Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
meine Frau.
Jasper war mein Hund.
Kinderlos. Meine Frau war schwanger.
Meine Lieblingsbücher: Mein großer Freund Shane. Unendlicher Spaß.
Ich kann kochen. Ziemlich gut für einen Mann.
Beruf: Bauunternehmer. Ich mochte das nie. Ich habe es gehasst. Ich hätte Englischlehrer werden sollen oder so was. Vielleicht Hundefriseur.
Ich habe keine Krankheiten, soweit ich weiß, bin ich gesund.
Etwa zweimal im Monat besuche ich Familien mit der Blutkrankheit.
Mein Lieblingsgedicht wurde im neunten Jahrhundert von Li Shangyin geschrieben.
Vielleicht war es früher nicht mein Lieblingsgedicht, aber heute.
Ich habe gelernt, mit Verlusten zu leben. Glaube ich. Das wird eine Rekordernte.
Könnte ich bitte einen Schluck Wasser haben?
*
Er fesselte mich an einen Pflock im Hof. Mit dem Gesicht zur Sonne. Setzte mich auf einen der Hocker, die Hände auf dem Rücken. Stramm gefesselt. Sie standen vor mir und musterten mich. Ich kniff die Augen zusammen, versuchte sie zu erkennen. Da fiel mir etwas ein.
Meine rechte Jackentasche.
Er trat vor und griff hinein, wühlte rum, zog zwei neue Dosen Copenhagen raus. Neun oder zehn Jahre alt, längst abgelaufen, aber trotzdem. Ich hatte sie als Geschenke mitgebracht. Also. Er stellte sich neben mich, damit ich sehen konnte, wie er sich vorbeugte und mich von der Seite intensiv musterte. Er öffnete eine Dose, indem er seinen Daumennagel fachmännisch unter dem Deckel entlangführte und das Papier teilte, bevor er ihn abnahm. Er steckte die Nase hinein und atmete tief ein. Ich konnte es riechen. Salz und Erde. Der Tabak war knochentrocken, das wusste ich von Bangley, aber er nahm sich eine Prise, steckte sie sich hinter die Oberlippe. Er war ein Oberlippenmann. Er spuckte aus.
Das gibt drei Punkte.
Mehr nicht? Zwei Dosen. Ich denke, sechs wären angemessen.
Er reichte ihr die Dose, und zu meiner großen Überraschung bediente sie sich. Er zog einen zweiten Hocker ran und setzte sich neben mich.
In zwanzig Minuten hast du keine Sonne mehr in den Augen.
Sie stand stocksteif im Gegenlicht. Sie war. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Ich konnte fühlen, wie ihr Blick mich durchbohrte.
Kann sie auch reden?
Ups. Minus drei. Zurück auf null. Da willst du sein. Das ist mein Eindruck.
Ich reise gern ohne viel Gepäck.
Er nickte kaum mehrlich.
Das war gut. Die Prise. Ist schon eine Weile her. Ist mir doch scheißegal, wie du reist. Meinetwegen kannst du deinen kompletten Hausstand mit durch die Gegend schleppen. Er schaute sich um. Könnten wir gebrauchen.
Wenn ich jetzt irgendwas sage, kriege ich Minuspunkte, richtig? Wenn ich unaufgefordert was sage?
Er nickt. Minus eins.
Und dann verliere ich meine ganzen Bonusmeilen, oder was?
Minus zwei. Bei minus zehn erschieße ich dich. Keine Begnadigung. Auf der Stelle. Erwähne sie noch ein einziges Mal, und ich zieh dir fünf ab. Jetzt bist du vorgewarnt. Eine Lüge macht zehn Minuspunkte, und du stirbst sofort. Scheiß dir in die Hose, und du stirbst sofort. Pinkeln kannst du, wie du willst.
Auf einmal machte mir die ganze Sache keinen Spaß mehr. Ich hörte das Wimmern des Wasserfalls, rhythmisch wie eine Stammestrommel, ich hörte eins der Schafe blöken, und genau so fühlte ich mich auch. Traurig und irgendwie traumatisiert.
Ich sah ihn an.
Weißt du was?
Sagte ich.
Weißt du was? Leck mich. Schieb dir deine Punkte in den Arsch. Ich bin in friedlicher Absicht hergekommen und du hast zweimal versucht, mich umzubringen. Ich bin hergekommen, weil ich etwas gesucht habe, ich weiß auch nicht was. Ich weiß auch nicht was, hast du das kapiert? Aber ganz sicher nicht den Tod. Davon hatten wir am Flughafen selbst genug. Genug Tod.
Ich saß fest an den Stuhl gefesselt, und während ich ihn ansah, liefen mir die Tränen übers Gesicht, brannten in den Schnittwunden auf meiner linken Wange.
Vor einer Woche ist mein Hund gestorben. Jasper. Ich brauche dich und deinen Mist nicht. Ich habe nichts mehr. Na los doch, zieh mir zwanzig Scheißpunkte ab und erschieß mich. Ich wär verdammt froh. Na los doch.
Ich konnte das Salz meiner Tränen schmecken.
Lass ihn, Dad, sagte sie. Es reicht. Mach ihn los.
Ihre Stimme klang heiser. Ich blinzelte sie an, genau gegen die Sonne. Spürte seine geschickten Finger, die das Seil lösten.
*
Ich ging zu einer Pappel am Flussufer und pinkelte dagegen. Mir doch egal. Ich war nicht prüde. Das Blubbern und Fließen des Wassers überdeckte mein Schluchzen. Im dunklen Schatten war es kühl.
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