Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
anderes größeres Projekt
in Auftrag gegeben werden. Die Summe der Investitionen im Inland ist die »gesamtwirtschaftliche Investition.« Wenn nach dieser
Geld übrig ist, verzeichnet das betreffende Land einen Leistungsbilanzüberschuss. Die Leistungsbilanz ist die Differenz zwischen
nationalen Ersparnissen und nationalen Investitionen, und die ist in diesem Fall positiv. Das bedeutet, dass überschüssige
Spargroschen am Ende außer Landes fließen.
Dieses Beispiel ist stark vereinfacht. Schließlich haben die Regierungen in der Regel eher defizitäre Leistungsbilanzen, selbst
wenn Haushalte und Unternehmen größere Überschüsse vorweisen können. Doch ein Land mit positiven gesamtwirtschaftlichen Ersparnissen
hat nicht unbedingt eine positive Leistungsbilanz. Nehmen wir an, die ganzen Ersparnisse werden in heimische Investitionen
gesteckt, doch der Investitionsbedarf ist damit nicht gedeckt. Schwellenländer haben beispielsweise häufig eine Investitionsnachfrage,
die durch Ersparnisse im eigenen Land allein |324| nicht befriedigt wird. Ein solches Land wird vermutlich Investitionskapital aus dem Ausland anziehen. In der Folge fließt
Geld in das Land. Das wiederum bedeutet, dass das Land am Ende mit einem Leistungsbilanzdefizit dasteht.
Natürlich gibt es verschiedene Betrachtungsweisen für Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite gibt. Ein Überschuss oder ein
Defizit ist für sich genommen weder gut noch schlecht. Es gibt schlicht eine komplexere Realität wieder, die der Situation
zugrunde liegt. Steigen die Haushaltsdefizite eines Staates drastisch an, kann das zu einem Leistungsbilanzdefizit führen,
doch ein Investitionsboom hat dasselbe Ergebnis. Ein Rückgang der privaten Ersparnisse, der erfolgt, wenn die Menschen zu
viel und vor allem zu viele ausländische Produkte konsumieren, kann ebenfalls ein Leistungsbilanzdefizit bewirken. Das hängt
ganz davon ab, wie sich die verschiedenen Faktoren summieren.
Nehmen wir an, ein Land hat ein Leistungsbilanzdefizit mit mehr Ausgaben als Einnahmen, mehr Investitionen als Ersparnissen
und mehr Importen als Exporten. Wie finanziert es diese Differenz? Üblicherweise leihen andere Länder dem betreffenden Land
Geld, indem sie seine Staatsanleihen kaufen oder auf andere Weise Geld in seine Wirtschaft investieren. Ausländer können Aktien
oder Immobilien kaufen, oder sie können Direktinvestitionen tätigen, indem sie Unternehmen erwerben oder gründen (wie japanische
und europäische Autobauer, die in den Vereinigten Staaten Fertigungsstätten errichten). Alternativ kann ein Land sein Leistungsbilanzdefizit
finanzieren, indem die Zentralbank Fremdwährungen abstößt oder inländische Investoren ihre ausländischen Anlagen verkaufen.
Insgesamt entsprechen der Leistungsbilanzsaldo und das, was die Wirtschaftsexperten als Kapitalbilanz bezeichnen (die Veränderung
der privaten Auslandsanlagen eines Landes abzüglich seiner Auslandsschulden), den Veränderungen der Zentralbankreserven.
In manchen Ländern sind Defizite an der Tagesordnung und in anderen Überschüsse, doch diese Ungleichgewichte sind in den |325| letzten Jahren immer weiter aus dem Lot geraten. Bis zum Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 stiegen die Leistungsbilanzdefizite
der Vereinigten Staaten und einiger anderer Länder immer mehr an. Wie kam das?
Von Schwellenländern lernen
Die Wirtschaftstheorie besagt, dass Schwellenländer in der Regel Leistungsbilanzdefizite aufweisen, während höher entwickelte
Volkswirtschaften Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaften. Der Theorie nach investieren Industrieländer, die nach ihren
Investitionen im Inland noch Geld übrig haben, dieses in Schwellenländern, wo der Investitionsbedarf die heimischen Ersparnisse
übersteigt. Investoren aus hoch entwickelten Volkswirtschaften können Anleihen, Aktien und Immobilien der aufstrebenden Märkte
kaufen oder dort direkt investieren, immer in der Hoffnung auf hohe Renditen. Manchmal profitieren beide Seiten, in anderen
Fällen endet das Ganze in der Krise.
Solche Krisen entwickeln sich seit Jahrhunderten nach einem ähnlichen Muster. Ausländische Investitionen fließen in ein Land
und speisen dort eine Spekulationsblase auf dem einen oder anderen Markt. Dadurch wächst das Leistungsbilanzdefizit des Landes,
da der private Konsum zunimmt und Investitionen boomen. In manchen Fällen entstehen große Haushaltsdefizite. Die Schulden
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