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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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anderes größeres Projekt
     in Auftrag gegeben werden. Die Summe der Investitionen im Inland ist die »gesamtwirtschaftliche Investition.« Wenn nach dieser
     Geld übrig ist, verzeichnet das betreffende Land einen Leistungsbilanzüberschuss. Die Leistungsbilanz ist die Differenz zwischen
     nationalen Ersparnissen und nationalen Investitionen, und die ist in diesem Fall positiv. Das bedeutet, dass überschüssige
     Spargroschen am Ende außer Landes fließen.
    Dieses Beispiel ist stark vereinfacht. Schließlich haben die Regierungen in der Regel eher defizitäre Leistungsbilanzen, selbst
     wenn Haushalte und Unternehmen größere Überschüsse vorweisen können. Doch ein Land mit positiven gesamtwirtschaftlichen Ersparnissen
     hat nicht unbedingt eine positive Leistungsbilanz. Nehmen wir an, die ganzen Ersparnisse werden in heimische Investitionen
     gesteckt, doch der Investitionsbedarf ist damit nicht gedeckt. Schwellenländer haben beispielsweise häufig eine Investitionsnachfrage,
     die durch Ersparnisse im eigenen Land allein |324| nicht befriedigt wird. Ein solches Land wird vermutlich Investitionskapital aus dem Ausland anziehen. In der Folge fließt
     Geld in das Land. Das wiederum bedeutet, dass das Land am Ende mit einem Leistungsbilanzdefizit dasteht.
    Natürlich gibt es verschiedene Betrachtungsweisen für Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite gibt. Ein Überschuss oder ein
     Defizit ist für sich genommen weder gut noch schlecht. Es gibt schlicht eine komplexere Realität wieder, die der Situation
     zugrunde liegt. Steigen die Haushaltsdefizite eines Staates drastisch an, kann das zu einem Leistungsbilanzdefizit führen,
     doch ein Investitionsboom hat dasselbe Ergebnis. Ein Rückgang der privaten Ersparnisse, der erfolgt, wenn die Menschen zu
     viel und vor allem zu viele ausländische Produkte konsumieren, kann ebenfalls ein Leistungsbilanzdefizit bewirken. Das hängt
     ganz davon ab, wie sich die verschiedenen Faktoren summieren.
    Nehmen wir an, ein Land hat ein Leistungsbilanzdefizit mit mehr Ausgaben als Einnahmen, mehr Investitionen als Ersparnissen
     und mehr Importen als Exporten. Wie finanziert es diese Differenz? Üblicherweise leihen andere Länder dem betreffenden Land
     Geld, indem sie seine Staatsanleihen kaufen oder auf andere Weise Geld in seine Wirtschaft investieren. Ausländer können Aktien
     oder Immobilien kaufen, oder sie können Direktinvestitionen tätigen, indem sie Unternehmen erwerben oder gründen (wie japanische
     und europäische Autobauer, die in den Vereinigten Staaten Fertigungsstätten errichten). Alternativ kann ein Land sein Leistungsbilanzdefizit
     finanzieren, indem die Zentralbank Fremdwährungen abstößt oder inländische Investoren ihre ausländischen Anlagen verkaufen.
     Insgesamt entsprechen der Leistungsbilanzsaldo und das, was die Wirtschaftsexperten als Kapitalbilanz bezeichnen (die Veränderung
     der privaten Auslandsanlagen eines Landes abzüglich seiner Auslandsschulden), den Veränderungen der Zentralbankreserven.
    In manchen Ländern sind Defizite an der Tagesordnung und in anderen Überschüsse, doch diese Ungleichgewichte sind in den |325| letzten Jahren immer weiter aus dem Lot geraten. Bis zum Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 stiegen die Leistungsbilanzdefizite
     der Vereinigten Staaten und einiger anderer Länder immer mehr an. Wie kam das?
     
     
    Von Schwellenländern lernen
     
    Die Wirtschaftstheorie besagt, dass Schwellenländer in der Regel Leistungsbilanzdefizite aufweisen, während höher entwickelte
     Volkswirtschaften Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaften. Der Theorie nach investieren Industrieländer, die nach ihren
     Investitionen im Inland noch Geld übrig haben, dieses in Schwellenländern, wo der Investitionsbedarf die heimischen Ersparnisse
     übersteigt. Investoren aus hoch entwickelten Volkswirtschaften können Anleihen, Aktien und Immobilien der aufstrebenden Märkte
     kaufen oder dort direkt investieren, immer in der Hoffnung auf hohe Renditen. Manchmal profitieren beide Seiten, in anderen
     Fällen endet das Ganze in der Krise.
    Solche Krisen entwickeln sich seit Jahrhunderten nach einem ähnlichen Muster. Ausländische Investitionen fließen in ein Land
     und speisen dort eine Spekulationsblase auf dem einen oder anderen Markt. Dadurch wächst das Leistungsbilanzdefizit des Landes,
     da der private Konsum zunimmt und Investitionen boomen. In manchen Fällen entstehen große Haushaltsdefizite. Die Schulden
    

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