Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
1980er Jahre zeigt zwar, dass diese Glaubwürdigkeit
wieder zurückgewonnen werden kann, doch der Preis ist eine schwere Rezession.
Dazu kommt, dass die Inflation zwar den Wert festverzinslicher Kredite senken kann, dass aber in den Vereinigten Staaten und
anderen Industrieländern Schulden häufig aus kurzfristigen, |391| variabelverzinslichen Titeln bestehen. Dazu gehören Bankeinlagen, variabelverzinsliche Hypotheken, Staatsanleihen mit kurzen
Laufzeiten und andere kurzfristige Verbindlichkeiten von Haushalten, Unternehmen, Banken und anderen Finanzinstituten. Bei
steigender Inflation müssten diese Verbindlichkeiten zu höheren Zinsen refinanziert werden, denn die Zinssätze würden mit
der Inflation steigen. Bei kurzfristigen und variabelverzinslichen Schulden bringt die Inflationslösung also nichts. Man kann
eben nicht alle Welt zum Narren halten.
Natürlich bringt der Versuch, die Abzahlung privater und staatlicher Schulden durch die Inflation zu erleichtern, auch noch
andere Risiken mit sich. Ausländische Gläubiger der Vereinigten Staaten würden einen drastischen Wertverlust ihrer auf Dollar
lautenden Anlagen kaum tatenlos hinnehmen. Der resultierende Abzug von Mitteln, also die Flucht der Investoren aus dem Dollar,
könnte die Währung zum Absturz bringen, die langfristigen Zinsen sprunghaft ansteigen lassen und eine neue, heftige Rezession
auslösen. Die Vereinigten Staaten hätten nicht mehr dieselbe Machtposition wie seinerzeit in den 1970er Jahren, als die Inflation
zu galoppieren begann.
Damals wies das Land allerdings noch Leistungsbilanzüberschüsse aus. Inzwischen sind die Vereinigten Staaten weltweit der
größte Kreditnehmer. Sie schulden dem Rest der Welt schwindelerregende drei Billionen US-Dollar. Ihr Leistungsbilanzdefizit
von 400 Milliarden US-Dollar im Jahr ist mittlerweile legendär. Da die Gläubiger der Vereinigten Staaten langfristige Schuldtitel
zunehmend skeptisch betrachten, wird das Land künftig mit einem kürzerem Zeitrahmen Geld aufnehmen müssen, um seine diversen
Defizite zu finanzieren. Damit wird es mehr und mehr anfällig für Krisen, wie sie in den 1990er Jahren die Schwellenländer
heimsuchten. Ein plötzlicher Einbruch des US-Dollars wird dadurch wahrscheinlicher.
Die Chinesen und andere Gläubiger der Vereinigten Staaten – Russland, Japan, Brasilien und die ölexportierenden Golfstaaten
– |392| würden eine solche Besteuerung ihrer Dollaranlagen nicht akzeptieren. China davon zu überzeugen, dass es sich mit einer solchen
Abgabe abfindet, würde vermutlich ziemlich unerfreuliche Verhandlungen mit sich bringen. China könnte sich dafür in anderer
Form entschädigen lassen. So könnte es zum Beispiel einfordern, dass die Vereinigten Staaten nicht länger als Schutzmacht
Taiwans auftreten. Solche Kompromisse wären sehr wahrscheinlich in einer Welt, in der Schuldner und Gläubiger um die geopolitische
Führung konkurrieren.
Das »Gleichgewicht des finanziellen Terrors« verhindert jedoch, dass China die Finanzierung des amerikanischen Haushalts-
und Leistungsbilanzdefizits ohne weiteres einstellen kann. Würde China seine Interventionen auf den Devisenmärkten stoppen
oder gar seine Dollarbestände auf den Markt werfen, hätte das fatale Folgen für seine Exportwirtschaft. Sollten die politischen
Spannungen jedoch zunehmen und die Vereinigten Staaten die eigene Währung aktiv abwerten, könnte China durchaus seine Chips
vom Tisch nehmen, selbst wenn das kurzfristig gegen seine eigenen Interessen wäre. Das mag so unwahrscheinlich sein wie ein
Atomschlag auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, doch unvorstellbar ist es nicht.
Angesichts dieser Risiken scheint es wenig wahrscheinlich, dass die amerikanische Regierung die Druckerpresse anwirft, um
ihres Schuldenproblems Herr zu werden. Die Versuchung, den Schuldenberg des Landes durch Inflation wenigstens geringfügig
abzutragen, bleibt groß. Doch umsichtige Politiker sollten wissen, dass die Kollateralschäden erheblich und vielleicht sogar
fatal wären.
Der Glanz des Goldes
Bis einschließlich 2009 zogen die Preise einer breiten Palette von Rohstoffen kräftig an, darunter auch die Goldpreise. Darin
kam die Angst zum Ausdruck, dass Länder wie die Vereinigten Staaten |393| ihre Währungen gezielt abwerten könnten, um ihre Schuldenprobleme zu lösen. Tatsächlich durchbrach der Preis für die Unze
Feingold im Jahr 2009 erstmals die 1
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