Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
steigen, und es wird Fremdkapital angehäuft. Irgendwann platzt die Blase, und manche Bereiche dieser Volkswirtschaft – private
Haushalte, Unternehmen, Finanzdienstleister oder auch der Staat – werden in Mitleidenschaft gezogen. Dann kann das Land seine
Schulden nicht bedienen, oder seine Währung bricht zusammen, oder beides.
In den letzten Jahren hat sich diese Aschenputtelgeschichte in verschiedenen Varianten abgespielt. Die Ursachen sind jeweils
sehr unterschiedlich. Eine ist ein Leistungsbilanzdefizit, das hauptsächlich |326| auf einem wachsenden Haushaltsdefizit beruht. Solche Defizite sind nicht unbedingt von Übel, wenn beispielsweise das fragliche
Land im Ausland Anleihen ausgibt, um zu Hause die Infrastruktur zu verbessern. Dadurch wird es wettbewerbsfähiger, kann mehr
Güter und Dienstleistungen produzieren und exportieren und das Leistungsbilanzdefizit am Ende in einen Überschuss verwandeln.
Leider pflastern Staatsausgaben manchmal den Weg ins Verderben – vor allem, wenn sie in die Entlohnung von Staatsdienern fließen
statt in den Aufbau der Infrastruktur. Die Folge ist, dass die betroffenen Länder enorme Haushaltsdefizite anhäufen und zu
viele Anleihen ausgeben. Irgendwann weigern sich die ausländischen Investoren, diese Anleihen umzuschulden, oder sie kaufen
keine weiteren und es kommt zu einer Schuldenkrise. 2 Dies passierte zum Beispiel in Lateinamerika Anfang der achtziger Jahre, in Russland 1998, in Ecuador 1999 und in Argentinien
2001 und 2002. Diese Länder konnten ihre von In- und Ausländern gehaltenen Staatsanleihen de facto nicht mehr bedienen, und
die Währungen brachen zusammen. In jedem Fall flüchteten die ausländischen Investoren aus dem betroffenen Land, und die dortige
Wirtschaft rutschte in eine schwere Rezession. In Argentinien stiegen die Verbraucherpreise beispielsweise in nur einem Jahr
um ganze 40 Prozent, und die Arbeitslosenquote steuerte auf 25 Prozent zu. Andere Länder wie die Ukraine und Pakistan im Jahr
1999 oder Uruguay 2002 konnten den Staatsbankrott zwar vermeiden, erlitten aber erhebliche Schäden und eine Währungskrise.
Doch Leistungsbilanzdefizite müssen nicht in eine nationale Schulden- und Währungskatastrophe münden. Ein Beispiel dafür wäre
ein Schwellenland, dessen Leistungsbilanz zum Teil deshalb defizitär wird, weil es im Ausland hohe Kredite aufnimmt, um Investitionen
in seine Volkswirtschaft zu finanzieren. Es baut zum Beispiel neue Fabriken oder steckt das Geld in andere künftige Einnahmequellen.
Im Idealfall ermöglichen es solche Investitionen dem Land, mehr Güter zu produzieren und Dienstleistungen zu erbringen, die
es ins Ausland exportieren kann. Dadurch kann |327| es seine Schulden tilgen und steht hoffentlich am Ende mit einem Leistungsbilanzüberschuss da.
Aber auch ein durch ausländische Investitionen verursachtes Leistungsbilanzdefizit kann in die falsche Richtung kippen – so
geschehen in den neunziger Jahren in Ländern wie Indonesien, Südkorea, Thailand und Malaysia. Diese Länder verzeichneten keine
besonders großen Haushaltsdefizite. Ihre defizitären Leistungsbilanzen ergaben sich fast ausschließlich durch das Missverhältnis
von privaten Ersparnissen im Inland und Investitionen aus dem Ausland. In jedem dieser Fälle schwoll das Leistungsbilanzdefizit
an, bis es nicht mehr beherrschbar war, und am Ende stand ein Zusammenbruch der Wirtschaft. Doch warum?
Zum einen lautete ein Großteil der von ausländischen Investoren geliehenen Beträge auf Fremdwährungen. Kredite in Dollar oder
Yen waren unter anderem deshalb attraktiv, weil die Zentralbanken dieser Schwellenländer auf dem Devisenmarkt intervenierten,
um die Landeswährung künstlich hoch zu halten. So konnten die betreffenden Länder immer mehr Kredite in Fremdwährung aufnehmen,
und ihre Auslandsschulden stiegen immer weiter.
Als das Leistungsbilanzdefizit extreme Werte erreichte, verloren die ersten Investoren die Nerven und sprangen ab. Die Zentralbanken
versuchten vergeblich, den alten Wechselkurs zu halten, doch zu viele ausländische Investoren tauschten ihr Geld zum festgelegten
Kurs. Dadurch flossen die Reserven der Zentralbank ab, und diese war nicht mehr in der Lage, die Landeswährung zu stützen.
Am Ende kollabierte das alte Wechselkursregime ebenso wie die Währung.
Mit dem Wertverfall der Landeswährung schnellte der reale Wert der auf Fremdwährungen lautenden Schulden in die Höhe.
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