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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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sogar runterhandeln.«
    Barnabas strahlte mich an, als hätte er mir soeben ein äußerst großzügiges Angebot gemacht. Ich zögerte. »Denk an deine Schwester«, beschwor er mich. »Sie wird es hier nicht lange aushalten.«
    Mit Deserteuren kannte die Armee keine Gnade, ich war oft genug dabei gewesen, wenn sie die armen Schweine bestraften. »Ich muss darüber nachdenken«, sagte ich.
    »Aber nicht zu lange«, sagte Barnabas. »Sonst wird der eisige Wind der Bruderschaft dich hinwegwehen.«
    Ich lief ziellos durch das Lager und wog die Argumente dafür und dagegen ab. Die Gefahr, bei der Armee entdeckt zu werden, war groß. Andererseits würde ich ja sofort wieder desertieren. Allein schon, um Leela hier wegzubringen, musste ich es tun. Am Ende entschied ich mich für die Armee.
    »Du machst das einzig Richtige«, sagte Barnabas, als ich ihm von meinem Entschluss erzählte. »Früher oder später würde dich der Zar sowieso zwangsrekrutieren. Und dann siehst du gar kein Geld, weil er den gesamten Sold einkassiert. Wo wir gerade vom Zaren plaudern. Da wäre noch eine Kleinigkeit.«
    »Wie viel?«, fragte ich seufzend.
    »Er bekommt dreißig Prozent. Sieh es als lohnende Investition in die Zukunft.«
    »Und wie viel bekommst du?«
    Barnabas kreuzte die Hände vor der Brust. »Unter Freunden spricht man doch nicht von Geld.«
    Ich starrte ihn an.
    »Ist kaum der Rede wert.«
    »Sag schon«, forderte ich ihn auf.
    Barnabas zeigte mir einen winzigen Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger. »Zwanzig Prozent. Dir bleibt die Hälfte. Das ist immer noch genug für die Schlepper. Also, steh deinem Glück nicht länger im Weg.«
    »Und wo melde ich mich?«, fragte ich.
    »Da musst du gar nicht weit laufen.« Barnabas nahm Haltung an. »Ich bin das offizielle Rekrutierungsbüro. Mit Siegel und Dokument.«
    Er zog ein durchgeweichtes Blatt Papier aus seinem Hemd, faltete es auseinander und hielt es mir hin.
    »Mach deine Kreuze oder kannst du schreiben?« Er sah mich prüfend an.
    Ich schüttelte den Kopf und malte drei Kreuze auf das Blatt. Barnabas salutierte und sagte feierlich. »Du bist jetzt Soldat. Ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten. Du hast deinem früheren Leben abgeschworen. Eigentlich müssten wir jetzt die Hymne singen, aber das sparen wir uns.«
    »Und wann bekomme ich das Geld?«, wollte ich wissen.
    »Im Morgengrauen fährst du mit einem Transport zum Sammelpunkt. Dort wird dir das Geld ausgezahlt. Ich werde dich dort erwarten, du wirst es mir geben, und ich werde davon den Zaren und die Schlepper bezahlen.«
    Ich sah ihn skeptisch an.
    »Warum sollte ich dir das Geld geben?«, fragte ich.
    Barnabas lächelte. »Weil es bei mir sicher ist, mein junger Freund. Die Bruderschaft würde es dir sofort abnehmen. Du traust mir doch, oder?«
    Ich nickte. Was blieb mir übrig?
    »Du solltest deiner Schwester nichts davon erzählen. Frauen machen sich immer so grässliche Sorgen. Ich werde sie über alles aufklären. Und wenn du desertiert bist, bringe ich euch zu den Schleppern.«
    »Warum kann ich denn nicht gleich, wenn ich das Geld habe, desertieren?«, fragte ich.
    »Weil sie am Anfang auf euch aufpassen werden wie eine eifersüchtige Mutter auf ihre Jungen. Du bist nicht der Erste, der auf diese Idee kommt. Und mit dem Batzen Geld in der Tasche bist du nicht sicher. Die Armee zieht so einige Hyänen an, und es ist schon so mancher Unschuldige bei voller Fahrt vom Lastwagen gefallen. Natürlich ohne sein Geld.«
    Das leuchtete mir ein.
    »Versprich mir, dass du dich um Leela kümmerst«, sagte ich.
    »Das werde ich«, versprach er mir.
    Wir schüttelten einander die Hände. Nur eines war mir noch nicht klar: »Wie soll ich desertieren?«
    Barnabas sah mich prüfend an. »Du läufst weg. Wie denn sonst?«
    Leela saß vor unserer Baracke und scharrte mit den Füßen im Sand. Sie war noch immer wütend. Ich hockte mich neben sie und fragte mich, ob ich das Richtige getan hatte. Früher, als ich Soldat war, war das Leben viel einfacher gewesen. Ich hatte Befehle ausgeführt, ohne nachzudenken. Jetzt musste ich alles selbst entscheiden. Und das war schwer. Ich sah Leela an.
    »Du bist ein Idiot!«, sagte sie. »Ich werde zu Barnabas gehen und sagen, dass ich für ihn nähen werde. Wir brauchen das Geld.«
    Ich schüttelte den Kopf. Gerade als ich ihr sagen wollte, dass wir eine andere Möglichkeit finden würden, tauchte Jobeck auf und befahl mir, ihm zu folgen. Ich stand mit

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