Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)
was du letzte Woche gelernt hast.«
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber auf keinen Fall kann ich Nein sagen, also nehme ich den Schläger und hole tief Luft, so tief ich kann, denn ich habe das Gefühl, dass sie sich an mir abreagieren wird, schon um die Last selbst loszuwerden, und darauf muss ich mich einstellen. Bevor ich darüber nachdenken kann, kommt der Ball schon auf mich zugeflogen wie ein Geschoss, und ich lasse mich auf den Boden fallen, damit mein Gesicht nicht in zwei Hälften geteilt wird.
Immer wieder versuche ich, mich von ihr wegzudrehen, aber sie ist überall gleichzeitig, ihr Arm wie eine Sense, und ich hoffe, mein Bruder kommt rechtzeitig, um mich vor dem sicheren Tod zu retten.
Erst nach fünf höllischen Minuten komme ich wieder zu Atem, diese Wucht, mit der sie auf mich losgeht, ihre Geschwindigkeit, Schläger, Arm, ihre Schläge, ihr wirbelndes Haar, das Zischen, wenn ihr Schläger durch die Luft saust und sie zerschneidet, meine Beine verdrehen sich und ziehen mich runter, und ich lande mit einem Bums, dreimal, viermal, fünfmal.
Fünfmal, zehnmal nimmt sie mir den Ball ab. Dreimal, viermal pralle ich mit dem Kinn auf den harten Boden, meine Zähne klacken aufeinander wie Kleingeld.
Dann glaube ich endlich, jetzt habe ich’s, ich habe einen Schuss, den einen Schuss, aber allein sie vor mir zu sehen, breitbeinig, macht mir eine Angst, die ich nicht abschütteln kann.
Das konnte sie schon immer mit mir machen, seit wir klein waren, ich stand da, mit großen Augen, überwältigt von dieser goldschimmernden Perfektion. Sie konnte einen mit einem Blick niedermachen, einer Handbewegung, einem Wimpernschlag.
Dann ist der Ball da, und die Spitze ihres Schlägers geht nieder wie eine Guillotine, und sie blockiert mich so schnell, dass mein Kopf zurückzuckt, als würde er mir abfallen.
Ich sitze auf dem Boden, mein Atem hört sich an wie ein Kratzen auf Metall, und Dusty ist weit draußen auf dem Feld, ihr Atem geht ebenfalls schnell, aber in aufgeregten Stößen. Sie lächelt mich an, gequält, und sagt irgendwas, dass ich das gut gemacht hätte oder so, zwischen dem ganzen Geklingel in meinem Kopf.
Sie ist über mir und streckt die Hand aus, und ich rappele mich hoch, und in dem Moment, als sie mich hochzieht, so stark, sehe ich die Veränderung in ihrem Gesicht. Der strahlende Triumph löst sich in etwas Weiches und Trauriges auf, und ihr Atem klingt beinahe, beinahe wie ein Schluchzen, unsere Hände sind ineinander verschränkt.
»Dusty, ich …«, fange ich an, aber sie wirbelt herum, den Schläger an der Seite, zerteilt mich fast in zwei Hälften, und rennt über das Feld davon, mit wehenden Locken.
Später frage ich mich, ob sie in die Umkleidekabine gerannt ist und dort geweint hat, den Kopf zwischen den Knien. Aber das ist wohl nur mein Traum von Dusty. So, wie sie ist, nämlich unerschrocken und erhaben, waren die paar Tränen, die sie beinahe auf dem Hockeyfeld geweint hätte, wohl alles, was ich zu sehen kriegen würde.
An diesem Abend hält der Nachrichtensprecher auf Channel 2, der mit der blonden Tolle, eine Parliament hoch und sagt: »Zigarettenkippen dieser Marke wurden im Garten der Ververs gefunden«, und fügt dann ernst hinzu: »Aber ob diese Zigaretten in Zusammenhang mit der mutmaßlichen Entführung stehen, ist unklar.«
Ich schaue zu, meine Mom sitzt am Küchentisch. Sie hat den Ververs einen Schmortopf rübergebracht und gesagt, die Polizei sei schon wieder da gewesen.
»Sie kriegen andauernd Meldungen, jemand hätte Harold Shaw gesehen«, sagt sie. »Eine davon muss doch mal was bringen. Sie haben zwei Detectives rauf an die Grenze geschickt. Sie meinen, vielleicht ist er in Kanada, Kitty Shaw sagt, er hat einen alten Collegefreund irgendwo in Ontario.«
Und so redet sie immer weiter, und ich höre zu, aber es geht vor allem darum, dass Mrs. Verver nicht schlafen und nichts essen kann und in fünf Tagen sieben Pfund abgenommen hat.
Ich warte, bis Moms Sendung anfängt, schleiche mich raus und lasse mich auf einen Liegestuhl fallen, schmiege mich in die gummierten Lamellen und stecke die Füße darunter.
Oh, diese langen, eingesperrten Abende, an denen ich nicht mit Evie herumstreune, von einem Garten in den anderen springe, mit den Fahrrädern in den Rabbit Park fahre, um auf dem rostigen Karussell zu sitzen oder auf quietschenden Schaukeln mit den Beinen auszuholen. Kein Eis, kein Blättern in Zeitschriften in der Drogerie, kein Kichern im Gang mit
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