Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
Vom Netzwerk:
uns früher oder später jemand auf die Spur kommen würde. Sicherlich hatte Cato auch Spitzel im Lager.
    Früh am nächsten Morgen rissen uns zwei Wächter aus dem Schlaf und durchsuchten unsere Habseligkeiten. Sie schrien, wir sollten unser Geldversteck verraten und drohten, uns wieder in die Löcher zu stecken. Wir beteuerten immer wieder, dass wir nichts hätten, aber sie glaubten uns nicht. Einer hielt das Buch hoch, das Leela aus Hannover mitgeschleppt hatte. »Was ist das denn?«, sagte er, zerriss es und ließ die Papierschnipsel wie winzige Vögel durch unseren Verschlag flattern, wobei er böse lachte. »Bücher sind hier verboten!«
    Am Ende zogen sie mit unseren Regenplanen ab.
    Wir klagten Barnabas unser Leid. Er schüttelte traurig den Kopf. »In einer Welt, in der die Lämmer zu Wölfen geworden sind, ist das Ende nahe.« Er sah uns aufmunternd an. »Früher oder später bestellt auch der Gerechte erfolgreich sein Feld, und das des Bösen wird verdorren.«
    Er brachte uns zu einem Zelt, aus dem wir es schon von weitem summen hörten, als würden Millionen Fliegen darin lauern. Es waren die Nähmaschinen, die unentwegt ratterten, angetrieben von den Füßen der Arbeiterinnen. Im Zelt herrschte eine unerträgliche Hitze. In den blassen Gesichtern der Frauen und Mädchen hatte sich feiner Staub festgefressen und bildete dort ein schmutziges Netz. Sie sahen aus wie seltsam geschminkte Tote.
    »Nein!«, sagte ich zu Leela. »Du wirst hier nicht arbeiten«, und schob sie raus, während sie mich ansah, als wäre ich verrückt geworden. Als ich ihr erklärt hatte, dass von ihrem Verdienst nichts übrig bleiben würde, zitterte sie vor Wut. »Du wolltest mich für einen Kreuzer verkaufen? Mehr bin ich dir also nicht wert.«
    »Nein, doch, ja!«, verteidigte ich mich. Umsonst, ich kam nicht gegen Leela an, die jetzt Fahrt aufgenommen hatte.
    »Hättest du mich nicht als Geisel genommen, wäre das alles nicht passiert und ich wäre noch bei meinem Vater und würde nicht in diesem …«, sie sah sich um und stampfte mit dem Fuß auf, »… diesem stinkenden Alptraum festsitzen.«
    »Ich wollte doch nur …«, sagte ich zaghaft, aber Leela rauschte einfach davon.
    »Was für ein Temperament!«, sagte Barnabas bewundernd. »Du solltest sie so schnell wie möglich hier rausbringen, sonst wird sie wie die anderen Gespenster hier.« Er zwirbelte seinen Schnurrbart. »Ich wüsste eine Möglichkeit, wie du genug Geld verdienen kannst, um die Schlepper zu bezahlen.«
    Ich sah ihn überrascht an. »Wer sagt denn, dass wir Schlepper brauchen?«
    »Deswegen seid ihr doch hier«, sagte Barnabas. »Du musst mir nichts vormachen. Jeder hier will schnell weg und an einen besseren Ort. So ist das Gesetz unserer Zeit. Dem Menschen dünkt, er sei nicht gemacht für das Joch. Dabei ist und bleibt er ein Esel.«
    »Ein was?«, fragte ich.
    Barnabas winkte ab. »Die wenigsten schaffen es, von einem Ort wie diesem zu entkommen. Selbst wenn sie mühsam ihr Geld zusammengekratzt haben. Die Bruderschaft nimmt es ihnen wieder ab. Was glaubst du, warum sie so mächtig ist?« Er wartete meine Antwort nicht ab. »Weil sie Geld hat und sich damit Macht und Freiheit kauft. Keine Regierung hat es bisher geschafft, die Bruderschaft zu kontrollieren. Sie sind wie Wassertropfen, rinnen einfach zwischen den Fingern hindurch.«
    »Komm zur Sache«, sagte ich. »Wie komme ich hier raus?«
    »Du musst dich zur Armee melden.«
    Mir wurde schwarz vor Augen. »Zur Armee? Niemals!«, ächzte ich.
    »Warte doch erst mal ab.« Er führte mich ein Stück vom Zelt weg, damit uns niemand hören konnte. »Was glaubst du, warum Cato die Mobilmachung befohlen hat?« Ohne meine Antwort abzuwarten, fuhr er fort. »Cato will den ganzen Kontinent mit Krieg überziehen. Er will sich als Eroberer in die Geschichte einschreiben. Und dafür braucht er mehr Kanonenfutter als gewöhnlich. Hübsche junge Männer für die erste Reihe. Und zudem sind all diese jungen Männer mit Kämpfen beschäftigt und kommen folglich nicht auf den Gedanken, Cato zu stürzen.«
    »Ich will nicht kämpfen«, sagte ich.
    Barnabas gab mir mit der Hand ein Zeichen, zu schweigen. »Sollst du auch nicht. Du sollst nur den Jahressold kassieren, den die Armee ihren Freiwilligen zahlt. Im Voraus.« Er machte eine Pause, um seinen Vorschlag einsickern zu lassen.
    »Und dann?«
    »Wenn du das Geld hast, desertierst du, und ich bringe dich mit den Schleppern zusammen. Ich kenne sie gut, ich könnte sie

Weitere Kostenlose Bücher