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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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diese
     Region einen ähnlichen Boom erlebte. Die Situation in den Vereinigten Staaten war bedrohlich, doch sie waren kaum die schlimmsten
     Sünder, auch wenn sie mehr Eigenheimkredite vergaben als jedes andere Land.
    Die Gründe für die Immobilienblase waren überall dieselben. Die meisten Länder verfolgten eine Politik des billigen Geldes
     und sorgten dafür, dass die Kreditkosten auf ein Rekordniveau sanken. |175| Dieser Trend wurde durch die weltweite Sparschwemme nur noch verstärkt. Im Jahr 2006 bewegten sich die Hypothekenzinsen in
     allen Industrienationen und Schwellenländern erstmals in der Geschichte im einstelligen Bereich. Wie die Vereinigten Staaten
     unternahmen sie wenig zur Regulierung des Hypotheken- und Finanzmarktes. Das Ergebnis war überall dasselbe: Mit den Immobilienpreisen
     stieg der gefühlte Wohlstand der Haushalte, weshalb sie weniger sparten und mehr ausgaben. Der nachfolgende Boom auf dem privaten
     Immobilienmarkt beflügelte das Bruttoinlandsprodukt dieser Länder.
    Dahinter verbarg sich jedoch wie in den Vereinigten Staaten ein tiefgreifendes Problem. Niedrige Spar- und hohe Investitionsquoten
     ließen darauf schließen, dass die Leistungsbilanz – das Verhältnis zwischen den gesamten Ersparnissen und Investitionen eines
     Landes – aus dem Gleichgewicht geriet. Länder mit einem Leistungsbilanzüberschuss haben einen Überhang von Ersparnissen, die
     sie im Ausland investieren. Länder mit einem Leistungsbilanzdefizit benötigen dagegen Ersparnisse aus dem Ausland, um ihre
     Investitionen zu finanzieren. Dies war auch die Situation der Vereinigten Staaten und der übrigen Länder mit einer Immobilienblase:
     Sie wurden zunehmend von ausländischem Kapital abhängig. Dadurch blähten sich ihre Währungen auf, und die Leistungsbilanz
     verschlechterte sich weiter.
    Als die Immobilienblase in den Vereinigten Staaten platzte, machten andere Länder in vergleichbaren Situationen ähnliche,
     oft noch schlimmere Entwicklungen durch. Entgegen einer verbreiteten Ansicht handelte es sich dabei nicht um eine direkte
     Folge der amerikanischen Subprimekrise. Diese könnte als Katalysator gedient haben, doch sie war nicht die Ursache, denn die
     meisten Länder mit einem überhitzten Immobilienmarkt warteten nur auf den Zusammenbruch. Sie benötigten lediglich einen kleinen
     Stoß, und den erhielten sie, als die Weltwirtschaft im Jahr 2008 in eine Rezession stürzte.
    Die Vereinigten Staaten befanden sich nicht nur mit ihrem Immobilienboom in bester Gesellschaft, sondern auch auf einer ganzen |176| Reihe anderer Gebiete. Nehmen wir beispielsweise das Problem des Fremdkapitals und der Risikofreudigkeit. In punkto Verantwortungslosigkeit
     standen die Banken und Finanzunternehmen anderer Länder den amerikanischen in nichts nach. Im Juni 2008 erreichte der Fremdkapitalanteil
     europäischer Banken neue Höhen. 18 Die ehrwürdige Credit Suisse hatte Fremdkapital in einem Verhältnis von 33:1 aufgenommen, und ING mit 49:1. Die Deutsche
     Bank steckte mit einem Fremdkapitalanteil von 53:1 bis zum Hals in Schulden, und am schlimmsten stand Barclays mit 61:1 da.
     Zum Vergleich: Lehman Brothers arbeitete lediglich mit einem bescheidenen Fremdkapitalanteil von 31:1 und die Bank of America
     sogar nur mit einem von 11:1.
    Viele der europäischen Banken hatten sich begeistert am boomenden Geschäft mit der Finanzierung und Verbriefung amerikanischer
     Hypotheken und Kredite beteiligt. So kamen sie in den Besitz der explosiven hypothekenbesicherten Wertpapiere und CDOs, die
     mit dem Beginn der Immobilienkrise rapide an Wert verloren. Als der Markt für diese Wertpapiere zum Erliegen kam, mussten
     die europäischen Banken mitansehen, wie ihre potenziellen Verluste auf ein neues und erschreckendes Niveau stiegen. Ende 2009
     schätzte die Europäische Zentralbank die Abschreibungen auf 550 Milliarden Euro und korrigierte frühere Schätzungen damit
     nach oben. 19
    Nicht alle diese Anlagen stammten aus den Vereinigten Staaten. Viele der europäischen Banken hatten ihre eigene Verbriefungsorgie
     gestartet und die Hypotheken europäischer Hausbesitzer, vor allem in Großbritannien, Spanien und den Niederlanden, in Form
     von Wertpapieren weiterverkauft. Allein im Jahr 2007 wurden Kredite im Wert von 496,7 Milliarden Euro auf diese Weise in forderungsbesicherte
     Wertpapiere verpackt. 20 Damit verblasst der europäische Markt zwar neben dem amerikanischen, doch die Standards dort waren ähnlich

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