädt dich zum Mittagessen ein. Sie hat Mitleid mit dir, weil du dir fast in die Hose gepinkelt hast. Ha! Sei höflich. Okay.
    Okay, sagte ich.
    Cimarron. Sie streckte mir ihre Hand entgegen.
    Aber alle nennen mich …
    Sie hielt inne, sah sich in der Schlucht um, lächelte.
    Cima.
    *
    Auflauf aus Fleisch und Kartoffeln mit Butter. Gut gesalzen. Hackfleisch. Ich dachte, ich würde sterben. Opa hatte Recht, die Sonne verzog sich hinter den Rand der Schlucht, und wir saßen an dem Holzplankentisch im Schatten. Dicht beim Wasser: angenehmes Plätschern. Es mischte sich mit dem Wind, der genauso klang wie strömendes Wasser, wenn er durch die Wipfel der Pappeln fuhr. Butter. Schmelzende Kringel auf den gestampften Kartoffeln, kleine Pfützen davon. Wer hätte gedacht, dass etwas so Nachgiebiges und Blasses einen Mann in die Knie zwingen kann. Sie brachte immer mehr, und ich aß. Ein Metallkrug mit im Fluss gekühlter Milch, den ich zweimal leerte. Heilige Scheiße. Hig, wenn du den blöden Baumstamm raufgeklettert wärst und weggeflogen wärst oder dir sogar in den Rücken geschossen worden wäre – du hättest das Essen deines Lebens verpasst. Ich war vom Essen so bezaubert, dass ich nicht einmal merkte, ob Pops mir hasserfüllte Blicke oder Haifischblicke oder sonst was für Blicke zuwarf, die man jemandem zuwerfen würde, der einem eben noch eine Beule ins Gesicht geschlagen hat und nun hemmungslos alle Vorräte wegfuttert.
    Milch eingeschenkt zu bekommen. Den blau emaillierten Keramikteller wieder und wieder gefüllt zu bekommen. Von einer Frau. Die das Essen vom Lagerfeuer bringt. Im Schatten eines riesigen, alten Baumes zu sitzen, nicht eines stählernen Flugzeughangars, und zu essen. Die Schafe blöken zu hören, die raschelnd durchs Laub stapfen. Gegenüber von einem alten Mann zu sitzen, schweigend, der ebenfalls isst, und nicht zu wissen, ob er Freund oder Feind ist, weil es egal ist. Ein Gast zu sein. Das Brot zu brechen.
    Der Genuss ließ mich dahinschmelzen wie eine gefüllte Tomate im Ofen. Es war, als würde mein Herz sich aufblähen und meine Haut immer dünner werden in der Hitze. In der Wärme. Der Gesellschaft.
    Bangley und ich aßen oft zusammen, aber das war etwas anderes, ich weiß auch nicht, warum: Wir waren wie zwei Zootiere bei der selbst organisierten Fütterung. Das hier war anders. Ich konnte jederzeit gehen. Sie konnten mich jederzeit ausladen. Das Gefühl, ein Privileg zu genießen.
    Wir sprachen nicht viel. Ich stöhnte und grunzte. Beugte mich über den Teller. Ich merkte es erst, als ich den Kopf hob und sie mich anlächelte. Ihr Gesicht war zu schmal. Ihre riesigen Augen erinnerten mich an Radarschüsseln, die nicht anders können, als einfach alles zu registrieren. So als wäre die Rauschunterdrückung zu niedrig eingestellt und als würde sie hauptsächlich Schmerzen empfangen. Ein zweiter blauer Fleck an ihrem Unterarm, der mir den Teller mit dem Essen reichte. Einmal hob ich den Kopf und sie rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Nacken. Ganz offenbar freute sie sich darüber, mich so schlingen zu sehen.
    Kommst wohl auch nicht oft raus, sagte

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