Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Investitionen und fördert damit eine rasche Erholung. In diesem Aufschwung wird die Investitionstätigkeit verhalten
bleiben, weil die Wirtschaft reichlich unausgelastete Kapazität hat (Fabriken, Maschinen, Computer und so weiter). Tatsächlich
ist die Auslastung mit 67 Prozent sehr viel schlechter als in früheren Rezessionen (in denen sie sich bei 75 bis 80 Prozent
befand). Noch Ende 2009 lagen in den Vereinigten Staaten und Europa 30 Prozent der vorhandenen Kapazität brach. Warum sollten
Unternehmen in dieser Situation neu investieren?
Hinzu kommt, dass weite Teile des Finanzsystems trotz staatlicher Hilfen Schaden genommen haben. Allein in den Vereinigten
Staaten hat der Einlagensicherungsfonds bis heute über 130 Banken geschlossen und mehr als 500 unter Beobachtung gestellt.
Dass weite Teile des Schattenbankwesens zusammengebrochen sind, irreparable Schäden erlitten haben oder in staatliche Verwaltung
übernommen wurden, kommt erschwerend hinzu. Die Verbriefung ist trotz öffentlicher Hilfen nur noch ein Schatten ihrer selbst,
und auch private Kapitalgesellschaften haben mit den Folgen der Verschuldung zu kämpfen.
Es wird lange dauern, bis das Finanzsystem wieder voll funktionstüchtig ist. Damit kann es nur sehr eingeschränkt künftige
Investitionen in Immobilien, Bauprojekte, Anlagen und den Verbrauch von langlebigen Gütern finanzieren. Ein Wachstum, wie
es während der Boomjahre von 2003 bis 2007 durch eine unhaltbare Kreditblase finanziert wurde, werden wir nicht so schnell
wieder erleben.
Noch andere Faktoren lassen eine U-förmige Erholung erwarten. Die staatlichen Konjunkturprogramme und Steueranreize können
nicht ewig fortgesetzt werden. Stellt man sie ein, fällt das Wachstum wieder geringer aus. Werden sie nicht eingestellt und |372| nimmt die Politik noch höhere Defizite in Kauf, um Steueranreize und Konsumsteigerungen zu finanzieren, steuern wir nur auf
ein noch größeres Haushaltsfiasko zu. Eine solche Ausgabenpolitik schürt die Angst vor Staatspleiten, treibt die langfristigen
Zinsen in die Höhe und würgt den Aufschwung ab.
Schließlich lassen auch die hartnäckigen globalen Leistungsbilanzungleichgewichte in den kommenden Jahren nur eine allmähliche
Erholung erwarten. Die Vereinigten Staaten, aber auch Länder wie Großbritannien, Irland, Island, Spanien, Dubai, Australien,
Neuseeland, Estland, Lettland, Litauen und andere osteuropäische Staaten, wirkten in den letzten zehn Jahren weltweit als
Konsumenten erster und letzter Instanz, indem sie mehr ausgaben, als sie einnahmen, und Leistungsbilanzdefizite anhäuften.
China, asiatische Schwellenmärkte, der größte Teil Lateinamerikas, Japan, Deutschland und einige weitere Staaten der Eurozone
waren dagegen Produzenten erster und letzter Instanz. Sie gaben weniger aus, als sie einnahmen, und erwirtschafteten Leistungsbilanzüberschüsse.
Während die erste Ländergruppe sich nun einschränkt, indem sie mehr spart und weniger importiert, gleicht die zweite Gruppe
dies nicht aus, indem sie weniger spart und mehr konsumiert. Dadurch geht die globale Nachfrage nach Gütern zwangsläufig zurück.
Da es schon heute weltweit große industrielle Überkapazitäten gibt, wird die globale Gesamtnachfrage bestenfalls in geringerem
Umfang wachsen können.
All diese Faktoren sprechen für eine langsame U-förmige Erholung in den Vereinigten Staaten und anderen Industrienationen.
Der erste Anschein mag dem widersprechen. Tatsächlich gingen in den Vereinigten Staaten erste Schätzungen für das vierte Quartal
2009 von einem Wachstum von 5,7 Prozent aus – so viel, wie seit sechs Jahren nicht. Dieser Wert ist jedoch vor allem auf die
Konjunkturprogramme zurückzuführen sowie auf den Umstand, dass Unternehmen in den letzten Monaten des Jahres 2009 ihre Bestände
aufgefüllt haben.
|373| Diese Kräfte könnten das Wachstum in der ersten Jahreshälfte 2010 vielleicht noch auf 3 Prozent oder mehr hochtreiben. Abwrackprämien,
Steuervorteile für Eigenheimkäufer und befristete staatliche Beschäftigungsprogramme tun das Ihre, um das Wachstum kurzfristig
anzukurbeln. Doch wenn diese Maßnahmen in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 auslaufen, wird das Wachstum ins Stocken geraten
und solange unterdurchschnittlich bleiben, bis die Sparquoten und die Entschuldung des privaten und des öffentlichen Sektors
das nötige Maß erreicht haben.
Europas Tanz auf dem Vulkan
So
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