Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
ausweiten, kämen die Bereitschaft und die Fähigkeiten der Europäischen
Zentralbank und vor allem der französischen und deutschen Steuerzahler irgendwann an ihre Grenzen. Das betreffende Land –
Griechenland zum Beispiel – müsste aus der Währungsunion austreten und anstelle des Euro eine neue, abgewertete Währung einführen.
Dieses Doppelszenario aus Zahlungsunfähigkeit und Abwertung hätte verheerende Folgen. Mit der Einführung einer neuen, niedriger
bewerteten Währung, einer neuen Drachme etwa, könnte ein Land wie Griechenland unweigerlich seine auf Euro lautenden öffentlichen
und privaten Schulden nicht mehr bedienen.
Etwas Ähnliches passierte im Jahr 2001 in Argentinien. Der Abschied von der Dollarbindung und die drastische Abwertung des
Pesos führten zu einer Welle von Ausfällen bei auf US-Dollar lautenden öffentlichen und privaten Verbindlichkeiten. Auf Dollar |376| lautende Inlandsschulden wurden in Peso umgerechnet und verloren an Wert – ein Prozess, der als »Pesifizierung« bezeichnet
wurde. 3 Eine Währungsabwertung und ein Zahlungsausfall von Griechenland oder Italien hätten eine entsprechende »Drachmifizierung«
oder »Liralisierung« inländischer, auf Euro lautender Verbindlichkeiten zur Folge und würden Gläubigern und Sparern zwangsläufig
herbe Verluste bescheren.
Eine Währungsunion hatte ohne eine politische Union und vor allem ohne eine Vereinigung der Haushalte noch nie Bestand. Sollte
es tatsächlich zu diesen Ausfällen und Abwertungen kommen, würde der Kontrast zwischen der Eurozone und den Vereinigten Staaten
noch krasser. Kalifornien und andere Bundesstaaten stehen zwar vor Haushaltskrisen, doch der Föderalismus ermöglicht eine
nationale Lösung dieser Probleme. Die Eurozone verfügt dagegen über keine vergleichbaren Mechanismen.
Ein Zerfall der Währungsunion könnte gar zur teilweisen Auflösung der Europäischen Union führen. Jeder Mitgliedstaat, der
aus der Währungsunion austritt und seine Schulden bei anderen Mitgliedstaaten nicht bedient, kann in letzter Konsequenz aus
der Europäischen Union ausgeschlossen werden. Dieses Schicksal, das vor wenigen Jahren noch unvorstellbar war, ist für die
Regierungen in Athen, Rom, Madrid und Lissabon zu einer realen Möglichkeit geworden. Jahre wirtschaftlicher Divergenz und
eine Erosion der Wettbewerbsfähigkeit in diesen Ländern haben einen solchen Ausgang wahrscheinlicher gemacht.
Quo vadis, Japan?
Japan steckt in ähnlich großen Schwierigkeiten wie die Eurozone. Das Platzen einer Immobilien- und Aktienblase Anfang der
1990er Jahre führte zu einem Jahrzehnt wirtschaftlicher Stagnation mit vier Rezessionen und einer ernstzunehmenden Deflation.
Nach dem Platzen der Spekulationsblase wurden viele politische Fehler |377| gemacht. Währungspolitische Lockerungen und Steueranreize kamen zu spät und wurden zu früh zurückgenommen. Zombiebanken wurden
zu lange am Leben erhalten und erst Ende des Jahrzehnts rekapitalisiert. Eine Rezession mit zwei Tiefpunkten im Jahr 2000
verschärfte das Doppelproblem durch Deflation und Stagnation noch. Erst nach dem Jahr 2004 erreichte Japan wieder potenzielle
Wachstumsraten von 2 Prozent.
In der jüngsten Wirtschaftskrise schrumpfte die japanische Wirtschaft stärker als die amerikanische, obwohl die meisten Finanzunternehmen
kaum Giftpapiere oder strukturierte Finanzprodukte besaßen. Doch Japan war aufgrund seiner starken Abhängigkeit vom Außenhandel
anfällig, der wiederum an einem schwachen Yen hing. Als das globale Wachstum und der Handel in den Jahren 2008 und 2009 einbrachen,
kollabierte der Export. Der Carry Trade im Yen ging zurück und der Yen stieg. Der Aufschwung war seither bestenfalls dürftig.
Japan hat eine ganze Reihe von Strukturproblemen. Seine alternde Bevölkerung und die gleichzeitige Ablehnung von Immigranten
haben die Wirtschaft in eine demografische Zwickmühle gebracht, die das Wachstum weiter hemmen wird. Ein ineffizienter, verknöcherter
Dienstleistungssektor mit geringer Produktivität hat sich als wenig wandlungsfähig erwiesen. Dies gilt auch für die rigiden
Konventionen in Wirtschaft und Gesellschaft wie zum Beispiel Beschäftigung auf Lebenszeit. Das politische System ist gleichermaßen
unbeweglich und zeigt keine Bereitschaft zu Strukturreformen, die nötig wären, um solche Hemmnisse zu überwinden. Japan wird
seine Position als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt
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