Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Wirtschaftspartner
werden.
Nun schließt sich der Kreis offenbar. Mit wenigen Ausnahmen in Zentral- und Osteuropa haben die Schwellenländer ihre Haushalte
in den letzten Jahren in Ordnung gebracht. Nun kreist der Pleitegeier über den Volkswirtschaften der Industrienationen. 8 Im Jahr 2009 werteten die Ratingagenturen die Anleihen verschiedener Industrieländer ab, und Anleiheauktionen in Großbritannien,
Griechenland, Irland und Spanien fanden weit weniger Zuspruch als erwartet. Dies war ein deutlicher Hinweis darauf, dass die
Ratingagenturen |389| und insbesondere die gefürchteten Anleihewächter einschreiten würden, wenn die Industrienationen ihre Haushalte nicht in den
Griff bekamen.
Das bringt viele in die Klemme. Durch die jüngste Finanzkrise und die anschließende Rezession wurden die Haushalte einer Reihe
von Industriestaaten ernstlich geschwächt. Konjunkturprogramme und Steuerausfälle zeigten dramatische Effekte. Das Gleiche
galt für die Entscheidung, die Verluste im Finanzsektor zu verstaatlichen und sie dem Steuerzahler aufzubürden. In den kommenden
Jahren könnten ein unterdurchschnittlicher Aufschwung und die Alterung der Bevölkerung die Schuldenlast etlicher Industrienationen
noch vergrößern.
Manche Staaten haben bereits Maßnahmen ergriffen, um ihre Haushalte zu konsolidieren, darunter Island, Irland, Großbritannien,
aber auch Spanien, Portugal und in geringerem Maße Griechenland. Das ist kurzfristig schmerzhaft, aber die einzige Möglichkeit,
um einen Verlust der Glaubwürdigkeit und eine damit einhergehende Verteuerung der Kredite zu verhindern. Bemühungen um solidere
Haushalte mögen bei ausländischen Investoren gut ankommen, doch sie können auch eine noch zaghafte Erholung torpedieren. Insgesamt
wären diese Länder allerdings besser beraten, empfindliche Einschnitte vorzunehmen, statt eine Zahlungskrise zu riskieren.
Obwohl die Vereinigten Staaten und Japan eine Abstufung ihrer Bonität vermutlich noch eine Zeit lang vermeiden können, werden
auch sie eines Tages womöglich den Unmut der Ratingagenturen erregen. Die Vereinigten Staaten verzeichnen nach wie vor untragbare
Leistungsbilanzdefizite. Dazu kommen die wachsenden und nicht gegenfinanzierten Sozial- und Krankenversicherungskosten einer
alternden Bevölkerung. Japan hat ein noch größeres demografisches Problem und ist bereits erheblich verschuldet. Die Haushaltslage
beider Nationen könnte schon bald kritisch unter die Lupe genommen werden – das stellt vor allem für die Vereinigten Staaten
eine große Versuchung dar, die bislang ihre Kredite in ihrer eigenen Währung aufnehmen konnten.
|390| Die Vereinigten Staaten haben leider noch eine weitere, unehrliche Option. Im Gegensatz zu den Ländern des Euroraums geben
die Vereinigten Staaten (wie Großbritannien und Japan) ihre Staatsanleihen in eigener Währung aus. Das bedeutet, sie müssen
sich nicht offiziell bankrott erklären, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, zusätzliche Steuern zu erheben oder die Staatsausgaben
zu drosseln. Die Zentralbanken können einfach neues Geld drucken – oder das digitale Äquivalent herstellen – und die Schulden
monetisieren. Diese bewährte Methode treibt die Inflation in die Höhe und verbilligt die Schulden. Der Wohlstand geht damit
von den Gläubigern auf den Staat über. Durch diese sogenannte »Inflationssteuer« wird zwar eine Insolvenz vermieden, doch
das Ergebnis ist dasselbe.
Verfechter der Inflationslösung argumentieren, damit würden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Eine mäßige Inflationsrate
mindere den Wert der Schulden und verringere die Belastung. Gleichzeitig werde das Problem der Schuldendeflation gelöst, denn
auch der Wert der privaten Schulden, etwa der festverzinslichen Hypotheken, sinke, während der Nominalwert von Eigenheimen
und anderen Vermögenswerten steige. Das sei eine Win-Win-Situation, denn auf diese Weise würden der Staat und die Wirtschaft
ihre Schulden los.
Klingt clever, ist es aber nicht. Wenn sich die Inflation von nahe null auf einstellige Werte erhöht – von zweistelligen ganz
zu schweigen –, könnten die Zentralbanken die Kontrolle über die Inflationserwartungen verlieren. Ist der Geist der Inflation
erst einmal aus der Flasche, ist er kaum noch zu beherrschen. Die Zentralbanken könnten ihre hart erarbeitete Glaubwürdigkeit
wieder verspielen. Paul Volckers Erfolg bei der Inflationsbekämpfung der frühen
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