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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Industrienationen immer mehr an die Schwellenländer von vor zehn Jahren: Nun fanden
     die aus dem Ausland finanzierten Booms hier statt. Die Spekulationsblase auf dem amerikanischen Immobilienmarkt wurde beispielsweise
     zum großen Teil von Ausländern finanziert, die während des Booms über die Hälfte der mit Hypotheken und anderen Forderungen
     besicherten Wertpapiere aufkauften. Als die Immobilienpreise immer weiter anzogen, fühlten sich die Amerikaner reicher, sparten
     weniger, gaben mehr Geld aus und trieben das Leistungsbilanzdefizit in die Höhe. Die Bürger anderer Industrieländer verhielten
     sich ähnlich. Zwar haben sich die Leistungsbilanzdefizite nach der Finanzkrise verringert, doch keines der betreffenden Länder
     dürfte in absehbarerer Zukunft Überschüsse verzeichnen.
    Diese Entwicklungen widersprechen der gängigen Lehrmeinung und den historischen Präzedenzfällen. Normalerweise haben Industrieländer
     Leistungsbilanzüberschüsse und Schwellenländer Leistungsbilanzdefizite. In den Industrieländern angesammeltes Kapital wird
     früher oder später in Schwellenländer investiert, nicht umgekehrt. Doch wir leben heute in einer Welt, in der immer mehr das
     Gegenteil der Fall ist – die Welt steht gewissermaßen kopf.
     
     
    Rashomon
     
    Die Debatte um die Leistungsbilanzungleichgewichte erinnert an den Kinoklassiker
Rashomon
von Akira Kurosawa. Der Film erzählt die Geschichte eines schrecklichen Verbrechens, das in einem Wald begangen wurde. Verschiedene
     Personen berichten von dem schlimmen Ereignis, doch jeder von ihnen erzählt eine andere Version und nennt einen anderen Schuldigen. 3
    Wie in dem Film das Verbrechen, ist auch die Existenz der globalen Ungleichgewichte unbestritten. Alle sind sich einig, dass
     die Bilanzungleichgewichte groß sind und weiter wachsen. Die Vereinigten |331| Staaten und einige andere Industrienationen leben über ihre Verhältnisse, während der größte Teil der übrigen Welt – vor allem
     China, die asiatischen Schwellenländer, verschiedene erdölexportierende Länder, lateinamerikanische Staaten sowie Deutschland
     und eine Hand voll andere europäischer Länder – das genaue Gegenteil tut. Doch wer der Schuldige ist und wer bestraft werden
     sollte, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
    Das hängt mit dem Umstand zusammen, dass in Wirtschaftskreisen viele verschiedene Versionen dieses »Verbrechens« in Umlauf
     sind. Manche der Anschuldigungen und Alibis sind zwar mehr oder minder wahr, doch es kursieren auch viele falsche Informationen.
     Es muss daher reiner Tisch gemacht werden, um ein paar zentrale Fragen beantworten zu können: Warum sind diese Ungleichgewichte
     in den letzten Jahren entstanden? Sind sie von Dauer? Wenn nicht, wer sollte etwas dagegen unternehmen?
    Beginnen wir mit einer eher fadenscheinigen Erklärung des Leistungsbilanzdefizits, der sogenannten »These der Dunklen Materie«. 4 Anhänger dieses Märchens, allen voran die Wirtschaftswissenschaftler Ricardo Hausmann und Federico Sturzenegger, behaupten,
     wenn das Leistungsbilanzdefizit tatsächlich so groß wäre, wie die amtlichen Zahlen besagen, könnten sich die Vereinigten Staaten
     wohl kaum zu so niedrigen Zinsen in der übrigen Welt Geld leihen. Die selben Wirtschaftsfachleute führen ins Feld, dass die
     Vereinigten Staaten mit ihren Anlagen im Ausland höhere Erträge erzielten als Ausländer auf ihre amerikanischen Investitionen,
     was im Kontext eines massiven Leistungsbilanzdefizits ebenfalls schwer nachvollziehbar sei.
    Ihre Erklärung ist einfach: Es gibt gar kein Leistungsbilanzdefizit. Dies sei, so führten sie aus, »lediglich eine von einem
     unnatürlichen Bilanzierungsregelwerk verursachte Verwirrung«. In Wirklichkeit gebe es da draußen »dunkle Materie«, die von
     den geltenden Bilanzierungsregeln nicht erfasst werde. Diese wertvolle dunkle Materie sei schwer zu bepreisen, weil sie aus
     den immateriellen Dingen bestehe, die die Vereinigten Staaten zu bieten hätten, beispielsweise |332| Versicherung, Liquidität und Wissen. Der Wissensaspekt wird von den Autoren besonders hervorgehoben. Sie behaupten, dass überlegenes
     »Know-how, das im Ausland von amerikanischen Unternehmen eingesetzt« würde, nicht in die Statistik einfließe und das ganze
     Gerede über ein Leistungsbilanzdefizit Unfug sei.
    Diese These wurde in vielen Punkten angefochten. 5 So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn Ausländer, die ihr Geld in den

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