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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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dieser Käufer war schwierig zu finden. Niemand, der sich mit Gitarren auskannte, würde sie stehlen. Nur wenige waren im Umlauf, die Spur würde schnell zu Paul führen.
    Nur eine Sorte Dieb kam in Frage. Jemand, der die Gitarre selbst spielen und für sich behalten wollte.
    Ich rief Claude zurück.
    »Ich hab’s«, sagte ich. »Das ist unser Hinweis.«
    »
Ein
Hinweis«, fragte er, »oder
der
Hinweis?«
    »
Der
Hinweis«, sagte ich. »Unsere einzige Spur. Wer immer Paul ermordet hat, wollte diese Gitarre. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Paul deswegen umgebracht wurde. Aber der Täter konnte nicht widerstehen.«
    »Dann verdächtigst du einen von Lydias Liebhabern?«, fragte Claude. »Oder eine von seinen Liebhaberinnen?«
    »Ich glaube«, sagte ich, »es war eine Person, die eine andere Person sehr geliebt hat.«

[home]
    53
    A m Abend zog ich ein paar fette Kokslines von meinem Küchentresen, bevor ich Kelly anrief.
    »Hey«, murmelte sie.
    »Hey«, sagte ich, »erinnerst du dich an Chloe Roman?«
    »Der Fall vom Ende der Welt«, sagte Kelly.
    Ich schilderte ihr, was Chloe gesagt hatte. Dass Chloe von Tracy gehört hatte, möglicherweise nachdem Kelly und ich sie das letzte Mal gesehen hatten.
    »Mist«, sagte Kelly. »Ist sie sicher?«
    »Nein«, sagte ich.
    Kelly schwieg.
    »Was ist mit den Comics?«, fragte ich. »Warum sind sie so selten?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Aber es ist merkwürdig. Sieht aus, als hätten sie nur wenige Exemplare gedruckt, und von denen sind noch weniger erhalten.«
    Kelly schwieg, aber ich wusste, sie war noch nicht fertig.
    »Damals«, sagte sie. »Damals wussten wir nicht, was normal ist, deswegen kamen die Comics uns normal vor. Aber wenn du sie dir heute ansiehst, musst du zugeben, dass sie ziemlich merkwürdig sind, oder? Hast du nicht auch das Gefühl, sie wären für uns allein erfunden worden? Als wären es keine normalen Comics.«
    »Ja«, sagte ich, »das habe ich auch schon gedacht.«
    »Und hast du dich nie gefragt«, wollte sie mit vorwurfsvollem, fast wütendem Unterton wissen, »warum das alles so seltsam war? Warum wir
Détection
ausgerechnet im Haus deiner Eltern gefunden haben und es die Comics nur beim Büchermobil gab? Wie das alles zusammengespielt und uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind?«
    »Natürlich habe ich darüber nachgedacht«, sagte ich, auch wenn das nicht stimmte. Das Schicksal teilt uns die Karten zu, mit denen wir spielen müssen.
    »Im Ernst«, sagte sie. »Wer zum Teufel sind wir denn? Hast du dich das je gefragt? Wer zum Teufel sind wir?«
    Kelly war fertig und legte auf. Ich spürte ein Zittern in allen Knochen, und ich wusste, sie hatte recht.
    Wer zum Teufel waren wir?

[home]
    54
    W ir wussten nicht, an welchem Abend und um wie viel Uhr Rob Scorpio probte. Claude rief den Proberaum an und erfuhr, dass Scorpio Rising einen festen Termin hatten, jeden Donnerstag um halb neun. Aber als wir den Proberaum am Donnerstag um halb neun aufsuchten, spielten die Rabid Elves. Angeblich hatten sie mit dem Scorpio-Clan getauscht und ihren Freitagstermin um zehn aufgegeben. Die Rabid Elves waren ziemlich gut, so dass ich ihnen eine Namensänderung empfahl, aber die Sängerin, eine stark tätowierte Latina namens Marie, sagte mir, ich solle mich ins Knie ficken. Einverstanden. Als wir am Freitag um zehn wiederkamen, spielten Lucky Strike, eine Surferband mit weißen Fender Strats und Farfisa-Orgel. Scorpio Rising kannten sie nicht. Sie hätten ihren Probetermin mit »den Regenmachern« getauscht.
    Ich wollte den kleinen Scorpio nicht verschrecken, deswegen fragte ich nicht weiter herum. Ich beauftragte Claude, sich auf die Lauer zu legen, bis Rob auftauchte. Wahrscheinlich würde es unter der Woche passieren (Wochentage waren billiger) und eher gegen Abend (meiner Vermutung nach war Rob nicht gerade ein Frühaufsteher). Claude observierte die Proberäume am Montagabend und am Dienstagabend und dann am Mittwochabend. Er hatte nie zuvor jemanden observiert. Ich verpasste ihm einen Schnellkurs. Wenig trinken und immer eine leere Flasche zur Hand haben. Hörbücher oder gute Musik einpacken, womöglich ist auf den Radioempfang kein Verlass. Was immer beim Wachbleiben hilft, ist erlaubt – Kaffee, Tee, Kokain, Ritalin. Was immer müde macht, ist verboten – schweres Essen, Opiate, Marihuana.
    Der Donnerstag kam und ging. Freitag. Samstag. Sonntag. Ab Montag legte Claude sich tagsüber auf die Lauer.
    Am Dienstagabend ging ich alle

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