Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Zahlungsunfähigkeit und könnten die Druckerpressen anwerfen, um ihre Schulden in den Griff zu bekommen. Das könnte
eine Inflation in einer Höhe bewirken, wie wir sie zuletzt in den 1970er Jahren erlebt haben.
Weitere Probleme dräuen. Die extrem großzügige Geldpolitik und quantitative Lockerungen in Kombination mit wachsender |369| Abhängigkeit vom Carry Trade in US-Dollar können eine noch größere Blase verursachen als die gerade geplatzte. Sollte diese
Blase in sich zusammenfallen, werden erneut Werte und Wohlstand vernichtet und die Welt steht vor einer neuen Krise.
Ebenso beängstigend wäre ein Zerfall der Europäischen Währungsunion oder eine Wiederkehr der Deflation in Japan, die das Land
in eine inländische Schuldenkrise stürzen könnte. Selbst China ist zunehmend vom Absturz bedroht, wenn sein von Investitionen
gestützter Aufschwung an Fahrt verlöre und vermehrte Kreditausfälle eine Bankenkrise auslösen sollten. Diese Szenarien könnten
der Globalisierung einen schweren Schlag versetzen.
Viel hängt davon ab, inwieweit sich die Weltwirtschaft in den kommenden Jahren erholt. Hier deshalb ein Blick auf die Gefahren,
die uns in naher Zukunft drohen. (Eine detailliertere Analyse finden Sie unter www.roubini.com .)
V, U oder W?
Eine Erholung kann verschiedene Formen annehmen, die ihre relative Dynamik oder Nachhaltigkeit widerspiegeln. Denkbar sind
eine V-förmige Erholung (rasch und kräftig), eine U-förmige Erholung (langsam und unspektakulär) und eine W-förmige Erholung
(zwei aufeinander folgende Krisen, unterbrochen durch einen flüchtigen Aufschwung). Für die Industrienationen ist das wahrscheinlichste
Szenario das U mit Jahren des unterdurchschnittlichen Wachstums, und zwar aus folgenden Gründen:
Erstens herrscht nach wie vor Flaute auf dem Arbeitsmarkt. Im Jahr 2010 hat die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten
10 Prozent erreicht (nach einer anderen Statistik, die auch Teilzeitbeschäftigte und Arbeitsmarktaussteiger erfasst, waren
es mehr als 17 Prozent). In der Immobilienbranche, im Bauwesen und im Finanzsektor wurden viele Arbeitsplätze für immer vernichtet, |370| genau wie durch die Auslagerung von Produktion und Dienstleistungen ins Ausland.
Doch auch die nach wie vor beschäftigten Arbeitnehmer verzeichnen Einkommenseinbußen. Viele Unternehmen haben ihre Mitarbeiter
»am Abschwung beteiligt«, indem sie die Stundenzahl reduziert, sie beurlaubt oder ihnen das Gehalt gekürzt haben. Der Rückgang
der geleisteten Arbeitsstunden entsprach dem Verlust von weiteren drei Millionen Vollzeitstellen, zusätzlich zu den Ende 2009
offiziell verlorenen 8,4 Millionen Arbeitsplätzen. Ein Ende des Stellenabbaus ist nicht abzusehen: Eine neuere Studie von
Alan Blinder ergab ferner, dass bis zu einem Viertel aller Arbeitsstellen in den Vereinigten Staaten früher oder später ausgelagert
werden könnten. 1 Daher könnte die Arbeitslosenquote noch eine Zeit lang steigen. Wenn sie schließlich zurückgeht, wird das sehr langsam erfolgen.
Darüber hinaus unterscheidet sich diese Rezession wesentlich von früheren. Die vergangene Krise beruhte auf einer übermäßigen
Verschuldung der privaten Haushalte, Banken und Unternehmen. Sie ging nicht auf eine Verschärfung der Währungspolitik zurück,
sondern auf Bilanzprobleme und eine gigantische Überschuldung. Jüngste Forschungsergebnisse von Carmen Reinhart und Kenneth
Rogoff lassen vermuten, dass die Nachwirkungen einer auf Bilanzproblemen basierenden Rezession den Aufschwung auf Jahre hinaus
dämpfen könnten, da jeder Wirtschaftsbereich Fremdkapital und Schulden abbaut.
Das wird seine Zeit dauern. In den Vereinigten Staaten oder Großbritannien haben die privaten Haushalte zu wenig gespart und
zu viel Geld ausgegeben. Obwohl die Sparquote Ende 2009 auf über 4 Prozent gestiegen ist 2 , weisen vom IWF und anderen Experten durchgeführte Untersuchungen darauf hin, dass diese Quote in den nächsten Jahren 8 Prozent
erreichen muss. Das bedeutet geringere Zuwachsraten beim Konsum. Doch da der Konsum in den Vereinigten Staaten 70 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts ausmacht (und in anderen Ländern mit niedrigen Sparquoten |371| ebenfalls sehr hoch ist), könnte jeder diesbezügliche Einschnitt das Wirtschaftswachstum bremsen.
Weitere Indizien weisen auf eine U-förmige Erholung hin. In einem typischen V-förmigen Aufschwung steckt der Unternehmenssektor
viel Geld in
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