Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Zahlungsausfalls angeben, spielen eine entscheidende Rolle für die
Risikobewertung auf den Finanzmärkten. Im Grunde stellen die Ratings eine Möglichkeit dar, die gebotene Sorgfalt bei der Prüfung
auf andere abzuwälzen. Wenn Moody’s eine CDO-Tranche als sicher bezeichnet und mit »AAA« bewertet, kann sich jeder andere
die Mühe sparen, das Wertpapier auf Herz und Nieren zu prüfen.
Der Aufstieg der Ratingagenturen begann in den 1930er Jahren. 15 Ihre Vorläufer vergaben Ratings, mit denen die Regulierungsbehörden die Qualität der von Banken gehaltenen Anleihen bewerteten.
Mit der offiziellen staatlichen Billigung zementierten diese Organisationen ihren Einfluss. In der unmittelbaren Nachkriegszeit
verloren sie zwar an Bedeutung, erstarkten aber in den siebziger Jahren wieder, als die Ausfallquoten bei Anleihen stiegen
und Ratings für die Risikobewertung eine immer größere Rolle spielten.
|264| Im Jahr 1975 zertifizierte die Börsenaufsicht der Vereinigten Staaten landesweit anerkannte Ratingorganisationen. Das bedeutete,
dass sich jeder, der Schuldtitel verkaufen wollte, von einer dieser Agenturen bewerten lassen musste. Fitch, Standard & Poor’s
und Moody’s gehörten zu den Glücklichen, die die begehrte Zulassung erhielten. Die Börsenaufsicht ließ zunächst sieben Agenturen
zu, doch durch Fusionen blieben nur diese drei übrig. In jüngster Zeit hat die Börsenaufsicht allerdings einige neue Unternehmen
zugelassen.
Im Lauf der Zeit haben sich die Ratingagenturen drastisch gewandelt. In den Anfangsjahren wurden sie von den Investoren finanziert,
die einzelne Anlagen bewerten lassen wollten. Mit der Zeit veränderte sich dieses Einnahmenmodell, auch weil sich manche Investoren
umsonst Bewertungen beschafften, indem sie einfach die Ratingbücher von Freunden kopierten. Um dieses Problem zu umgehen,
stellten die Ratingagenturen auf ein neues Geschäftsmodell um. Sie boten ihre Dienstleistungen nicht mehr den Investoren an,
sondern den Ausgebern der Schuldtitel. Das neue Geschäftsmodell entsprach den Reformen der Börsenaufsicht, die es dem Emittenten
auferlegten, ein Rating zu beschaffen. In den achtziger Jahren war die Umstellung abgeschlossen. Nunmehr zahlten die Emittenten
von Anleihen für die Ratings.
Dadurch entstand ein erheblicher Interessenkonflikt. Die Banken, die Wertpapiere auf den Markt bringen wollten, konnten sich
bei den Agenturen nach dem besten Rating »umschauen« und Angebote vergleichen. Eine Ratingagentur konnte eine geplante Emission
zwar als Schrott bewerten, doch damit riskierte sie, den Kunden zu verlieren. Es lag also immer mehr im Interesse der Ratingagenturen,
den Kunden das zu geben, was sie verlangten. Wenn sie ein AAA-Rating für ein mit minderwertigen Hypotheken besichertes Wertpapier
haben wollten, dann bekamen sie es auch.
Obendrein begannen die Ratingagenturen, Einnahmen aus anderen, nicht minder fragwürdigen Quellen zu beziehen. So wandten sich
Banken bei der Zusammenstellung ihrer strukturierten |265| Finanzprodukte an eine der Ratingagenturen und ließen sich beraten, wie sie diese Produkte so gestalten konnten, dass sie
von derselben Agentur möglichst hoch bewertet würden. Die Agentur kassierte für die Beratung und Bewertung. Solche Dienstleistungen
wurden als »Beratung« oder »Modellentwicklung« bezeichnet. Vielleicht waren sie das ja wirklich. Vielleicht war es aber auch
so, als würde ein Professor Geld dafür nehmen, dass er seinen Studenten sagt, was sie lernen sollen, um in der Prüfung die
besten Noten zu bekommen. Koscher ist das nicht.
Wie aber lassen sich die Ratingagenturen reformieren? Auf jeden Fall muss es den Agenturen untersagt werden, Beratungsleistungen
anzubieten. Agenturen dürften nur die eine Aufgabe haben, Schuldtitel zu bewerten. Alles andere führt zu potenziellen Interessenkonflikten.
Nach den neuen Vorschriften der Börsenaufsicht ist es den Ratingagenturen zwar untersagt, die von ihnen bewerteten Unternehmen
zu beraten, doch diese Regeln lassen sich nur schwer umsetzen. Stattdessen sollte die Behörde den Ratingagenturen die Beratungstätigkeit
ganz verbieten.
Auch eine Verbesserung des Wettbewerbs in diesem privilegierten Segment wäre sinnvoll. Vor zehn Jahren, als der Ruf der großen
Drei noch unbeschädigt war, wäre diese Forderung vermutlich kaum zu rechtfertigen gewesen. Heute gibt es dafür genügend Argumente.
Leider macht es die Börsenaufsicht neuen
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