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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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von absurder Komplexität wie CDO oder so phantastischen Gebilden wie CDO² und
     CDO³.
    Sehen wir uns einen typischen CDO² an. Ausgangspunkt sind tausenderlei Kredite, ob gewerbliche Hypotheken, Baudarlehen, Autokredite,
     Kreditkartenforderungen, Darlehen für kleine Unternehmen oder Ausbildungskredite. Diese werden in einem forderungsbesicherten
     Wertpapier gebündelt. Das entstandene Wertpapier wird mit 99 anderen Papieren zu einem CDO zusammengeschnürt. Nun nehmen wir
     dieses CDO und kombinieren es wiederum mit 99 anderen CDOs, von denen sich jedes aus einer eigenen Mischung von hypothekenbesicherten
     Wertpapieren zusammensetzt. Der Rest ist Mathematik: Theoretisch muss der Käufer eines solchen CDO² durchschauen können, wie
     solide die zehn Millionen zugrundeliegenden Darlehen sind – eine unmögliche Aufgabe.
    Daher müssen Papiere wie CDOs – scherzhaft auch Chernobyl Death Obligations (Tschernobyl-Todesobligationen) genannt – stark
     reguliert oder verboten werden. In ihrer jetzigen Form sind sie von den Vermögenswerten, von denen sie ihren Wert ableiten,
     zu weit entfernt und nahezu unmöglich zu standardisieren. Aufgrund ihrer individuellen Komplexität verbergen sie Risiken eher,
     als sie zu übertragen, und das alles geschieht unter dem Deckmantel undurchsichtiger und irreführender Strategien des Risikomanagements.
    Der seltsame Werdegang von CDOs und anderen Giftpapieren ruft unwillkürlich ein anderes Akronym ins Gedächtnis: GIGO |262| oder »Garbage in, Garbage out« – wo Müll reinkommt, kommt auch Müll raus. Oder, um noch einmal das Bild von der Wurstherstellung
     zu bemühen: Wer seine Wurst mit Ratten- und Gammelfleisch füllt und diese zusammen mit anderen Würsten aus ähnlich unappetitlichen
     Zutaten abpackt, der hat das Problem nicht gelöst. Seine Wurst ist nach wie vor ungenießbar.
    Das bringt uns zum wichtigsten Aspekt der Verbriefungsreform: der Qualität der Zutaten. Letztendlich besteht das Problem bei
     der Verbriefung gar nicht so sehr darin, dass die Zutaten bis zur Unkenntlichkeit geschnitten und gehäckselt wurden. Es geht
     vielmehr darum, dass diese Zutaten von Anfang an nichts taugten. Das Problem der KVV-Strategie liegt also weniger beim Vertrieb
     als bei der Herstellung. Dabei spielt die Kreditwürdigkeit der zu Anfang ausgereichten Darlehen die größte Rolle.
    Daher sollte die Reform zunächst die Darlehensvergabe selbst betreffen. Den erforderlichen Aufsichtsapparat gibt es bereits.
     In den Vereinigten Staaten sind das zum Beispiel die Notenbank, der Einlagensicherungsfonds und die verschiedenen Aufsichtsbehörden
     für Sparkassen, Banken und Genossenschaftsbanken. Sie alle haben Befugnisse zur Überwachung und Regulierung der Darlehen,
     die schließlich zu forderungsbesicherten Wertpapieren verbrieft werden. Die bestehenden Vorschriften und Richtlinien müssen
     lediglich eingehalten und verstärkt werden. Die Papiertiger müssen Zähne bekommen, um zu verhindern, dass nichts Unverdauliches
     in die Wertpapier-Wurst gelangt.
    Die Notenbank hat bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, indem sie eine Verschärfung der »Kreditwahrheit« (auch
     »Regulation Z« genannt) forderte. 14 Mithilfe dieser Bestimmungen könnten potenzielle Kreditnehmer die tatsächlichen Kosten ihrer Hypothek sehr viel besser überblicken,
     und die Kreditinstitute selbst würden neuen Beschränkungen unterliegen. Die Vergütung von Hypothekenmaklern und Kreditsachbearbeitern
     würde nicht länger an den Kreditzins und andere Konditionen gekoppelt. Desgleichen wäre es Hypothekenmaklern und Kreditsachbearbeitern |263| ausdrücklich untersagt, ihren Kunden höhere und teurere Darlehen schmackhaft zu machen, nur um die eigenen Bezüge in die Höhe
     zu treiben.
    All dies ist durchaus vernünftig. Doch wenn die Politik in der Wurstküche der Verbriefung aufräumen will, benötigt sie eine
     »Fleischbeschau«, Instanzen also, die solche Produkte benoten. Das sind die Ratingagenturen, und wie ihre Kollegen aus der
     Lebensmittelbranche sind auch sie ihren Aufgaben nicht immer nachgekommen.
     
     
    Reform der Ratingagenturen
     
    In den Vereinigten Staaten haben mit Standard & Poor’s, Moody’s Investors Service und Fitch Rating drei große private Ratingagenturen
     erhebliche Macht. Sie vergeben Noten für alles – von Hypotheken über Unternehmensanleihen bis hin zu den Staatsschulden ganzer
     Nationen. Diese Noten, die die Wahrscheinlichkeit eines

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