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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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Gabel auf ein paar Zefs am Nachbartisch, die ich ausbildete. »Wenn die da unter Beschuss geraten, werden sie sich an mich erinnern und wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Und das werden sie nur, weil ich es ihnen einprügele. So ist das Soldatendasein.«
    Leela sah mich angewidert an. Sie hatte ja recht, ich wusste nicht mal, ob ich selbst noch an diesen Schwachsinn glaubte. Aber ich hatte ständig schlechte Laune und dachte, ich müsste besonders hart zu den anderen sein, damit sie meine Zweifel nicht bemerkten.
    Hin und wieder gelang es den Jägern, ein Tier zu schießen. Einen mageren Feldhamster oder Maulwürfe, die wir aufgespießt über einem Feuer rösteten. Doch in der Regel gab es Muschniks, die mir schon zu den Ohren rauskamen. Es gab sie in allen Geschmacksrichtungen. Darunter auch mit Klee, wovon alle schwärmten, sie schmeckten aber genauso pappig wie die übrigen.
    In einem Schuppen entdeckte ich ein seltsames Gefährt. Es hatte die Form eines Eis und vier flache Metallplanken auf dem Dach.
    »Ein Hubschrauber«, sagte Leela.
    »Es hat gar keine Räder«, sagte ich. »Wie ist es denn gefahren?«
    »Es ist geflogen«, wandte sie ein.
    Es war schon schwierig genug, daran zu glauben, dass Flugzeuge geflogen sein sollten. Aber ein fliegendes Ei …?
    »Sie haben es hochgeschossen«, erklärte Leela. »Und dann hat sich das Ding so schnell um sich selbst gedreht, dass es einen Luftunterdruck erzeugt hat, und der hat es in der Luft gehalten.«
    Ich musste grinsen.
    »Das stimmt«, sagte sie empört. »Wenn es aufgehört hat, sich zu drehen, ist es wie ein Stein zu Boden gekracht.«
    »Und die Besatzung?«, wollte ich wissen.
    »Die war dann tot.«
    Ich glaubte ihr kein Wort.
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte sie unvermittelt.
    »Was?«
    »Du schleichst wie dein eigener Schatten durchs Lager. Hast schlechte Laune. Jeder geht dir aus dem Weg.«
    »Lass uns fliehen«, sagte ich heftiger, als ich wollte. »Das bringt doch alles nichts.«
    Leela schüttelte den Kopf. »Ich muss zu meinem Vater«, sagte sie. »Er braucht mich. Ich bin seine Familie.«
    »Und was bin ich?«
    »Du bist mein Freund. Und ich wünsche mir, dass du mit nach Berlin kommst und uns hilfst.«
    Nach einer Pause sagte Leela: »Du traust dir nicht, und deshalb traust du auch anderen nicht.« Ich war sprachlos. Woher wusste sie das?
    Um mich auf andere Gedanken zu bringen, scheuchte ich ein paar Zefs durchs Gelände. Und während ich ihnen zusah, wie sie keuchend durch das Unterholz krochen, tropfte die Säure, die mich innerlich zerfraß, weiter durch meinen Kopf. Ein Teil von mir wollte mit Leela zusammen sein, mit ihr nach Berlin gehen und alles in Ordnung bringen. Der andere Teil wollte, dass alles wieder wurde wie früher. Auch Burger bemerkte meine Zerrissenheit. »Ich weiß nicht recht, ob ich dir trauen kann, Kjell«, sagte er.
    »Da sind wir schon zwei«, sagte ich giftig. Er lachte nicht. »Ich habe während meiner Zeit bei der Armee Kadetten wie dich ausgebildet. Es gab die breite Masse, die nicht weiter auffällt und Dienst nach Vorschrift verrichtet, und es gab die anderen. Die Verwundbaren, die Fragen stellen und wissen wollen, was die Welt zusammenhält.« Er hielt inne und sah ein paar Rekruten zu, die gerade einen mageren Fuchs ausnahmen.
    »Die einen braucht man für den Krieg, die anderen für den Frieden«, fuhr er fort. »Und ich will Frieden. Menschen wie Cato wollen Krieg und Zerstörung. Das liegt in ihrer Natur. Was willst du, Kjell?«
    »Frieden«, sagte ich automatisch, doch ohne innere Überzeugung.
    »Aber wenn es uns nicht gelingt, Amandus zu befreien? Oder wenn Cato uns aufhält oder sogar besiegt, was dann?«, fragte ich.
    »Dann …«, sagte Burger lächelnd, »… werden wir mit fliegenden Fahnen untergehen.«
    Seine Antwort gefiel mir, sie war ehrlich.
    Eines Morgens war es so weit. Alles, was ein Gewehr halten konnte, darunter auch Frauen und Mädchen, sammelte sich auf dem Exerzierplatz. Als Leela und ich durch die Menge gingen, trauten wir unseren Augen nicht. Jemand, den wir nie wieder zu sehen erwartet hätten, redete friedlich mit Burger. Zu seinen Füßen lag reglos eine riesige Dogge, wie ausgestopft. Der Hüne trug schwarzen Lippenstift, seine Fingernägel schimmerten blau.
    »Der Zar!«, hauchte Leela fassungslos. Meine Beine weigerten sich, weiterzugehen. Jetzt entdeckte ich weitere Kämpfer der Bruderschaft. Burger winkte uns heran.
    »Ich brauche euch ja wohl nicht vorzustellen«,

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